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19.05.2020 Covid-19: Ungewissheit auf den europäischen Bürovermietungsmärkten

Auf ein noch nie da gewesenes Wirtschaftswachstum über mehr als ein Jahrzehnt folgt mit Covid-19 eine ebenso beispiellose Herausforderung in Wirtschaft, im sozialen Leben und im Gesundheitswesen. Auch der Bürovermietungsmarkt hat sich auf drastische Weise verändert. Viele Deals und Vorhaben verzögern sich oder liegen sogar auf Eis. Während große Teile der Welt strengen staatlichen Restriktionen unterliegen, kehren in China die Menschen bereits wieder an ihre Arbeitsstätte zurück. In einigen Städten haben die Büro-Auslastungsraten fast Vorkrisen-Niveau erreicht. Geschäftsaktivitäten laufen wieder an, die Wirtschaft versucht, wieder Fahrt aufzunehmen.

In der EMEA-Welt, vielerorts noch im Lockdown, beginnt langsam die Lockerung der restriktiven Maßnahmen. Trotzdem dürften die nächsten sechs Monate geprägt sein von Unsicherheit und weit verbreiteten Beeinträchtigungen. Die Unternehmen fahren auf Sicht. In einigen Städten wird es zu schwachen Vermietungs-Volumina und steigenden Leerständen kommen. Die weitere Entwicklung der Büromärkte wird nicht nur von der Fähigkeit der Regierungen und Finanzinstituten geprägt sein, die anhaltende Krise mit ihren Instrumenten zu bewältigen. Darüber hinaus wird auch die Immobilienwelt nach Corona in vielen Punkten eine andere sein als davor. Etwa durch strukturelle Veränderungen im Blick auf die Flächennutzung unter Einbeziehung einer geringeren Mitarbeiterdichte in den Büros und dem Einsatz von Remote- Working.

Angesichts der jüngsten, unterschiedlichen und andauernden Reaktionen der Politik und der je nach Markt und Sektor heterogenen Auswirkungen ist es zu früh, für die europäischen Märkte eine quantitative und solide Beurteilung der Auswirkungen auf die Mieten zum 31. März vorzulegen, dem Stichtag der JLL-Immobilienuhr. Deshalb sind die Positionen auf der JLL-Immobilienuhr für das 1. Quartal 2020 auf dem Stand des 4. Quartals 2019 belassen worden. Die Uhr wurde für die ersten drei Monate auf „Pause“ (II) gesetzt.
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Deutliche Einbußen beim Umsatzvolumen in Europa im 1. Quartal 2020

Im 1. Quartal 2020 belief sich der europäische Büroflächenumsatz auf rund 2,24 Mio. m², die Einbußen gegenüber dem Vorjahr lagen deutlich im zweistelligen Bereich, ein Minus von 32 Prozent musste notiert werden. Gegenüber dem 5-Jahresschnitt der jeweils ersten drei Monate ist ein Minus von 23 Prozent, gegenüber dem 10-Jahresschnitt ein Minus von 16 Prozent zu verzeichnen. Dabei standen einem Rückgang in Westeuropa von 35 Prozent, angeführt von Barcelona (- 80 % auf 28.000 m²), Brüssel (- 68 % auf 75.000 m²) und Den Haag (- 57 % auf 16.000 m²), unterdurchschnittliche Einbußen von 21 Prozent in den mittel- und osteuropäischen Märkten gegenüber. Lediglich zwei der insgesamt 24 analysierten Märkte konnten zulegen: Luxemburg um 154 Prozent auf 46.000 m² und Amsterdam (+ 60 % auf 52.000 m²).

Keine der sieben deutschen Immobilienhochburgen konnte sich der rückläufigen Umsatzentwicklung entziehen, ein ungewohntes Bild, nachdem es über 10 Jahre nahezu durchgängig Zuwächse zu vermelden gab. Auf Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München, Stuttgart kumuliert entfiel zwischen Januar und Ende März ein Umsatzvolumen von rund 700.000 m², im 12-Monatsvergleich ein Minus von rund 30 Prozent. Damit war der umsatzschwächste Dreimonatszeitraum seit dem dritten Quartal 2014 zu bilanzieren, der 10-Jahresschnitt der jeweiligen ersten Quartale wurde um 15 Prozent unterschritten.

Außer Düsseldorf (- 3,6 % auf 108.000 m²) und München (-6,2 % auf 184.000 m²) bewegten sich die anderen fünf Märkte zwischen einem Minus von 25,5 Prozent (Berlin auf 172.000 m²) und rund 60 Prozent (Stuttgart auf 33.000 m² und Köln auf 38.000 m²).

Auch in den beiden größten Büroflächenmärkten Paris und London nahm das Umsatzvolumen zweistellig ab: in der britischen Hauptstadt um 20 Prozent auf 158.000 m² - wobei unter Berücksichtigung des nur geringen Umsatzanteils von 3 Prozent durch Flex-Space-Betreiber (gegenüber 20 % in 2019), die Nutzeraktivitäten als relativ robust eingeordnet werden. In der französischen Metropole kam es zu noch deutlicheren Einbußen von 37 Prozent. Ähnlich schwach waren die Vermietungsergebnisse in Madrid (- 38 % auf 95.000 m²) und Mailand (- 21% auf 98.000 m²).

Dadurch, dass die meisten Einschränkungen in EMEA im März in Kraft getreten sind, spiegeln die Vermietungsvolumina des 1. Quartals die Auswirkungen von COVID-19 auf die Vermietungsmärkte nicht in vollem Umfang wider. Im März ist die Zahl der auf Eis gelegten Anmietungsvorhaben deutlich gestiegen, wenngleich dies hauptsächlich kleinere Anmietungen durch kleinere und mittlere Unternehmen betraf. Große sowie strategisch bedingte Planungen werden weiterverfolgt, an geplanten Deals wird festgehalten, wenn auch häufig in einem verlangsamten Tempo. Dies wird zusätzlich durch die niedrigen Leerstände erstklassiger Flächen in vielen Städten unterstützt. Die in den letzten Verhandlungsphasen befindlichen Deals werden wohl von einigen Nutzern so lange verschoben, bis mehr Sicherheit über die weitere Entwicklung besteht. Die abwartende Haltung wird für ein schwächeres Umsatzvolumen im zweiten und auch dritten Quartal sorgen. Je nachdem wie schnell sich die Wirtschaft erholen wird, könnte es ein sehr geschäftiges Jahresende geben mit starken (Nachhol-)Aktivitäten im 4. Quartal 2020 und im 1. Quartal 2021.

Immerhin 11 von 24 Märkten mit Rückgang der Leerstandsquote - Fertigstellungsvolumen leicht rückläufig - Projekte werden sich verzögern

Die Leerstandsquote für Büroflächen in Europa ist im 1. Quartal 2020 um 10 Basispunkte auf 5,6 Prozent gestiegen. 11 der 24 Index-Städte verzeichneten einen Rückgang der Leerstände, am deutlichsten in Rotterdam (- 90 Basispunkte auf 8,7 %), Utrecht (- 60 Basispunkte auf 6,3%), Hamburg (- 50 Basispunkte auf 2,5%), Madrid (- 40 Basispunkte auf 8,2%) und Brüssel (- 30 Basispunkte auf 6,8%). Ein Zuwachs in der Flächenverfügbarkeit hingegen wurde in 13 Index-Städten registriert, darunter Amsterdam (+70 Basispunkte auf 3,7 %), Dublin (+70 Basispunkte auf 7,9 %) und Budapest (+50 Basispunkte auf 6,1%). Die Leerstände dürften in den meisten europäischen Städten ab dem 2. Quartal zunehmen. Die Auswirkungen eines deutlich verhalteneren Vermietungsvolumens werden jedoch durch eine schwächere Projektentwicklungs-Pipeline etwas abgefedert.

Im 1. Quartal beliefen sich Büro-Fertigstellungen auf rund 708.000 m². Damit bewegten sie sich 6 Prozent unter dem 5-Jahres-Durchschnitt (des jeweils ersten Quartals). Die Bautätigkeit ist derzeit schwer angeschlagen, angefangen von weniger Baustellen-Personal bis hin zu landesweiten vorübergehenden Baustellenschließungen. Während die Jahresanfangsprognosen noch von weiteren 5,9 Mio. m² für 2020 ausgegangen waren, wird sich ein großer Teil der Fertigstellungen verzögern. Selbst wenn solche geplanten Projekte bis Ende des Jahres wieder in Angriff genommen werden: auch die Pipeline-Volumina für 2021 und 2022 werden niedriger ausfallen.





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