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19.06.2020 Nach Corona könnte der Bürobedarf sogar noch steigen

Für die Zeit nach der Corona-Pandemie hat JLL in einer Studie drei Szenarien konzipiert, die eine Bandbreite möglicher Entwicklungen in der deutschen Büroarbeitswelt abbilden. „Während einige Büronutzer ihre Bürofläche nach den guten Erfahrungen mit Remote Working drastisch reduzieren, werden andere ihre Büroflächen sogar noch erweitern. Jedes Szenario zeigt das qualitative und quantitative Ergebnis der unterschiedlichen Immobilienstrategien seitens der Büronutzer. Das Szenario 1 etwa zeigt ein Ergebnis, bei dem eine deutliche Reduktion der bisherigen Bürofläche in einem Büromarkt überwiegt, im Szenario 3 hingegen wird nach Corona unter Umständen sogar mehr Bürofläche genutzt“, so Helge Scheunemann, Head of Research JLL Deutschland.

Klar ist, dass sich die Änderungen bei den Büros und Arbeitskonzepten über einen längeren Zeitraum vollziehen werden. Die auf den Annahmen basierenden Statistiken hingegen nehmen das Ergebnis bezüglich der belegten Bürofläche bereits vorweg, ohne Berücksichtigung sonstiger Einflüsse und Entwicklungen. Ansonsten käme eine zeitlich unmittelbare Reduktion der belegten Fläche um 23 Prozent (im Szenario 1) beispielsweise in Frankfurt einem Anstieg des Leerstandsvolumens um das Fünffache auf dann 3,2 Mio. m² gleich. Die Leerstandsquote würde so von derzeit rund sechs Prozent auf dann 27 Prozent ansteigen.

Wechselspiel zwischen Büro- und Wohnungsmarkt

„Nun kommt es darauf an, welches Szenario sich realisiert – hinsichtlich des künftigen geänderten Bedarfs an Bürofläche oder auch hinsichtlich der möglichen Änderungen der Mitarbeiter-Wohnorte und des damit einhergehenden Einflusses auf die Wohnungsnachfrage vor Ort.

Im Szenario 1 geht der Büroflächenbedarf deutlich zurück, während die Wohnungsnachfrage am Ort des Büros durch die beschriebenen Effekte leicht bis moderat sinkt. Im Szenario 2 geht der Büroflächenbedarf moderat, und die Wohnungsnachfrage minimal zurück“, erläutert Helge Scheunemann.

Scheunemann ergänzt: „Die freiwerdende Bürofläche in Szenario 1 und 2 wird zunächst zu steigenden Leerständen führen. Vor dem Hintergrund, dass in den Big 7-Büromärkten in den letzten 3 Jahren insgesamt durchschnittlich 153.000 m² Bürofläche jährlich in andere Nutzungsarten – schwerpunktmäßig in Wohnungen – umgewidmet wurden, besteht hierdurch auf den ersten Blick nur ein geringes Potential zum Leerstandsabbau. Die künftig reduzierte Nachfrage nach Wohnorten in der Nähe des Büros in den Szenarien 1 und 2 wird dieses Potenzial erneut verringern. Ob die leerwerdenden Büroflächen dabei dennoch durch die allgemeine Wohnungsnachfrage kompensiert werden können, liegt letztlich aber an weiteren Faktoren wie der konjunkturellen Entwicklung – u.a. den Folgen von Arbeitsplatzverlusten oder Kurzarbeit.“

Im Szenario 3 steige die Büroflächennachfrage sogar an, und die Wohnungsnachfrage bleibe unverändert, analysiert Scheunemann: „Vor dem Hintergrund sehr niedriger Leerstände aus Zeiten vor Corona und reduzierter Baupipeline-Volumina im Wege von Corona, wird sich in diesem Szenario die Konstellation hoher Nachfrage und niedrigen Angebots zumindest nach der Konjunktur-Delle fortsetzen.“

Büroflächennutzer werden weiterhin kostensensibel agieren

Scheunemann erläutert: „Die höchste Eintrittswahrscheinlichkeit messen wir dem Szenario 2 bei. Die Büroflächennutzer werden auch nach der Akut-Phase von Corona weiterhin kostensensibel bleiben und u.a. Einsparungen im Immobilienbereich prüfen. Gleichwohl könnten einige Firmen die Arbeitsplatzdichte mittel- bis langfristig etwas verringern, und zwar nicht nur mittels temporärem Remote Working, sondern dauerhaft, das heißt entweder bei gleicher Mitarbeiterzahl mehr Quadratmeter nutzen, oder bei leicht reduzierter Mitarbeiterzahl die Gesamtbürofläche unverändert belassen.“

Wie sich die benötigte Bürofläche ändert, welches Szenario also am Ende in einem Immobilienmarkt überwiegt, hängt unter anderem also einerseits davon ab, wie sich die Mitarbeiterzahl im Büro ändert, und andererseits, welche qualitativen und quantitativen Anpassungen im Büro vorgenommen werden.

Scheunemann abschließend: „Im Laufe der nächsten Monate werden sich für Unternehmen, die öffentliche Hand sowie Selbständige als Büroflächennutzer individuelle Auswirkungen konkretisieren lassen. Ganz grundsätzlich ist natürlich die gesamtwirtschaftliche Entwicklung ein wesentlicher Treiber des Büroflächenbedarfs – aber vielleicht nicht mehr der bedeutendste. Das würde für den Fall gelten, dass Remote-Working-Anpassungen in Summe zu massiven Flächenreduktionen führen werden.“





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