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25.08.2020 Mitsprache zu Vorstandsvergütung fordert DAX-Investoren

Die Abstimmungsrichtlinien zur Vorstandsvergütung (Proxy Voting Guidelines) der in DAX30-Unternehmen engagierten bedeutendsten Investoren haben sich in den zurückliegenden Jahren verbessert, unterscheiden sich jedoch weiter erheblich in Qualität und Quantität. So bewertet die jetzt vorgelegte Studie "Vorstandsvergütung als Herausforderung für Investoren - 2020" die Abstimmungsrichtlinien von nur elf der insgesamt 40 analysierten Top-Investoren mit guten bis sehr guten Noten. In 16 Fällen musste sogar die schlechteste Note vergeben werden. Eine vergleichbare Analyse aus dem Jahr 2018 hatte ein noch schwächeres Ergebnis selbst für große internationale Investorengruppen gezeigt.

Besonders erfreulich aus deutscher Sicht: Die Abstimmungsrichtlinien von Deka Investment und Union Investment werden - nach einem schwachen Abschneiden in 2018 - jetzt mit Bestnoten bewertet. Zusammen mit BlackRock als dem weltweit größten Vermögensverwalter schneiden sie in der aktuellen Gesamtschau am besten ab. Ebenfalls unter den Top-10-Werten: die bereits in der Vorgängerstudie als gut eingestuften Proxy Guidelines von DWS und Allianz Global Investors.

Die gemeinsam von hkp/// group, DIRK - Deutscher Investor Relations Verband und Professor Dr. Michael Wolff von der Universität Göttingen vorgelegte Analyse bekommt vor dem Hintergrund der Umsetzung der zweiten Europäischen Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) besonderes Gewicht. Diese stärkt die Stellung der Hauptversammlung in Fragen der Vorstandsvergütung. Die Studie aber zeigt, dass viele Investoren jedoch weiterhin nicht ausreichend auf diese Neuerungen vorbereitet sind.

"Professionelles Investieren setzt auch professionelle Abstimmungsrichtlinien in Fragen der Vorstandsvergütung voraus", erklärt hkp/// group Managing Partner Michael H. Kramarsch. Er verweist darauf, dass trotz zahlreicher Verbesserungen weiterhin viele der in den DAX-Unternehmen engagierten größten Investoren noch immer keine oder nur unzureichende Vorgaben zur Gestaltung und Kommunikation von Vorstandsvergütung veröffentlicht haben. Das sei gefährlich: "Investoren, die Unternehmen mit ihren Anforderungen im Unklaren lassen, könnten diese nach Belieben angreifen", so der Corporate-Governance-Experte.

Dies sieht auch Kay Bommer, Geschäftsführer des DIRK - Deutscher Investor Relations Verband so: "Viele Abstimmungsrichtlinien sind weiterhin zu undetailliert, missverständlich und für Emittenten wenig handlungsleitend, womit selbst große internationale Investoren weder ihrem eigenen professionellen Anspruch noch dem wachsenden Einfluss im Thema Vorstandsvergütung gerecht werden."

Die wichtigsten Studienergebnisse im Überblick

• Im Vergleich zur ersten Edition der Studie aus dem Jahr 2018 zeigt sich in der aktuellen Analyse bei knapp einem Viertel der Top-Investoren in DAX-Unternehmen eine positive Entwicklung in der Detailtiefe der Abstimmungsrichtlinien zur Vorstandsvergütung.

• Mit Ausnahme von Barclays Bank verfügt inzwischen jeder der Top-40-Investoren über eigene Proxy Guidelines mit allgemeinen Anforderungen an die Vorstandsvergütung. 2018 hatte noch jeder zehnte Investor überhaupt keine Richtlinien veröffentlicht.

• 90 % der Investoren haben seit Ende 2018 neue und aktualisierte Proxy Guidelines herausgebracht, wobei die Hälfte sogar im Jahr 2020 neue Abstimmungsrichtlinien zur Verfügung gestellt haben.

• Ein Blick auf die Gesamtbewertung zeigt, dass einzelne Proxy Guidelines gegenüber 2018 bei Informationsgehalt und Anwendbarkeit deutlich an Qualität gewonnen haben. Allerdings mangelt es vielfach weiterhin an Informationen, die eine Ableitung konkreter Designaspekte erlauben.

• Hervorzuheben sind die deutschen Investoren Deka Investment und Union Investment, deren Guidelines mit der Bestnote bewertet werden konnten. Zu nahezu jedem Kriterium werden detaillierte Erwartungen erläutert, die sich direkt und ohne weitreichende Interpretation in die Gestaltung eines Vorstandsvergütungssystems übersetzen lassen. 2018 wurden beide noch mit einem D bzw. einem C bewertet.

• Auch die Guidelines von BlackRock haben an Detailtiefe gewonnen, weshalb eine bessere Gesamtnote als in 2018 vergeben wurde.

Drei Kategorien von Investoren

Die Auswertung der aktuellen Proxy Voting Guidelines sowie der Abstimmungen zur Vorstandsvergütung auf der Hauptversammlung (Say-on-Pay) ermöglichen eine Kategorisierung der Top-Investoren im DAX in drei Investoren-Typen:

1. Investoren mit ausführlichen Abstimmungsrichtlinien, die Unternehmen handlungsleitende Hilfestellungen bei der Ausgestaltung von Vorstandsvergütung bieten

2. Investoren mit kaum hilfreichen Abstimmungsrichtlinien, wobei in der Regel für die Vorschläge des Managements auf der Hauptversammlung abgestimmt wird

3. Investoren mit kaum hilfreichen Abstimmungsrichtlinien, die auf der Hauptversammlung gleichzeitig ein kritisches Abstimmungsverhalten zeigen

Während Investoren in den ersten beiden Kategorien Emittenten bei der Ausgestaltung der Vorstandsvergütung mit entsprechend klaren Erwartungen unterstützen bzw. zumindest in der eigentlichen Abstimmung zur Vorstandsvergütung für Unternehmen nur ein geringes Risiko darstellen, erweisen sich Investoren der dritten Kategorie als große Unbekannte. "Sie sind mit ihren nicht transparenten bzw. wenig zielführenden Kriterien unberechenbar, wenn ein Beschluss über das Vorstandsvergütungssystem auf der Hauptversammlung eingeholt wird. Gleichzeitig ist mit kritischen Stimmen beim Tagesordnungspunkt Vorstandsvergütung zu rechnen", erklärt Prof. Dr. Michael Wolff, Corporate Governance-Experte und Inhaber der Professur für Management und Controlling an der Georg-August-Universität Göttingen.

Wenngleich diese dritte Investoren-Kohorte im Vergleich zur Studie von 2018 kleiner geworden ist, bleibt die Forderung bestehen, dass es im Sinne einer guten und verantwortungsvollen Corporate Governance klar und verständlich formulierte Kriterien zur Vorstandsvergütung braucht, die auch vollständig öffentlich sein sollten. Die Studienautoren reklamieren als Mindeststandard zumindest Transparenz bei jenen Aspekten, die definitiv zu einer Ablehnung einer Vorstandsvergütung im Say-on-Pay führen. Die Studienautoren fordern darüber hinaus, dass in Abstimmungsrichtlinien transparent gemacht werden sollte, wie ein Dialog zwischen Investor und Emittent erfolgen kann.








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