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29.09.2020 Russisches Roulette hat nichts am Kapitalmarkt zu suchen

Viele vergleichen das Anlegen an den Kapitalmärkten mit einem Spiel. Dabei ist es aber ein großer Unterschied, ob man ein Würfelspiel oder Russisches Roulette spielt. Nehmen wir an, ein Spieler kann sich zwischen der Gewinnchance von 10 Dollar bei einer gewürfelten Sechs und 10 Millionen beim Russischen Roulette entscheiden.

Für die richtige Entscheidung braucht er Wissen und Erfahrung. Denn wer die Regeln des Russischen Roulette nicht kennt und nur beobachtet, wie einzelne nach dem Abdrücken 10 Millionen Dollar kassieren, könnte vorschnell dazu neigen, sich für die höhere Gewinnchance zu entscheiden.

Das Beispiel zeigt, dass die kurzfristigen Beobachtungen in einem größeren Zusammenhang gesehen werden müssen. Wer um die Gefahren weiß und ein wenig Wahrscheinlichkeitsrechnung beherrscht, würde sich ungeachtet der Gewinnchancen nicht fürs Russische Roulette entscheiden. Hinzu kommt, dass die Gewinnchancen sich im Spielverlauf ändern: Während das Ergebnis des Würfelspiels rein vom Zufall abhängt, steigt das Risiko im Verlauf des Russischen Roulettes, da immer weniger leere Patronenkammern zur Verfügung stehen.

Ganz ähnlich betrachten wir die Situation bei den aktuellen Bewertungen am Aktienmarkt. Die großen Technologie-Titel sind in den vergangenen Jahren exorbitant gestiegen. Da die Marktpreise schon schwindelerregende Höhen erklommen haben, ist es unwahrscheinlich, dass sich das Wachstum unvermindert weiter fortsetzt. Wir als Value-Investoren setzen dagegen auf den Discount zwischen dem Aktienkurs und dem angenommenen inneren Wert eines Titels. Wir haben jetzt eine extrem lange Aufschwungphase für Growth-Titel erlebt, insofern wird es immer unwahrscheinlicher, dass sich die Outperformance weiter fortsetzt. Hier könnte es ratsam sein, sich rechtzeitig zu verabschieden.

Wir erinnern uns an das Platzen der Dot.com-Blase vor 20 Jahren, als ebenfalls die Aktienkurse stark in eine Richtung liefen, bevor es zu einer harten Korrektur kam. Auch damals haben sich Investoren lange dazu verleiten lassen, angesichts hoher Renditen weiter Tech-Aktien zu kaufen, und haben dann viel Geld verloren. Wenn man bei anderen sieht, wie sie immer mehr Geld verdienen, kann es schnell passieren, dass man gegen sein besseres Wissen handelt und die Fundamentaldaten außer Acht lässt, aus Angst, mögliche Gewinne zu verpassen.

Das ist der Punkt, an dem Investoren am ehesten Fehler machen. Man sollte sich aber nicht dazu verführen lassen, sein Leben aufs Spiel zu setzen, egal wie hoch die Gewinnchance ist. Und als Portfolio-Manager sollten wir niemals das uns anvertraute Vermögen unserer Kunden riskieren.

(Kommentar von: Fredrik Bjelland, Fondsmanager des SKAGEN Kon-Tiki)







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