News RSS-Feed

06.10.2020 Gewerbeimmobilien: Die Krise zeigt sich erst auf den zweiten Blick

Besser als die meisten anderen Länder ist Deutschland bislang durch die Coronakrise gekommen – gesamtgesellschaftlich, wirtschaftlich und auch im Hinblick auf den Immobilienmarkt. Der Investmentmarkt für Gewerbeimmobilien verzeichnete in ersten neun Monaten des laufenden Jahres ein Transaktionsvolumen von 41,1 Mrd. Euro. Das entspricht etwa dem fünfjährigen Mittel und ist gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Rückgang von lediglich 9 %. Auch die Preise blieben zumindest im Spitzensegment überwiegend stabil. „Dass wir uns mitten in einem Krisenjahr befinden, wird bei einem oberflächlichen Blick auf das Zahlenwerk zum deutschen Investmentmarkt nicht offensichtlich. Erst bei genauerem Hinsehen offenbaren sich die Krisenspuren. Das allein zeigt schon, wie gut der deutsche Markt trotz Krise dasteht“, kommentiert Matthias Pink, Head of Research Germany bei Savills.

Die Keyfacts im Überblick:

- Umsatzminus von 9 % ggü. Vorjahresperiode: 41,1 Mrd. Euro
- Versicherungen erhöhen als einzige Investorengruppe Ankaufsvolumen
- Preise im Spitzensegment stabil, bei Logistik sogar Anstieg
- Preisschere zwischen Core und Non-Core weitet sich
- Ausblick hellt sich zunehmend auf, Transaktionsvolumen wird 2020 trotzdem deutlich unter Vorjahresniveau bleiben

Umsatzschwache Jahresmitte, aber Talsohle wohl durchschritten

Der genaue Blick offenbart die Krisenspuren aber eben doch. So waren das zweite und dritte Quartal mit jeweils knapp 11 Mrd. Euro Transaktionsvolumen vergleichsweise umsatzschwach. Zwei aufeinanderfolgende Quartale mit so geringem Umsatz gab es zuletzt im Jahr 2016. Bei der Zahl der Transaktionen ist der Rückgang noch ausgeprägter: So wenige Transaktionen wie im 3. Quartal (ca. 380) wurden zuletzt im 1. Quartal 2013 registriert. Sowohl das Transaktionsvolumen als auch die Zahl der Transaktionen haben sich zuletzt aber stabilisiert und dürften im 4. Quartal wieder ansteigen. Nicht nur ist zunehmend mehr Produkt im Markt, auch die Zahl der aktiven Investoren nimmt wieder zu. Dennoch wird das Transaktionsvolumen auch zum Jahresende noch nicht das Vorkrisenniveau erreicht haben.

Zuletzt dominierten europäische Käufer den Markt – Versicherungen besonders aktiv

Insbesondere asiatische Investoren traten in den vergangenen Monaten kaum noch als Käufer auf. Auch nordamerikanische Investoren waren im 2. und 3. Quartal mit einem Anteil von 8 % am gesamten Transaktionsvolumen viel weniger präsent als üblich (Ø letzte 5 Jahre: 12 %). Folgerichtig dominierten in den letzten beiden Quartalen deutsche (60 %) und sonstige europäische Käufer (32 %) den Markt. Überdurchschnittlich aktiv waren hierbei vor allem Immobilien-AGs/REITs, Spezialfonds sowie Versicherungen/Pensionskassen. Letztere haben in diesem Jahr bereits gut 2,5 Mrd. Euro und damit mehr als im gesamten Jahr 2019 investiert. Das gilt für keine andere Investorengruppe. Zu den aktivsten Käufern zählte hier die Allianz, hinzu kommen elf weitere Einrichtungen mit einem Ankaufsvolumen in dreistelliger Millionenhöhe.

Fast alle Nutzungen mit Umsatzrückgang – nur Sozialimmobilien und Mischobjekte mit Anstieg

Knapp drei Viertel des Ankaufsvolumens von Versicherungen/Pensionskassen flossen in Büroimmobilien und so trugen sie mit dazu bei, dass Büros die mit Abstand dominierende Nutzungsart blieben. Bezogen auf das gesamte Transaktionsvolumen der ersten drei Quartale kamen sie auf einen Anteil von 44 %. Es folgen Einzelhandels- (23 %) sowie Industrieimmobilien (11 %). Bei allen drei Nutzungsarten lag das Transaktionsvolumen unter dem Vorjahreswert. Den stärksten Rückgang verzeichneten jedoch Hotels, wo das Transaktionsvolumen nur noch knapp halb so hoch ausfiel wie im Vorjahr. Umgekehrt verzeichneten gemischt genutzte Immobilien (+ 21 % ggü. Vorjahresperiode) und Sozialimmobilien (+ 26 %) einen Anstieg des Transaktionsvolumens. Auch mit Entwicklungsgrundstücken wurde geringfügig mehr umgesetzt als im Vorjahr (+ 8 %).

Weitere Renditekompression bei Logistik, ansonsten stabile Spitzenrenditen
Trotz der insgesamt geringeren Transaktionsaktivität blieben die Spitzenrenditen im 3. Quartal stabil. Bei Logistikimmobilien setzte sich die Renditekompression der letzten Jahre sogar fort: Hier ging die Spitzenrendite gegenüber dem Vorquartal um 20 Basispunkte auf 3,5 % zurück. Doch auch beim „Krisengewinner“ Logistikimmobilie sind es nur die absoluten Top-Objekte, die einen Preisanstieg verzeichnen konnten. Bei die Risikobewertung spielen der Mieter und seine Bonität für die Investoren wieder eine größere Rolle als vor der Krise. Das gilt für alle Nutzungen.

„Vor der Krise erzielten Top-Objekte in Top-Lagen unabhängig von der Vermietungssituation häufig Spitzenpreise, weil Investoren keinen Zweifel an der Nachvermietbarkeit hatten“, so Marcus Lemli, CEO Germany und Head of Investment Europe, und ergänzt: „Angesichts der gestiegenen Unsicherheit im Hinblick auf die Vermietungsmärkte spiegeln sich kürzere Vertragslaufzeiten oder schlechtere Mieterbonitäten nun viel deutlicher in der Zahlungsbereitschaft wider.“ Für Büroimmobilien beispielsweise heißt das: Spitzenrenditen werden derzeit nur für Objekte erzielt, die langfristig an die öffentliche Hand oder ähnlich bonitätsstarke Nutzer vermietet sind. „Bei Büroimmobilien, die zehn oder mehr Jahre an den Staat vermietet sind, beobachten wir vereinzelt sogar höhere Preise als zu Jahresbeginn. Ansonsten gilt: Das Core-Segment ist enger geworden und die Preisschere zum Rest des Marktes hat sich weiter geöffnet“, so Lemli.

Umsatzstärkeres 4. Quartal absehbar – starke Basis für 2021

Wie hoch der Umsatz im 4. Quartal ausfällt, wird auch davon abhängen, wie schnell sich die Kaufpreisvorstellungen der Eigentümer und die Zahlungsbereitschaft potenzieller Käufer im Non-Core-Segment einander annähern. Unabhängig davon dürfte das Transaktionsvolumen aber höher ausfallen als in den beiden letzten Quartalen. Savills rechnet mit einem Gesamtjahresvolumen von etwa 55 Mrd. Euro (2019: 71 Mrd. Euro; 5-Jahres-Mittel: 62 Mrd. Euro). „Auch wenn viele Investoren bis Jahresende noch Ankäufe realisieren, dürften die wenigsten ihr für dieses Jahr angepeiltes Ankaufsziel noch erreichen und werden mit einem entsprechenden Überhang ins nächste Jahr gehen. Erweisen sich die Vermietungsmärkte weiterhin so robust wie bislang, dann rechnen wir auch im kommenden Jahr mit einem Transaktionsvolumen in der Größenordnung von 50 bis 60 Milliarden Euro“, blickt Lemli voraus.








Leserumfrage
Wir schätzen Ihre Expertenmeinung!
Hier ist unsere Leserumfrage:
schnell & unkompliziert
Jetzt starten!