News RSS-Feed

03.03.2021 CO2-Preis: Wer sollte für das Klima zahlen?

Der dieses Jahr eingeführte CO2-Preis für die Bereiche Gebäudewärme und Verkehr stellt eine konsequente Maßnahme dar, um das international vereinbarte Klimaziel, die Emission von Treibhausgasen in Deutschland bis 2030 um 55 % zu verringern, zu erreichen. Ein Viertel des Endenergieverbrauchs in Deutschland wird durch den Bereich Wohnen verursacht und der Großteil davon, rund 70 %, wird für Räumwärme benutzt.

Auch wenn der CO2-Preis zuerst bei den Händlern von Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel anfällt, die 25 Euro für eine Tonne CO2 zahlen, sind es bisher die Endverbraucher, die die Zeche zahlen. Im Falle eines Mietverhältnisses ist es üblich, dass der Vermieter die Kosten an die Mieter weiterreicht. Vor allem wenn mit Öl geheizt wird, fallen die Kosten hoch aus. In einer Wohnung mit 70 qm Wohnfläche mit Ölheizung in einem schlecht sanierten Mehrfamilienhaus belaufen sich die zusätzlichen Kosten durch den CO2-Preis auf ca. 125 Euro pro Jahr. Angesichts einer weiter steigenden finanziellen Belastung – der CO2-Preis soll jährlich angehoben werden und 2025 mit 55 Euro mehr als das Doppelte betragen – stellt sich die Frage, inwieweit es gerechtfertigt ist, dass Mieter die Kosten alleine tragen.

CO2-Preis für Mieter: Effekt dürfte begrenzt sein

Der CO2-Preis stellt auf den ersten Blick einen Anreiz für Mieter dar, sparsamer mit Energie umzugehen und dadurch den eigenen CO2-Fußabdruck zu verkleinern. Laut Statistischem Bundesamt ist im Zeitraum 2010 bis 2018 der Energieverbrauch privater Haushalte für das Wohnen temperaturbereinigt um 3,7 % gewachsen. Der Verbrauch von Raumwärme ist im gleichen Zeitraum temperaturbereinigt um 3,8 % gestiegen. Diese steigende Tendenz ist wohl auch durch den Trend zu einer immer höheren Anzahl von Haushalten mit immer weniger Personen zu erklären, die immer größere Wohnflächen bewohnen und damit einen höheren Energieverbrauch erforderlich machen. So hat die Anzahl der Haushalte von 2010 bis 2018 um 2,67 % zugenommen.

Im Zeitraum 2000 bis 2019 liegt der Anstieg sogar bei 10,1 %, wobei die Anzahl der Ein- und Zweipersonenhaushalte überproportional zugenommen hat. Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich der höhere Energieverbrauch aber nur teilweise als klimaschädlich: denn der Anteil erneuerbarer Energie bei der Gebäudewärme ist von 2010 bis 2018 um 26,3 % gestiegen ist, während der Verbrauch von Mineralöl um 14,7 % gesunken ist. Der Anteil des fossilen Energieträgers Gas ist um 13,2 % gewachsen.

Auch wenn der Energieverbrauch für das Heizen also in den vergangenen Jahren leicht zugenommen hat, ist ein Wandel hin zu sauberen Technologien im Bereich Wohnen zu erkennen. Ob der CO2-Preis zu einem geringeren Verbrauch fossiler Energieträger vonseiten von Mietern führt, ist zu bezweifeln. Denn dass Mieter die Heizung drastisch runterfahren und sich warm anziehen, um Heizkosten zu sparen, ist kaum vorstellbar. Und ob eine alte Ölheizung gegen eine neue Heizung auf Basis erneuerbarer Energie ausgetauscht wird, liegt letztlich in der Entscheidung des Vermieters.

Auf die Bausubstanz kommt es an

Der Energieverbrauch für Gebäudewärme hängt letztlich nicht nur vom eigenen Verbrauch, sondern auch von der Energieeffizienz des Gebäudes ab. Veraltete Heizsysteme und undichte Gebäudefassaden und -dächer führen dazu, dass mehr Energie zum Heizen von Gebäuden aufgewendet werden muss, als eigentlich nötig ist. In unsanierten Altbaugebäuden geht 40 % der Energie über die Fassaden verloren. Laut dem aktuellen Forschungsprojekt „BaltBest“ der Allianz für einen klimaneutralen Wohngebäudebestand kann allein schon durch die Installation von automatisierten Temperaturreglern in Wohnungen von Mehrfamilienhäusern der Energieverbrauch für das Heizen um 13,8 % für das gesamte Gebäude gesenkt werden.

Der Vorstoß, Vermieter am CO2-Preis mindestens teilweise zu beteiligen, erscheint sinnvoll. Doch Vermieter werden eine kosten- und aufwandsintensive energetische Sanierung nur in Angriff nehmen, wenn die langfristig zu erwartenden Einnahmen die Kosten übersteigen. Je höher der Sanierungsstau und je größer die Wohnfläche des Gebäudes ist, umso mehr werden Vermieter davor zurückscheuen, eine Sanierung von Heizungsanlagen und der Dämmung anzugehen. Zudem besteht hier die Gefahr, dass letztendlich doch die Mieter die Kosten durch Mieterhöhungen tragen.

Dies würde wiederum zu einer finanziellen Benachteiligung und Verdrängung einkommensschwacher Mieter führen. Aus Vermietersicht erweitert sich die klassische Ertrags-Kosten-Diskussion, aufgrund der strengeren Regulatorik hinsichtlich Nachhaltigkeit und Dekarbonisierung, vor allem um das Thema Ökologie. Die nachhaltige Bewirtschaftung von Bestandsimmobilien wird für Vermieter zukünftig von zentraler Bedeutung sein, gerade auch wenn eine spätere Veräußerung in Erwähnung gezogen wird, da ein ganzheitlicher Managementansatz nach ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) auch verstärkt von Investoren eingefordert wird.

Finanzielle Anreize für Vermieter schaffen

Die staatliche Förderung von Altbau- und von energetischen Sanierungen sind ein bedeutender Hebel, um diese für Vermieter attraktiv zu machen. Die Erhöhung der Förderbeträge und die Bündelung aller Fördermittel beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bis Juni 2021 sind richtige Schritte, um den Klimaschutz beim Wohnen voranzutreiben. Dazu kommen Förderprogramme von Ländern und Kommunen. Beispiel Berlin: wer seine Heizung erneuern will, kann hier zusätzlich zu der Förderung durch die BAFA noch einen Zuschuss von der Investitionsbank Berlin erhalten, sodass der Hauseigentümer nur noch einen Bruchteil der Kosten selbst tragen muss.

(Kommentar von Adalbert Pokorski, Greenwater Capital GmbH)









Leserumfrage
Wir schätzen Ihre Expertenmeinung!
Hier ist unsere Leserumfrage:
schnell & unkompliziert
Jetzt starten!