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22.01.2016 JLL-Studie Büromarkt Schweiz: Paradigmenwechsel am Nutzermarkt

Der in den letzten Jahren beobachtete Anstieg der Büroleerstände in der Schweiz ist kein zyklisches Phänomen. Die Büro-Leerstände dürften auch mittelfristig erhöht bleiben, insbesondere in Zürich und Genf. Es wird damit immer deutlicher, dass wir es mit einem nachhaltigen Paradigmenwechsel von einem knappen und engen Büromarkt zu einem offenen und expansiven Büromarkt zu tun haben. Das neue Umfeld erfordert ein Umdenken bei Bestandshaltern, Entwicklern, Investoren und Nutzern. Immobilien brauchen wieder Alleinstellungsmerkmale, da sie aufgrund von transparenten und für immer mehr Nutzer nachvollziehbaren Marktverhältnissen in permanenter Konkurrenz zueinander stehen. Dass auch offene Märkte funktionieren können, zeigt uns die internationale Erfahrung. Städte wie Amsterdam und Frankfurt haben seit Jahren Büroleerstände im zweistelligen Bereich und die Marktteilnehmer können gut damit umgehen.

Aktuelle Entwicklungen am Nutzermarkt: Anstieg der Leerstände in den meisten Städten

Eine Analyse des aktuellen Marktumfelds zeigt, dass der Paradigmenwechsel im Büromarkt derzeit noch nicht in allen Schweizer Städten und Teilmärkten gleich spürbar ist. Das Angebot an verfügbaren Büroflächen in den fünf großen Schweizer Städten (Zürich, Genf, Bern, Lausanne und Basel) wuchs im Jahr 2015 insgesamt um ca. 4% auf über 700‘000 m² an. Die angebotenen Flächen stiegen dabei insbesondere in Bern (+26%) deutlich an, während die Leerstände in Basel rückläufig verliefen (-13%).

Die in der Region Zürich angebotenen Büroflächen stiegen im Jahr 2015 leicht um 2.0% auf 398‘000 m² bzw. auf 5.2% des Bestands. In der Innenstadt haben die Leerstände ihren Zenit überschritten, doch befinden sich nach wie vor auf erhöhtem Niveau. Die im Kreis 1 zur Miete angebotenen Büroflächen sanken im letzten Jahr von 54'000 m² auf 43‘000 m². Derzeit sind v.a. Anwaltskanzleien sowie kleine Beratungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen aktive Nachfragesegmente, welche typischerweise Flächeneinheiten zwischen 500-1‘000 m² suchen. Die großen Umzüge in der Finanzindustrie aus der Innenstadt heraus in moderne Bürogebäude in den Entwicklungsgebieten sind vollzogen. Der Vermietungsmarkt in der ganzen Region Zürich dürfte aufgrund der anhaltend hohen Bautätigkeit noch für eine längere Zeit mieterfreundlich bleiben. Zwischen 2016 und 2020 könnten insgesamt bis zu 300?000 m² an neuen Büroflächen in und um Zürich entstehen. In einigen Teilmärkten sind die Leerstände bereits heute sehr hoch, insbesondere in Zürich-Nord in der Gemeinde Opfikon/Glattbrugg.

Die in der Region Bern angebotenen Büroflächen erhöhten sich in den ersten zehn Monaten von 2015 deutlich von etwa 50‘000 m² auf rund 63‘000 m², doch ist das Angebot in Relation zum geschätzten Gesamtbestand mit 2.2% nach wie vor tief. Der Büromarkt Bern ist geprägt durch Konsolidierungen von Bundesämtern und staatsnahen Betrieben in moderne Bürogebäude an periphereren Lagen. Im letzten Jahr bezogen die Post ihren neuen Hauptsitz mit rund 34‘000 m² Büroflächen in Bern-Wankdorf und das Bundesamt für Gesundheit ein neues Verwaltungsgebäude mit rund 36‘000 m² in Köniz. Sie folgten damit der Swisscom und der SBB, welche im Jahr 2014 in Büroneubauten in Ittigen bzw. Bern-Wankdorf umzogen. Geplant sind zudem in den nächsten Jahren der etappenweise Bau eines Verwaltungszentrums von 100‘000 m² auf dem Areal des ehemaligen Eidgenössischen Zeughauses in Wankdorf und der Neubau von zwei Verwaltungsgebäuden mit 900 Arbeitsplätzen in Ittigen. Wir denken, dass aufgrund der Neubauten und Umzüge die Leerstände im Büromarkt Bern in den nächsten Jahren spürbar ansteigen werden, insbesondere bei Bestandsimmobilien.

Die angebotenen Büroflächen in der Stadt Lausanne und dem angrenzenden zentralen Geschäftsgebiet stiegen in den ersten zehn Monaten von 2015 um etwa 1.9% auf 35‘100 m² an. Dennoch bleibt der Büromarkt Lausanne mit einer Angebotsquote von unter 2% ein knapper Markt.. Der erwartete Neuzugang von Büroflächen in Lausanne in den nächsten zwei bis drei Jahren ist begrenzt. Bis 2018 dürften nur Neubauten mit jeweils 2‘500-3‘000 m² neuer Büroflächen im zentralen Marktgebiet Lausanne fertiggestellt werden. Neue große Bauprojekte, welche den Büromarkt langfristig prägen könnten, dürften erst im nächsten Jahrzehnt in Angriff genommen werden. Aufgrund der geringen erwarteten Fertigstellungen dürfte es kurzfristig keine großen Veränderungen in den Leerständen in der Stadt Lausanne geben. Das im Vergleich zu anderen Schweizer Städten eher knappe Angebot sollte daher fortbestehen.

Der Büroleerstand in der Stadt Basel ist im letzten Jahr nochmals zurückgegangen. Das Angebot an verfügbaren Büroflächen hat sich von 46‘800 m² auf 41‘100 m² reduziert und die Angebotsquote ist unter 2.0% gefallen. Insbesondere moderne Flächen von mehr als 1‘000 m² werden derzeit an zentralen Lagen kaum angeboten. Fertigstellungen von Neubauten v.a. durch Basler Großunternehmen, auch wenn sie für den Eigengebrauch sind, sollten mittelfristig die Angebotssituation im Büromarkt entlasten. Da viele der Unternehmen bestehende Mitarbeiter in den neuen Büroräumlichkeiten konsolidieren, werden anderswo in der Stadt Basel oder den angrenzenden Gemeinden Büroflächen frei werden. Allerdings erwarten wir für das Jahr 2016 höchstens einen leichten Anstieg der marktweiten Leerstände. Der Büromarkt Basel dürfte daher in der nahen Zukunft angespannt bleiben.

Fokus Genf: Neue Subzentren entstehen

Der Genfer Büromarkt befindet sich derzeit in einer zyklischen Abkühlungsphase. Die angebotenen Flächen stiegen im letzten Jahr um etwa 7.2% auf 170‘000 m² an, was einer Angebotsquote von 5.1% entspricht, und die Spitzenmiete fiel um -5.4% auf CHF 875/m² pro Jahr. Das Genfer Mietpreisniveau für Büroflächen außerhalb des CBDs ist im Vergleich zu den anderen Schweizer Großstädten generell sehr hoch, was eine Übersicht der Mietpreisbänder zeigt. Dies hat unter anderem damit zu tun, dass es in der Stadt Genf und Umgebung in den letzten Jahren kaum grosse städtebauliche Entwicklungszonen und die Entstehung neuer Subzentren für Büroflächen gab (wie z.B. Bern-Wankdorf oder Zürich-West & Zürich-Nord), welche gut mit dem öffentlichen Verkehr verbunden sind und Druck auf die Bestandsmieten an nicht-CBD-Lagen ausüben konnten. Dies dürfte sich in den nächsten Jahren mit dem Ausbau des Nahverkehrsnetzes ändern.

Die Entstehung neuer Subzentren wird in Genf wie in anderen Städten zusammen mit der Entwicklung des öffentlichen Verkehrsnetzes einhergehen. Zum einen werden die Frequenzen auf dem bestehenden Netz erhöht. Zum anderen soll bis Ende 2019 die Bahnstrecke Cornavin - Eaux-Vives - Annemasse (CEVA) fertiggestellt werden, welche das französische Bahnnetz in Hochsavoyen mit dem Schweizer Bahnnetz auf der nördlichen Genferseeseite anbindet. An den Haltestellen der Bahnstrecke werden zahlreiche begleitende Immobilien- und Infrastrukturprojekte realisiert, wodurch neue urbane Subzentren entstehen können. Die bedeutendsten Neubauprojekte im Bürosegment sind um den Bahnhof Lancy - Pont-Rouge vorgesehen. Das SBB-Projekt Pont-Rouge plant die Erstellung von rund 100‘000 m² neuer Büroflächen etappenweise über die nächsten zehn Jahre. Dies entspricht etwa 3.0% des aktuellen Gesamtbestands an Büroflächen im Marktgebiet Genf.

Das neue Angebot an modernen Büroflächen wird zu einem verstärkten Verdrängungsprozess zwischen und innerhalb von Subzentren führen, ähnlich wie wir es in den letzten Jahren in Zürich und Bern beobachten konnten. Auf Marktebene sehen wir insbesondere in Zwischenquartieren und Außengemeinden, welche verkehrstechnisch nicht ideal angeschlossen sind und von der Struktur her Wohngebieten gleichen, mittelfristig das Risiko von Vermietungsproblemen und Druck auf die Büromieten. Für einige ältere Bürogebäude mit anhaltenden Leerstandproblemen und geringem langfristigem Nachfragepotenzial müssen daher neue Strategien erarbeitet werden, um sie wieder erfolgreich am Markt platzieren zu können. Eine Option wäre die Umnutzung in Wohnen.

Investitionsmarkt: Weiterer Rückgang der Renditen erstklassiger Büroimmobilien
Das Transaktionsvolumen kommerzieller Bestandsimmobilien (d. h. ohne Bauland und Entwicklungsprojekte) dürfte im Jahr 2015 die Schwelle von CHF 3 Mrd. einmal mehr übertroffen haben. Nach einem starken ersten Quartal folgte ein eher ruhiger Sommer, bevor das Transaktionsvolumen gegen Jahresende wieder anzog. Der Bürosektor war auch im Jahr 2015 der dominante Sektor auf dem Investitionsmarkt kommerzieller Bestandsimmobilien. Büroliegenschaften waren in den letzten beiden Jahren für mehr als 50 % aller kommerziellen Immobilientransaktionen verantwortlich.

Im Gegensatz zum Mietwohnungsmarkt werden im Bürobereich Objekte verschiedener Qualitäten bereits deutlich differenzierter bewertet. Die Nachfrage für A-Klasse-Büroliegenschaften mit Langzeitverträgen bleibt auch an großstädtischen B-Lagen rege, während das Interesse an Objekten in C-Lagen sowie Liegenschaften mit unattraktiver Mieter- oder Gebäudestruktur deutlich tiefer ausfällt. Die geschätzten Spitzenrenditen für innerstädtische Topliegenschaften im Bürosegment sind aufgrund der Einführung der Negativzinsen im Jahr 2015 um ca. 30 Basispunkte auf 2.9 % in Zürich und auf 3.3 % in Genf gesunken. Da gleichzeitig die Rendite zehnjähriger Bundesobligationen um ca. 50-70 Basispunkte auf etwa -0.15 % gefallen ist, hat sich der Renditespread nochmals ausgeweitet und liegt nun bei rekordverdächtigen 300-350 Basispunkten. Der Aufwärtsdruck auf erstklassige Immobilienrenditen sollte in den nächsten Quartalen gering bleiben angesichts des lockeren geldpolitischen Umfelds und des anhaltenden Investitionsdrucks einheimischer institutioneller Anleger.



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