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09.02.2016 Boom bei Immobilienfonds – Doch die Luft wird dünner

Nach jahrelangen Problemen boomen offene Immobilienfonds. Die starke Nachfrage nach Immobilien treibt jedoch die Preise. Eine abkühlende Konjunktur könnte Anlegern erneut sinkende Renditen bescheren, warnt die Ratingagentur Scope Ratings.

Der Boom der offenen Immobilienfonds wird sich im Jahr 2016 fortsetzen. „Wir rechnen auch im laufenden Jahr mit milliardenschweren Zuflüssen“, sagt Sonja Knorr, Director Alternative Investments bei Scope Ratings. Neben heimischen Investoren haben auch Anleger aus dem Ausland – vor allem aus Nordamerika und Asien – den hiesigen Immobilienmarkt entdeckt. Unterm Strich schätzt Knorr die Mittelzuflüsse bei den nicht in Abwicklung befindlichen offenen Immobilienpublikumsfonds für das Jahr 2015 auf über fünf Milliarden Euro. Das wären noch einmal deutlich mehr als im Vorjahr mit rund 2,8 Milliarden Euro.
Der Hintergrund: Die ökonomischen Rahmenbedingungen sprechen aus Sicht vieler Investoren unverändert für Immobilieninvestments. Die Zinsen sind niedrig, die Nachfrage nach vermeintlich sicheren Anlagen mit auskömmlicher Rendite ist entsprechend hoch. Immobilieninvestments versprechen zweierlei: Erstens eine Investition in Sachwerte, mit der sich von Inflationsangst geplagte Anleger in Sicherheit bringen wollen vor der Geldschwemme der Notenbanken. Zweitens bieten die Anlagen nach Angaben des deutschen Fondsverbands BVI derzeit eine durchschnittliche Gesamtrendite von 2,4 Prozent, und damit deutlich mehr als etwa Bundesanleihen.

Währenddessen sind die Risiken bei Investments in Immobilien zuletzt deutlich gestiegen: „Der Markt ist in Teilen bereits heiß gelaufen“, beobachtet Knorr. „Die Luft für langfristige Erträge aus weiteren Wertsteigerungen ist entsprechend dünn.“ Das setzt die Fondsanbieter unter immer stärkeren Druck, solange die Mittelzuflüsse hoch bleiben. „Viele Fonds gehen bereits dazu über, auf riskantere Investments als bisher auszuweichen.“, beobachtet Knorr. Die Fondsmanager wollen meist keine Abstriche bei der Lage der Objekte machen, investieren aber zum Beispiel zunehmend in Immobilien mit Leerstand und Sanierungsbedarf oder Projektentwicklungen. „Eine Projektentwicklung birgt größere Cash-Flow Risiken als der Ankauf einer voll vermieteten Core-Immobilie“, sagt Knorr. Denn wann und zu welchen Konditionen eine Projektentwicklung zu vermieten sein wird, ist aufgrund von Fertigstellungsrisiken mit Unsicherheiten verbunden. „Bei Projektentwicklungen mit Vermietungs- oder gar Planungs- und Baukostenrisiken gehen die Fondsmanager eine Wette auf die zukünftige Mietentwicklung ein“, sagt die Analystin.

Bislang ist der Mietmarkt intakt, deshalb sieht Knorr derzeit trotz stark gestiegener Immobilienpreise kurzfristig noch keine Gefahr für die Wertentwicklung von Immobilienfonds. Sie wird nicht nur von der Wertsteigerung der Gebäude beeinflusst, sondern auch von den laufenden Erträgen aus den Mieteinnahmen. Somit hängt sie auch von der Konjunktur ab. Offene Immobilienfonds investieren zum großen Teil in gewerbliche Immobilien – stottert der Konjunkturmotor, sinken auch die Mieteinnahmen, weil mehr Flächen aufgrund von Flächenreduktionen und Insolvenzen leer stehen. Die durchschnittliche Vermietungsquote der Fonds liegt aktuell bei ca. 94%, was einen soliden Wert darstellt. „Wenn die Konjunktur sich eintrübt, könnten auch die Vermietungsquoten und die Renditen der Immobilienfonds unter Druck geraten“, warnt Knorr. Schlimmstenfalls droht eine Abwärtsspirale: Wenn die Mieteinnahmen stagnieren oder infolge einer abkühlenden Konjunktur sinken, fallen auch die Immobilienpreise. Das würde die Renditen der Fonds zusätzlich belasten. „Durch steigende Zinsen könnten die Fonds darüber hinaus in der Anlegergunst leiden, denn die Alternativanlagen würden damit wieder an Bedeutung gewinnen. Wenn sich ein solches Szenario konkretisiert, wird der Druck auf die Ratings der Fonds steigen.“, kündigt Knorr an.
Vorerst sieht es danach nicht aus, zumal viele Fonds Mittelzuflüsse auch begrenzen können, um die Liquidität und damit den Anlagedruck nicht zu stark anschwellen zu lassen. Das bestätigt auch die aktuelle durchschnittliche Liquiditätsquote die zuletzt um 60 Basispunkte auf rund 21 Prozent gesunken ist. Die Dekafonds der Sparkassen etwa arbeiten mit Obergrenzen, wie viel Geld der Vertrieb pro Jahr von Anlegern einsammeln darf. Die Volksbank-Tochter Union Investment begrenzt den Zufluss neuer Mittel, wenn die Liquidität der Fonds ein kritisches Maß erreicht. Für Knorr ist das kein unwahrscheinliches Szenario: „Es ist durchaus möglich, dass die Zuflussgrenzen in diesem Jahr wieder bei dem ein oder anderen Fonds greifen.“





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