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26.09.2016 Energieeffiziente Immobilien: Wegweisendes Projekt zur Finanzierung

Immobilienkäufer in der EU könnten bald bessere Bedingungen für Hypothekendarlehen erhalten, wenn sie energieeffizientere Immobilien erwerben oder Energiesparmaßnahmen umsetzen. Dafür soll ein wegweisendes Projekt sorgen, das derzeit von einem Zusammenschluss von Banken, Immobilienbewertern, der Energieeffizienzbranche und von Versorgungsunternehmen entwickelt wird.

Die Initiative European Energy Efficiency Mortgage, die von einem von der European Mortgage Federation - European Covered Bond Council (EMF-ECBC) geführten Konsortium ins Leben gerufen wurde, will einheitliche „Energiesparhypotheken“ mit günstigen Zinssätzen für energieeffiziente Eigenheime sowie zusätzliche Mittel für entsprechende Renovierungen beim Immobilienkauf anbieten.

Es ist das erste Mal, dass eine Gruppe von Banken, Kreditgebern, Unternehmen und Verbänden aus der Immobilien- und Energiebranche gemeinsam das Thema Energiesparhypotheken angeht. Zu den Projektpartnern zählen die Universität Ca’Foscari Venedig, die RICS, das European Regional Network of Green Building Councils, E.ON sowie das SAFE der Goethe-Universität Frankfurt.

Die Schaffung eines Finanzierungsmechanismus bei den Privatbanken zur Förderung der Energieeffizienz privater Haushalte ist für die EU ein zentraler Baustein beim Erreichen ihres Energiesparziels von 20% bis zum Jahr 2020. Außerdem soll so das historische Klimaschutzziel des Pariser Abkommens erreicht werden, das im Dezember letzten Jahres bei der Klimakonferenz COP21 beschlossen wurde. Die Zeit dafür ist günstig, da das Interesse auf Seiten von Institutionen und Investoren in Sachen Klimafinanzierung und Investitionen im Privatsektor zunimmt. Dieses wiederum ist für die Finanzierung von Initiativen zur CO2-Reduzierung erforderlich, dem Schwerpunktthema der Klimakonferenz COP22, die im November in Marrakesch stattfindet.

Die Initiative European Energy Efficiency Mortgage ist deshalb von Bedeutung, weil sie der Verbindung zwischen Energiesparen, dem geringeren Ausfallrisiko der Hypothekennehmer und dem Wertzuwachs energieeffizienter Immobilien nachgeht. Für Banken und Anleger könnte das Kreditgeschäfte mit geringerem Risiko und somit günstigeren Kapitalanforderungen bedeuten. Auch ließe sich auf diese Weise erreichen, dass Banken „energieeffiziente“ Kapitalanlagen in ihren Risikoprofilen abbilden könnten. So wäre der Markt in der Lage, den Mehrwert energieeffizienter Immobilien einzupreisen.

Die Initiative wurde am 20. September beim Führungskräftegipfel BUILD UPON des World Green Building Council in Madrid gestartet. Dort kamen rund 200 Führungskräfte zusammen, um das Thema Energiesparen in europäischen Bestandimmobilien zu diskutieren.

Luca Bertalot, EMF-ECBC Secretary General: „Es liegt in unserer Verantwortung, eine für kommende Generationen nachhaltige Umwelt zu schaffen. Dazu entwickeln wir einen gesamteuropäischen Finanzierungsmechanismus für Hypothekenkredite, mit dem Investitionen in Energieeffizienz zugänglicher und für Verbraucher und institutionelle Investoren gleichermaßen erschwinglicher werden. Die daraus entstehenden Verbesserungen der Energieeffizienz bedeuten wiederum weniger Risiko für die Banken – alle Beteiligten gewinnen.“

Hinweise:

1. In der EU sind Gebäude für 40% des gesamten Energieverbrauchs und 36% der CO2-Emissionen verantwortlich. Allein durch eine Verbesserung der Energieeffizienz in Gebäuden ließen sich der EU-weite Energiebedarf um 5 bis 6%, und die CO2-Emissionen um 5% verringern.

2. Da europäische Bestandsimmobilien die größten Energieverbraucher in der EU sind und der Hypothekenmarkt 53% des EU-BIP stellt, existiert ein riesiges Potenzial, Brücken zwischen den Bereichen Finanzierung und Energiesparen zu schlagen und die Vorteile der Hypothekenfinanzierung auch für die Steigerung der Energieeffizienz nutzbar zu machen.

3. Untersuchungen aus den USA zeigen, dass Immobilienkreditnehmer, die energieeffiziente Immobilien finanzieren, ein 32% niedrigeres Ausfallrisiko aufweisen. Grund dafür ist, dass die Stromkosten, die einen beträchtlichen Teil der monatlichen Zahlungsverpflichtungen darstellen, geringer sind. Eine Studie des UK Green Building Council zeigt außerdem, dass Darlehensgeber im Rahmen der Kreditbewertung präzisere Schätzungen der Stromkosten einbeziehen könnten. So ließe sich das Risiko tausende Euro zu hoher bzw. zu niedriger Darlehen verringern. Sollte sich dieselbe Korrelation zwischen Investitionen in die Energieeffizienz und dem Ausfallrisiko auch in der EU belegen lassen, könnten Banken nachweisen, dass Hypothekenkredite zur Verbesserung der Energieeffizienz weniger Risiko mit sich bringen, da der Barmittelbedarf netto geringer ist. Entsprechend könnten sie ihren Eigenkapitalbedarf für diese Kredite in ihren Bilanzen nach unten korrigieren (sofern sie betriebsinterne Modelle verwenden oder die Regulierer auffordern, im Standardverfahren des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht (BCBS) angesichts des niedrigeren Ausfallrisikos geringere Risikogewichtungen für derartige Kredite zu akzeptieren).

4. Die 1967 gegründete European Mortgage Federation (EMF) vertritt die Interessen der europäischen Hypothekenwirtschaft und setzt sich auf europäischer Ebene für Darlehensgeber und Pfandbriefemittenten ein. Die EMF erhebt Daten und Informationen zum europäischen Hypothekenmarkt, der Ende 2015 über 7 Billionen Euro schwer war. Im September 2016 zählt die EMF 19 Mitglieder in 14 EU-Staaten sowie einige Mitglieder mit Beobachterstatus.
Im Jahr 2004 gründete die EMF den European Covered Bond Council (ECBC), eine Plattform für Pfandbriefemittenten, Analysten, Investmentbanker, Ratingagenturen und unterschiedlichste Stakeholder. Im September 2016 zählt der ECBC über 100 Mitglieder in 26 aktiven Pfandbriefterritorien und diversen Marktsegmenten. 95% aller ausstehenden Pfandbriefe mit einem Wert von knapp 2,5 Billionen Euro gehen auf ECBC-Mitglieder zurück (Stand Ende 2015).
Aktuelle Informationen über EMF und ECBC finden Sie auf Twitter, LinkedIn und YouTube sowie im Blog des EMF-ECBC.

5. Die im Jahre 1868 gegründete Ca’ Foscari University Venedig (CFU) ist eine führende italienische Universität in den Bereichen Wirtschaft, Sprachen, Geistes- und Naturwissenschaften. Mit ihren über 20.000 Studenten und knapp 14000 Mitarbeitern ist die CFU in acht Fakultäten unterteilt, die künftige Forscher- und Akademikergenerationen ausbildet. Dabei wird ein interdisziplinärer Ansatz mit aktuellen Forschungsprojekten und innovativen Studiengängen verfolgt. Im Jahr 2015 zählte sie laut QS World University Ranking zu den 200 besten Universitäten in Ökonomie, Ökonometrie und Neuphilologie. Seit 2007 erhielt die Universität über 110 Fördermittel für sowohl individuelle als auch gemeinschaftliche europäische und internationale Projekte, davon 70 aus den Forschungsprogrammen 7FP und Horizon 2020. Der Palast Ca’ Foscari (der 560 Jahre alte Stammsitz der Universität aus dem Jahr 1453) ist das älteste Gebäude der Welt, das nach LEED EBOM, einem US-Nachhaltigkeitsstandard, zertifiziert ist. Die CFU will bis 2018 die LEED-Klassifizierung in Silber erreichen.

6. RICS: Die RICS – The Royal Institution of Chartered Surveyors – wurde 1868 in Großbritannien gegründet und erhielt 1881 die königliche Charter. Heute ist sie eine weltweit tätige Berufsorganisation, die 118.000 Immobilienexperten rund um den Globus repräsentiert. Die RICS steht für die professionelle Berufsausübung in sämtlichen Bereichen der Immobilienwirtschaft, über alle Nutzungsarten hinweg. Sie regelt und fördert den Berufsstand auf der Grundlage hoher fachlicher Standards und einer strengen Berufsethik. Die RICS Deutschland, 1994 in Frankfurt am Main gegründet, nimmt eine führende Position in Kontinentaleuropa ein. Viele herausragende, engagierte Persönlichkeiten der hiesigen Immobilienwirtschaft zählen zu ihren rund 1.500 Mitgliedern. Mit einer Strategie, die die Stärken einer international renommierten Organisation in Einklang mit lokalen Markterfordernissen bringt, bildet der deutsche Nationalverband die Speerspitze des dynamischen Wachstums in der Region.

Maarten Vermeulen FRICS, Regional Managing Director RICS Europe:
„Nachhaltigkeit wirkt sich auf den wirtschaftlichen Wert sowie auf Anlagerisiko und -performance aus und ist für Banken, Anleger und Fondsmanager zu einem Schlüsselthema geworden. Die Stärkung der Beziehung zwischen technischer Gebäudeleistung und Finanzperformance wird nicht nur das Bewusstsein für den Wert von Energieeinsparungen steigern, sondern auch einen mehrfachen Anreiz schaffen, europäische Bestandsimmobilien nachzubessern. Wir freuen uns sehr, führend an dieser Initiative beteiligt zu sein, damit Immobilienbewerter Fragen der Ökologie und ihrer Auswirkungen auf die jeweilige Immobilie besser einschätzen können und alle Voraussetzungen mitbringen, um die Anforderungen von Hypothekenbanken, Hauseigentümern und Investoren zu erfüllen.“

7. Der World Green Building Council ist ein globales Netzwerk von Green Building Councils in über 70 Ländern, der durch Pionierleistungen und Markttransformationen ökologisches Bauen und Nachhaltigkeit fördert. Das Europe Regional Network (ERN) ist ein Zusammenschluss von 22 dieser Green Building Councils, sechs regionalen Partnern und über 5.000 Firmenmitgliedern in Europa. Er repräsentiert die ganze Bandbreite an Akteuren der Immobilienwirtschaft. Seine regionalen Partner sind BASF, E.ON, Knauf Insulation, Saint-Gobain, Skanska und UTC.

8. E.ON ist ein international tätiger Energieversorger und steht vor einer grundsätzlichen Herausforderung: Im Rahmen seiner neuen Strategie konzentriert sich E.ON künftig ganz auf erneuerbare Energien, Energienetzwerke und Kundenlösungen – die Grundbausteine der Energiebranche von morgen. Die konventionellen Energieträger und der Stromhandel wurden am 1. Januar 2016 in einem separaten Unternehmen namens Uniper gebündelt. E.ON will im zweiten Halbjahr 2016 die Mehrheit an Uniper an seine Aktionäre ausgliedern. Im Geschäftsjahr 2015 erwirtschafteten über 56.000 Mitarbeiter in vielen europäischen Ländern sowie in Russland und Nordamerika 116 Millieraden Euro Umsatz. Außerdem betreibt E.ON mit Partnern Unternehmen in Brasilien und der Türkei.

9. SAFE ist ein Forschungszentrum im House of Finance der Goethe-Universität Frankfurt mit Schwerpunkt Forschung und Politikberatung zu Finanzthemen. Zum Forschungsprogramm von SAFE zählen unterschiedlichste Fragen der modernen Finanzmärkte. Dabei verfolgt das Institut einen interdisziplinären Ansatz unter Beteiligung von Finanzökonomen, Mikro- und Makroökonomen, Juristen und Soziologen. Die SAFE-Wissenschaftler arbeiten in interdisziplinären Gruppen an bereichsübergreifenden Projekten, um Grundsatzfragen aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu beleuchten. SAFE verfügt als zweites Standbein auch über ein Policy Center, das Politiker und Behörden in Berlin, Brüssel und Wiesbaden berät.




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