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01.10.2016 Nachfragedruck am Investmentmarkt weiter auf Höchstniveau

Nach Angaben von Colliers International wurden in den ersten neun Monaten dieses Jahres am deutschen Investmentmarkt Gewerbeimmobilien für 32,4 Milliarden Euro gehandelt. Seit der Finanzkrise ist dies mit Ausnahme des Rekordjahres 2015 das stärkste Ergebnis für den untersuchten Vergleichszeitraum. Binnen nur eines Quartals reduzierte sich der Rückstand auf das Ausnahmeergebnis des Vorjahres von 26 auf 15 Prozent. Bis zum Jahresende wird diese immer noch deutliche Diskrepanz wegen der ungewöhnlichen Kumulation von Milliardendeals im Vorjahr (u.a. Übernahme Shoppingcenter-Portfolio durch Klépierre, Kaufhofdeal Hudson Bay Company im Wert von insgesamt 3,4 Milliarden Euro) im zweistelligen Prozentbereich verharren.

Ignaz Trombello MRICS, Head of Investment bei Colliers International Deutschland: „Diese Betrachtung wird aber der überdurchschnittlichen Investmenttätigkeit des laufenden Jahres nicht gerecht. Gerade im dritten Quartal haben marktprägende Großdeals, die in der ersten Jahreshälfte vergleichsweise langsam in Fahrt kamen, deutlich zugenommen.“ Mit dem Paketkauf von 68 Pflegeheimen durch den französischen Investor Primonial wurde erstmalig in diesem Jahr wieder ein Kauf mit einem Volumen von rund einer Milliarde Euro abgeschlossen. Verkäufer waren mehrere Schweizer Familien. Als größte Einzeltransaktion des laufenden Jahres wurde der Verkauf des Commerzbank-Towers, den Patrizia im Auftrag des südkoreanischen Investor Samsung für rund 650 Millionen Euro erwarb, kurz vor Quartalsende bekannt.

Weitere Portfoliodeals im mittleren dreistelligen Millionenbereich kamen hinzu. Hierzu zählen der Transfer des Büroportfolios Cloud 9 von der Allianz an Patrizia, die die Objekte für deutsche Sparkassen erwarben, sowie das Pegasus-Portfolio mit 28 Gesundheitsimmobilien, das von der Deutschen Wohnen AG aufgekauft wurde.

Portfoliodeals machen an Boden gut, ausländische Investoren bleiben zurückhaltend

Im abgeschlossenen Quartal wurden wieder mehr Portfolios gehandelt. So wechselten bis Ende September Immobilienpakete im Gesamtwert von 10,7 Milliarden Euro den Besitzer. Der Anteil am gesamten Transaktionsvolumen stieg damit gegenüber der Jahresmitte deutlich auf 33 Prozent und näherte sich damit dem Vorjahreswert von 38 Prozent an. Immer noch abgeschlagen ist dagegen der Marktanteil internationaler Anleger, der durch den Landmark-Deal von Samsung zumindest etwas korrigiert werden konnte. Stammte 2015 rund die Hälfte des Investmentvolumens aus internationalen Geldquellen, liegt der Wert aktuell bei 37% (bzw. 11,9 Milliarden Euro). „Neben der bereits fortgeschrittenen Produktknappheit vor allem im großvolumigen Core-Segment der TOP 7 ist auch der daraus resultierende Preisauftrieb ein zunehmender Grund für die Zurückhaltung ausländischer Investoren“, beobachtet Trombello.

Dabei ist die Nachfrage nach deutschen Anlageobjekten ungebrochen hoch. Gerade aus dem Ausland werden die robuste Wirtschaftsentwicklung sowie die stabilen politischen Rahmenbedingungen hierzulande angesichts europakritischer Tendenzen und nur zäher wirtschaftlicher Erholung im Euroraum sehr positiv wahrgenommen. Die Umleitung von Kapitalströmen, die kurz- bis mittelfristig für eine Allokation in Großbritannien angedacht waren, ist hierzulande noch nicht zu spüren. Der ein Quartal nach dem Referendum formal immer noch nicht vollzogene Brexit läßt vor allem langfristig orientierte Anleger abwarten. Effekte sind erst mittelfristig zu erwarten, wenn die Rahmenbedingungen des EU-Austritts konkreter werden. Im Vordergrund für ausländisches Engagement stehen bis auf weiteres die angesprochen strukturellen Stärken des deutschen Marktes. Exemplarisch beweist dies der forcierte Ausbau der Deutschlandpräsenz von Primonial nach seiner Deutschlandpremiere Ende 2015.

Unter den ausländischen Investoren stehen wegen des erwähnten Milliardendeals französische Investoren mit einem Volumen von 3,0 Milliarden Euro (9 Prozent Marktanteil) auf Platz 1, knapp vor britischen Investoren, die die zweitgrößte Käufergruppe darstellen (2,9 Milliarden Euro). An dritter Stelle liegt das Engagement US-amerikanischer Investoren mit 5 Prozent bzw. 1,5 Milliarden Euro.

Marktbeherrschend bleibt im laufenden Jahr vor allem der stetige steigende Anlagedruck auf heimische institutionelle Anleger. Susanne Kiese, Head of Research bei Colliers International Deutschland: „Die Bedingungen an den Finanzmärkten sind festgefahren. Eine Zinswende der Europäischen Zentralbank ist nicht in Sicht. Der negative Einlagenzinssatz von aktuell -0,4 Prozent, der zunehmend von Geschäftsbanken an Investoren weitergegeben wird, ´bestraft´ vor allem große, liquiditätshaltende Anleger wie offene Immobilienfonds und Versicherungen. Langlaufende Bundesanleihen fallen auf der Suche nach einer halbwegs auskömmlichen Rendite angesichts der Negativverzinsung als risikoarme Anlagealternativen aus. Dadurch nimmt die Fokussierung auf die Assetklasse Immobilien mit zahlreichen negativen Begleiterscheinungen wie steigender Aggressivität im Bieterprozess und preistreibenden Effekten zu.“

Entsprechend diesem Anlagenotstand führen weiterhin im Auftrag Dritter tätige Vermögensverwalter (7,7 Milliarden Euro, 24 Prozent) sowie Offene Immobilien- und Spezialfonds (7,2 Milliarden Euro bzw. 22 Prozent Marktanteil) die Spitze der aktivsten Investorengruppen an. Auf der Verkäuferseite dominierten erneut Projektentwickler mit einem Marktanteil von 22 Prozent (7,0 Milliarden Euro Transaktionsvolumen). Forward-Deals rücken zunehmend in den Fokus des Investoreninteresses.

Sozial- und Pflegeimmobilien etablieren sich als eigene Anlagekategorie

Büroimmobilien bleiben die beliebteste Assetklasse. Bis Ende September vereinigten sie ein Volumen von 13,8 Milliarden Euro und damit einen seit Jahren relativ stabilen Marktanteil von aktuell 43 Prozent auf sich. Zahlreiche, im Gegensatz zum Vorjahr aber eher kleinteilig strukturierte Fachmarktportfolien verhalfen der Rubrik Einzelhandelsimmobilien mit 6,3 Milliarden Euro zum ersten Mal in diesem Jahr wieder auf einen Marktanteil von 20 Prozent. Ansonsten verfestigen die sich im Jahresablauf beobachteten Strukturverschiebungen zu höherrentierlichen und von gesunden Fundamentaldaten beflügelten Sektoren wie dem Logistik- und Hotelgewerbe. Immobilien beider Assetklassen konnten mit zehn bzw. neun Prozent erneut solide Marktanteile verbuchen. Als eigene Anlagekategorie sind zunehmend Gesundheits- und Sozialimmobilien zu betrachten. Befeuert durch die eingangs erwähnten Großportfolien wurden in den ersten neun Monaten dieses Jahres 2,6 Milliarden Euro investiert, was einem Anteil von 8 Prozent entspricht.

Mit einem Minus von 13 Prozent fällt die Abnahme des Transaktionsvolumens in den TOP 7-Städten im Vorjahresvergleich erneut leicht besser als am gesamtdeutschen Markt aus (-15 Prozent). Insgesamt beträgt das Umsatzvolumen 16,7 Milliarden Euro über alle TOP-Märkte aufsummiert, das sind circa 52 Prozent des gesamtdeutschen Volumens. München führt trotz angebotsbedingten Rückgangs gegenüber dem Vorjahr von 14 Prozent die Riege der umsatzstärksten Investmentzentren mit knapp 3,4 Milliarden Euro weiter an. Berlin folgt der bayrischen Landeshauptstadt mit 3,3 Milliarden Euro dicht auf den Fersen, konnte aber bei weitem nicht an das fulminante Vorjahresergebnis anknüpfen. Ebenfalls die 3-Milliarden-Euro Marke knackten Hamburg und – dank des Großdeals – auch Frankfurt. Das größte Plus erzielte Köln, beflügelt durch den Verkauf des noch in Bau befindlichen Zurich Headquarters für mehr als 350 Millionen Euro.

Renditeniveaus pendeln sich dauerhaft auf niedrigerem Niveau ein

Infolge des anhaltenden Investmentbooms sind die Spitzenrenditen an zahlreichen Standorten in den vergangenen drei Monaten erneut gesunken. Besonders signifikant ist die Renditekompression von 50 Basispunkten im Kölner Bürosegment. Bis zur Jahresmitte war die Rheinmetropole im Kanon der TOP 7 aufgrund ihrer vergleichsweise geringeren Markliquidität der einzige Standort, an dem noch das von sicherheitsorientierten Investoren verfolgte Mindestrenditeziel von 5 Prozent erreichbar war. Mit dieser Entwicklung wird auch der Renditeabstand unter den führenden Investmentzentren verschwindend gering – die Spanne bewegt sich aktuell zwischen 3,4 Prozent in München und 4,5 Prozent in Köln (Spread 110 Basispunkte, Vorquartal 150 Basispunkte). Diese Tendenzen lassen sich auch auf andere Assetklassen übertragen.

Ausblick: Vorjahresrekordwert nicht mehr erreichbar

„Auch wenn wir bei Colliers International Deutschland von mehreren großvolumigen Transfers, die in Vorbereitung sind, wissen und eine ausgeprägte Jahresendrally angesichts des außerordentlichen Nachfragedrucks nicht ausschließen, wird das Rekordvolumen des Vorjahres von 55 Milliarden Euro nicht wiederholt werden können“, begründet Trombello das von ihm für das Gesamtjahr 2016 erwartete Transaktionsvolumen von 45 bis 50 Milliarden Euro. Mit einem solchen Ergebnis würde der fünfjährige Durchschnittswert um beträchtliche 33 bzw. 47 Prozent übertroffen, was die derzeitige Attraktivität des deutschen Gewerbeimmobilien-marktes eindrucksvoll belegt.



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