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16.09.2015 Lebhafter Diskurs bei gif-Fachtagung: KAGB 2.0, was noch kommt!

Die diesjährige Fachtagung der gif Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e. V. zum Thema „KABG 2.0, was noch kommt!“ fand am 14. September 2015 in den Vortragsräumen des BVI in Frankfurt am Main statt.

Im Rahmen der mit über 100 Teilnehmern sehr gut besuchten Veranstaltung sprachen renommierte Experten aus Forschung und Praxis der Immobilienwirtschaft zu den interessierten Zuhörern. Die Moderation der Veranstaltung übernahm Professor Dr. Steffen Sebastian, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung an der IREBS International Real Estate Business School der Universität Regensburg. Zu Beginn begrüßte Herr Dr. Ulrich Nack von der gif-Kompetenzgruppe für Indirekte Anlagen die zahlreichen Gäste und bedankte sich für die Organisation der runden Veranstaltung bei allen Beteiligten. Danach zeigte Herr Dr. Nack sehr anschaulich, wie seit der Einführung des KAGG (der Urversion des KAGB) in den fünfziger Jahren immer mehr allgemeine Vorschriften zu den eigentlichen Regeln für Immobilienfonds hinzugekommen sind. Zunächst standen die speziellen Regelungen für Immobilienfonds in den Paragrafen 26, mit Einführung des Investmentgesetzes in den Paragrafen 66 und nunmehr in den Paragrafen 230.

Nach dieser Einführung hielt Professor Dr. Thomas Möllers, Universität Augsburg als einer der führenden Rechtswissenschaftler im Bereich Kapitalmarktrecht die Keynote über die aktuelle Rechtslage nach Einführung des KAGBs. Dabei war vor allem das Thema der Umsetzung europäischer Richtlinien im Mittelpunkt des Vortrages. Professor Möllers kritisierte das neue Gesetz als zu komplex und unpraktisch. Ein einfaches Arbeiten mit dem Gesetz sei nicht möglich.
Insgesamt berührten die immobilienbezogenen Vorschriften auf allen Rechtsebenen mindestens 2000 Paragraphen, welche auf sechs verschiedenen Rechtsverordnungen beruhen. Allein vier dieser Verordnungen befinden sich auf europäischer Ebene. Durch diese Regelungswut existiere nationales und europäisches Recht nebeneinander. Dadurch sei die endgültige Zuständigkeit aufsichtsrechtlicher Institutionen nicht klar ersichtlich. Zudem sieht Professor Möllers einen zentralen Fehler in der Abschaffung des alten Investmentgesetzes. Dadurch wurden die vergangene Rechtsprechung und der gewachsene Umgang mit dem Gesetz gänzlich verworfen, was zu einer erhöhten Rechtsunsicherheit geführt hat.

Danach sprach Herr Thomas Richter, Gastgeber und BVI-Hauptgeschäftsführer. Herr Richter berichtete, dass bei einer 1:1-Umsetzung der AIFM-Richtlinie in die deutsche Gesetzgebung die Anlageklasse der Spezialfonds aus dem Gesetz gefallen wäre. Durch die Intervention des BVI wurde deutlich auf diesen Umstand hingewiesen. Der Gesetzgeber reagierte entsprechend, sodass der Spezialfonds erhalten werden konnte. Ebenfalls kritisierte Herr Richter die unübersichtliche Gesetzgebung in Folge der Zuständigkeit verschiedener nationaler und europäischer Institutionen. Lobend merkte er an, dass eine Evaluation der Regulierung auf europäischer und deutscher Ebene sehr wohl stattfindet. Zudem betonte er, dass nach dem KAGB offene Immobilienfonds sowie Spezialfonds innerhalb der Definition der AIF-Richtlinie liegen. Damit sind beide Fondstypen von jeglicher zukünftiger Regulierung direkt betroffen. Jedes Mal, wenn sich in Brüssel jemand Gedanken über Hedgefonds macht, seien auch Immobilienfonds betroffen. Deswegen muss der AIF neu definiert werden oder die AIF-Richtlinie so geändert werden, dass regulierte Immobilienfonds nicht wie unregulierte Hedgefonds behandelt werden.

Es folgte der Vortrag von Herrn Dr. Sven Zeller, Rechtsanwalt und ausgewiesener Experte für die Betreuung von Investmentfonds- und Vermögensverwaltungsgesellschaften in diversen aufsichtsrechtlichen Fragen bei Clifford Chance. Herr Dr. Zeller veranschaulichte mit seinem ebenso fundierten wie unterhaltsamen Vortrag die Sichtweise der Praxis auf die neue Gesetzgebung des KAGBs. Inhaltlich wies Herr Dr. Zeller auf die hohen Anforderungen institutioneller Investoren an die Neuauflage von Investmentfonds hin. Danach skizzierte Herr Dr. Zeller anhand einer Checkliste den Ablauf einer Fondsauflegung nach der neuen Gesetzeslage des KAGBs. Dabei zeigte sich anschaulich, wie komplex z.B. die Neuauflage eines geschlossenen Immobilienfonds sein kann. Dabei wies Herr Dr. Zeller, mit Hilfe der Interpretation von ausgewählten Vorschriften der Anlageverordnung durch die BaFin, darauf hin, wie der Gesetzgeber klare Vorgaben für die Umsetzung des KAGBs in der Praxis vermissen lässt. Daher fordert Herr Dr. Zeller am Ende seines Vortrages eine einheitliche Rechtsgrundlage sowie eine zielgerichtete Regulierung. Des Weiteren wäre ein zeitnaher Dialog zwischen der Praxis und den gesetzgebenden Institutionen in Bezug auf die praktische Umsetzung des KAGBs wünschenswert.

Herr Titus Flutgraf von der BaFin schilderte die komplexen Aufgaben bei der Umsetzung des KAGBs aus Sicht der Investmentfondsaufsicht. Dabei nahm er in ungewohnter Offenheit Stellung zu der zuvor geübten Kritik an der Aufsicht und der Gesetzgebung. Es entstand eine überaus angeregte Diskussion mit zahlreichen Fragen aus dem Publikum. Besonders die gesetzliche Vorgabe: Erst bewerten, dann erwerben und dessen praktische Folgen standen im Mittelpunkt des lebhaften Diskurs. Wichtig war Herrn Flutgraf zu betonen, dass die schleppende Neuemission geschlossener Immobilienfonds nicht an der Genehmigungspraxis der BaFin liege. Allerdings könne bei später Antragstellung bei der Investmentfondsaufsicht kurz vor beabsichtigter Marktplatzierung insbesondere neuartiger Fondsprodukte nicht zwangsläufig mit einer prioritären Bearbeitung und schnelleren Genehmigung gerechnet werden. Daneben wies Herr Flutgraf darauf hin, dass im Zuge der Gesetzgebung das Interesse der Anleger nunmehr auch im Bereich der geschlossenen Fonds eine zentrale Rolle bei allen Entscheidungen spielen muss. Besonderes Augenmerk verdient dabei die Vorbeugung von möglichen Interessenkonflikten.

Herr Dr. Sven Eggers, Geschäftsführer der Patrizia Wohninvest, gab zunächst einen Überblick über sein Unternehmen. Die Patrizia ist als Immobilieninvestor und –dienstleister jeweils zur Hälfte in Gewerbe- und Wohnimmobilien investiert. Das Unternehmen agiert vornehmlich in Kerneuropa mit acht Standorten in Deutschland und unter anderem Niederlassungen in Helsinki, London und Stockholm. Dabei bildet die Patrizia ein breites Spektrum der gesamten Wertschöpfungskette ab. Der Schwerpunkt im Fondsbereich liegt auf Immobilien-Spezial-AIFs. Auch für Herrn Dr. Eggers ist die Prävention von Interessenkonflikten beim Erwerb neuer Objekte ein großes Thema. Weitere Themen des Vortrages waren der Umgang mit der Anzeigepflicht und die Umsetzung des EU Pass-Verfahrens für Fondsmanager (AIFM) in der Praxis. Zudem wies Herr Dr. Eggers auf die hohen Kosten hin, welche sich durch den externen Beratungsbedarf im Zuge der neuen Gesetzgebung ergeben haben.

Den Abschluss der Fachtagung bildete der Vortrag von Herrn Dr. Nack. Er wies daraufhin, dass die AIFM-Richtlinie wenig inhaltliche Veränderungen für die Spezialfondsbranche mit sich gebracht habe. Dabei sei allerdings der Verwaltungsaufwand beträchtlich gestiegen. Seiner Meinung nach bedeutet die neue Richtlinie das Ende zahlreicher geschlossener Immobilienfonds. Die am Markt erfolgreich agierenden Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVG) sind meist in große Finanzkonzerne eingebunden. Dabei identifizierte Herr Dr. Nack das Outsourcing als ein Spannungsfeld. Nach den Vorschriften des KAGB sei die KVG völlig eigenständig mit der Verwaltung des anvertrauten Vermögens beauftragt. In der Realität seien KVGen aber nur ein kleines Rad im Getriebe. Die Eigenständigkeit der KVG sei aber wegen der Einbindung in Finanzkonzerne praktisch schwierig. Die Master-Kapitalverwaltungs¬gesellschaften, die sich zunehmend großer Beliebtheit erfreuen, seien Folge von Fehlentwicklungen aus der Vergangenheit. Sie sollen durch Trennung von Eigentum und Management die Position der Anleger verbessern. Allerdings hat das Konzept noch keinen Tiefpunkt im Immobilienzyklus erlebt. Weiteres Thema war die Praxis der Immobilienbewertung. Herr Dr. Nack sieht in der Bewertungspraxis noch Verbesserungsmöglichkeiten. Sein Vorschlag einer Entkoppelung von KVG und Bewerter und eine gezielte Zufalls-Auswahl eines geeigneten Bewerters aus einem vorher festgelegten Bewerter-Pool durch die BaFin wurde angeregt diskutiert. In Bezug auf die offenen Publikumsfonds merkte Herr Dr. Nack an, wie entscheidend die Vertriebsstärke für den Erfolg der Fondsprodukte sind, was wiederum verdeutlicht, wie sehr KVGen von zugehörigen Finanzkonzernen abhängen. Herr Dr. Nack plädiert für eine Anpassung einzelner Regelungen im KAGB zum Beispiel bei der Vergütung von Führungskräften. Hier bestehe noch Nachbesserungsbedarf in der Gesetzgebung.


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