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19.01.2017 Stuttgarter Markt für Büroimmobilien stellt Fabelrekorde in Serie auf

Auf ein Super-Jahr 2015 hat der Stuttgarter Markt für Büroimmobilien ein Mega-Jahr 2016 mit erneuten Rekordmarken folgen lassen: Das Transaktionsvolumen im Investmentbereich für Gewerbeimmobilien übersprang in den vergangenen zwölf Monaten erstmals die 2-Milliarden-Euro-Marke, der Flächenumsatz im Vermietungsmarkt setzte mit 400.000 m² bei 310 Abschlüssen eine mit Abstand neue Bestmarke. Doch zugleich ist das Gerangel so heftig wie noch nie: Zahlreiche Interessenten konkurrieren um wenige verfügbar Objekte und Flächen – das gilt für den Vermietungs- ebenso wie für den Investmentmarkt. „Stuttgart ist ein wirtschaftlich starker Standort mit hoher Nachfrage, allerdings ebenso mit knappen Raum für Nutzer und Entwickler“, skizziert Alexander Veiel, Niederlassungsleiter JLL Stuttgart, die Lage in der baden-württembergischen Landeshauptstadt. Dadurch hat sich Stuttgart zu einem Markt entwickelt, in dem die Vermieter mittlerweile meist am längeren Hebel sitzen. Das stellt Mieter vor unerwartete Herausforderungen. Selbst diejenigen, die seit Jahren einen festen Platz haben.

In den vergangenen Jahren dauerten Mietverhandlungen in der Regel bis zu einem halben Jahr, ehe beide Vertragsparteien unterschrieben. „Wer sich als Mietinteressent in der aktuellen Lage so viel Zeit lässt, wird sicher den Kürzeren ziehen“, sagt Sebastian Treier, Team Leader Office Leasing JLL Stuttgart. „An jeder verfügbaren Fläche sind mindestens zwei bis drei Interessenten dran – oft zählt schlicht die Geschwindigkeit.“ So sei erst kürzlich eine Anmietung von 1700 m² in der Rekordzeit von rund zwei Wochen abgeschlossen worden. Die Nachfrage drückte die Leerstandsquote von 4,6 % auf 3,7 %. Zudem ging das Gros der Flächen an Eigennutzer und somit am Markt vorbei. Die Nettoabsorption von 188.000 m² zeigt, wie sich der Angebotsmangel weiter verschärft.

Für unvorsichtige Mieter könnte es ein böses Erwachen geben

Wenn die Nachfrage das Angebot langfristig so deutlich übersteigt, sind steigende Mieten die logische Folge. „Wer in dieser Lage einen günstigen wie langfristigen Mietvertrag hat, zählt zu den Gewinnern“, erklärt Treier. Doch gilt es wachsam zu sein. „Wer seinen Vertrag immer kurzfristig um wenige Jahre verlängert hat, könnte nun ein böses Erwachen erleben, denn Vermieter haben mittlerweile die Möglichkeit, höhere Mieten zu bekommen und damit die Rendite zu steigern.“ In Stuttgart gibt es bereits mehrere Fälle, in denen langjährige Kooperationen nicht verlängert wurden oder der Vermieter eine Kündigungsoption zog, um neue, solventere Mieter in die Büros zu holen. „Für die bisherigen Mieter wird es dann in der aktuellen Situation sehr schwer, in vertretbarer Zeit ähnliche Flächen zu finden“, warnt Treier.

Insbesondere nach den letzten beiden Quartalen 2016, die auf dem Bürovermietungsmarkt nach behäbigem ersten Halbjahr nochmals deutlich Fahrt aufgenommen und 157.000 m² sowie knapp 140.000 m² umgesetzt hatten. Im letzten Quartal hatte die Zahl der Abschlüsse mit 101 einen neuen Höchststand erreicht. „Alle Premium-Objekte wie der Königsbau und Citygate sind jetzt vollvermietet. Das Europe Plaza war es bereits vier Monate vor Fertigstellung“, bilanziert Treier. In der Regel setzten die Nutzer im vergangenen Jahr auf Fünfjahresverträge mit einer Option auf fünf weitere Jahre. Der Engpass, der sich in den vergangenen Jahren bereits abgezeichnet hatte, schlägt nun voll durch. Im kommenden Jahr wird das Angebot so gering wie noch nie sein, die Leerstandsquote aller Voraussicht nach auf 2,7 % fallen. Treier geht deshalb davon aus, dass der Umsatz 2017 auf 240.000 m² zurückgehen wird.

Blickt man auf den kompletten Vermietungsmarkt, war der Teilmarkt Vaihingen mit den Eigennutzern Daimler (90.000 m²) und Bosch (20.000 m²) in Zuffenhausen besonders dynamisch. Daimler setzte damit einen neuen Topwert auf dem Stuttgarter Markt. „Künftig werden aber auch die Stadtteile Fasanenhof und die Airport-City stärker in den Fokus rücken“, gibt Treier einen Ausblick.

Blendet man die großen Industrieprojekte aus, basiert der Stuttgarter Markt weitgehend auf Kleinanmietungen unter 500 m². Von den 310 Abschlüssen des abgelaufenen Jahres fielen allein 197 in diese Kategorie und setzten damit 47.300 m². Im Gegensatz dazu entfielen auf die 6 größten Deals mit mehr als 10.000 m² insgesamt rund 180.000 m². Die durchschnittliche Größe der Deals stieg sprunghaft von 997 m² auf 1.317 m².

Vor allem wegen der Großanmietungen waren die stärksten Teilmärkte Vaihingen (138.700 m²), Feuerbach (39.100 m²), City (36.400 m²), Bad Cannstatt (36.300 m²) und Weilimdorf (30.900 m²). „Vaihingen ist für viele Unternehmen aus dem IT-Sektor interessant. Hier kommen derzeit auf eine Fläche mindestens drei bis vier Interessenten“, beobachtet Treier. Erneut war die Industrie mit 52,7 % (210.600 m²) der größte Flächenabnehmer. Die unternehmensbezogenen Dienstleister folgten erst mit großem Abstand und 9,8 % Umsatzanteil.

Nur in Vaihingen und der City wird großflächig entwickelt

Im abgelaufenen Jahr sind zwar 122.800 m² fertiggestellt worden – immerhin 42 % mehr als im Vorjahr. Die Marktlage entspannen wird das trotzdem nicht, denn nur noch 16 % davon waren bei Fertigstellung frei verfügbar. Insgesamt befinden sich derzeit 205.000 m² im Bau. Rund zwei Drittel davon in den Teilmärkten Vaihingen (103.700 m²) und der City (39.100 m²). Auch eine Folge des Mangels frei verfügbarer Flächen: Die meisten Unternehmen setzen zudem mittlerweile auf eigene Entwicklungen.

Vor diesem Hintergrund ist die Spitzenmiete auf Jahresfrist erwartungsgemäß von 20,00 Euro auf 21,50 Euro gestiegen. „Zum Jahresende sind auch vereinzelt noch höhere Werte erreicht worden“, nennt Treier einzelne Spitzenabschlüsse. Die Durchschnittsmiete ist derweil von 12,41 Euro auf 13,06 Euro angestiegen.

Große Nachfrage bei Mietern stimmt Investmentmarkt optimistisch

Auf der Investmentseite wirkt sich der Wandel zum Vermietermarkt motivierend aus. „Die Investoren sind sehr optimistisch, rechnen mit steigenden Mieten und vor allem damit, mittelfristig zu noch höheren Preisen vermieten zu können“, gibt Alexander Veiel die Stimmung im Markt wieder. Erneut hat dieser ein für Stuttgart hohes Potenzial bestätigt und 2,03 Mrd. Euro Transaktionsvolumen erzielt. Nach 1,9 Mrd. Euro im Vorjahr ist das ein Plus von 7 Prozent. Besonders stark war das vierte Quartal: Hier wurde mit 1,03 Mrd. Euro mehr Volumen erzielt als in den drei Quartalen zuvor zusammen, die alle zwischen 300 und 400 Mio. Euro lagen.
Mit vier Abschlüssen im dreistelligen Millionenbereich hat der Markt 2016 sein gewohntes Fahrwasser verlassen, denn üblicherweise dominieren die Preisklassen zwischen 20 und 50 Mio. Euro den Stuttgarter Markt. Die fünf größten Deals wurden alle im zweiten Halbjahr abgeschlossen. Ein auffallend hoher Anteil von knapp einem Drittel (30 %) des Transaktionsvolumens entfiel mit 600 Mio. Euro auf Immobilien, die im Rahmen diverser deutschlandweiter Portfolioverkäufe den Eigentümer gewechselt haben.

Doch die Kehrseite der erneuten Rekordfahrt ist der Angebotsmangel, der sich in Stuttgart erneut verschärft hat. „Es gibt kaum Grundstücke, auf denen entwickelt werden kann“, so Veiel, „und wenn es große Flächen sind, dann gehen sie an Eigennutzer.“ Generell gibt es kaum Projektentwicklungen, die dem Markt zugutekommen, obwohl viele Entwickler mittlerweile auch spekulativ bauen würden. Angesichts des großen Bedarfs, könne bereits mit deutlich weniger Vorvermietungen als bisher mit dem Bau begonnen werden. Doch es gibt keine verfügbaren Baugebiete und noch ist die Nachfrage-Lage für die Eigentümer recht komfortabel, so dass sie nicht an den Abriss in die Jahre gekommener Objekte denken.

„Das kann langfristig zu einem Problem für den Stuttgarter Markt, aber auch für die ganze Stadt und ihr Erscheinungsbild werden“, analysiert Veiel, „denn ohne freie Büroflächen gibt es auch keinen Wettbewerb unter den Vermietern. Die Folge ist, dass die Eigentümer keinen Druck haben, neue Gebäude mit zeitgemäßen Flächen zu errichten. Eine moderne Stadt braucht aber einen soliden Erneuerungszyklus.“ Insofern könnten auch durch das Erscheinungsbild ihrer Stadt langfristig auch die Stuttgarter vor der Entwicklung auf dem Büromarkt betroffen sein – und sei es nur indirekt.

Bei den Nutzungsklassen lag der Büroanteil mit 70 % deutlich über dem Stuttgarter 5-Jahres-Schnitt und ebenso leicht über dem Schnitt der Big 7. Anleger haben im Jahr 2016 wie im Vorjahr am meisten in Core-Produkte investiert. Der Wert stieg von 54 % auf 55 %. Dahinter folgten Core plus (38 %), während Value Add (4 %) und opportunistische Produkte (3 %) nur vereinzelt gekauft wurden. „Das hängt vor allen Dingen mit der Angebotslage zusammen. Value Add und opportunistische Immobilien werden kaum noch angeboten. Die Eigentümer solcher Immobilien können diese selbst entwickeln, weil die komfortable Vermietungssituation das zulässt. Die Immobilien mit hohen Leerständen befinden sich meist in Randlagen, in denen auch opportunistische Käufer nicht investieren wollen. Stimmt die Lage, besteht in der Regel auch kein nennenswerter oder lang andauernder Leerstand“, erklärt Veiel.

Rendite sinkt auf Jahresfrist so stark wie in keiner anderen Stadt

Als Käufer waren traditionell die Asset/Fondsmanager mit 41 % Marktanteil dominant. Es folgen Private Equity Fonds (23 %) und Spezialfonds (11 %). „Die Verkäuferseite zeichnet sich in Stuttgart derweil durch eine große Bandbreite aus, in der gleich fünf Gruppen auf einen Anteil im zweistelligen Prozentbereich kommen“, beobachtet Veiel. Dies sind Immobilien AGs (25 %), Asset/Fonds Manager (20 %) und Entwickler (15 %).

Der Anteil ausländischer Investoren hat in Stuttgart im Vergleich zum Vorjahr wieder von 37 % auf 65 % zugelegt – nur die Hauptstadt Berlin hat einen höheren Wert. Und das, obwohl Stuttgart traditionell einen eher geringen Anteil internationaler Akteure hat. Wie in allen anderen Städten, kaufen internationale Investoren deutlich mehr als sie verkauften und stockten damit ihre Bestände auf.
Derweil ist die Bürospitzenrendite im vergangenen Jahr in Stuttgart so stark unter Druck geraten wie in keiner anderen Stadt der Big 7. Auf Jahresfrist sank sie um mehr als einen Prozentpunkt auf 3,50 % und liegt jetzt selbst niedriger als in Frankfurt und Düsseldorf. Und damit nicht genug: „Der Produktmangel wird die Lage verschärfen und wir rechnen damit, dass wir in einem Jahr bei 3,35 % stehen“, blickt Veiel voraus.






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