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04.04.2017 Bundestagswahl wird Wohnungswahl

Der Wohnungsbau läuft. Er fährt aber bisher noch im zweiten Gang: Zu langsam und zu hochpreisig. Und so kann er nicht auf bedarfsgerechte Touren kommen. Das kritisieren 30 Organisationen und Verbände der Architekten und Planer, der Bau- und Immobilienwirtschaft sowie der Deutsche Mieterbund (DMB) und die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU). Zusammengeschlossen in der Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“ legen sie jetzt eine Wohnungsbau-Agenda mit 12 Punkten vor. Ziel ist es, die Parteien dazu zu bringen, die Wohnungsbaupolitik zu einem Schwerpunkt ihrer Wahlprogramme für den bevorstehenden Bundestagswahlkampf zu machen.

„Das bezahlbare Wohnen wird zu den Top 5 der Wahlkampfthemen gehören. Die Leidensgrenze der Menschen, die in Ballungsräumen, Groß- und Unistädten gezwungen sind, sich eine neue Wohnung zu suchen und dafür immer tiefer in die Tasche zu greifen, ist erreicht. Mittlerweile ist ein Wohnungswechsel für viele zum finanziellen Existenzrisiko geworden. Die Menschen haben von weiter explodierenden Mieten und horrenden Kaufpreisen die Nase gestrichen voll“, sagt Dr. Ronald Rast. Der Koordinator der Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“ warnte die Parteien davor, den Wohnungsbau lediglich „als politisches Beiboot im Wahlkampf mitzuschleppen“. Wer das mache, verkenne die Realität mit der Wohnungssuchende in Deutschland konfrontiert seien.

Schuld daran ist ein enorm hohes Wohnungsdefizit: Allein im vergangenen Jahr seien über 100.000 Wohnungen zu wenig gebaut worden. Neu entstanden sind nicht einmal 300.000 statt der erforderlichen 400.000 Wohneinheiten, sodass sich das Defizit weiter aufbaut. Mehr noch: Die Baugenehmigungen für Ein- und Zweifamilienhäuser seien in der zweiten Jahreshälfte 2016 sogar zurückgegangen. „Wer den Menschen die Perspektive auf eine bezahlbare Wohnung geben will, der muss Deutschland eine neue Wohnungsbaupolitik verordnen. Und nur wer das tut, wird Erfolg haben. Denn die Bundestagswahl am 24. September wird in erster Linie auch eine Wohnungswahl sein“, ist Rast überzeugt.

Die Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“ gibt den Parteien mit ihrem 12-Punkte-Katalog eine klare To-Do-Liste mit auf den Weg. Darauf steht auf Position eins die Forderung nach einer weiteren Zuständigkeit des Bundes für die soziale Wohnungsförderung. Wohnen ist ein Grundbedürfnis der Menschen, das ab 2020 – also mitten in der nächsten Wahlperiode – nicht alleinig an die Länder übergehen kann. Und ein wieder eigenständiges Bauministerium wird gefordert. „Der Wohnungsbau, die Raumordnung und der Städtebau müssen bundespolitisch wieder das Gewicht bekommen, das sie verdienen. Dafür ist ein eigenes Bundesministerium notwendig, das sich in einer neuen Bundesregierung dann auch durchsetzt“, so Ronald Rast.

Gerade beim sozialen Wohnungsbau habe Deutschland einen enormen Nachholbedarf. Notwendig seien mindestens 80.000 zusätzliche Sozialmietwohnungen – pro Jahr. Dazu müsse der Bund seine Zahlungen für die Wohnraumförderung – auch nach 2019 – fortsetzen und die Länder müssen den Etat verdoppeln. Darüber hinaus sei es dringend erforderlich, die Abschreibung attraktiver zu machen: Eine von 2 auf 3 Prozent erhöhte AfA sei schon deshalb notwendig, um der – durch immer mehr Anlagentechnik – verkürzten Nutzungsdauer von Wohngebäuden gerecht zu werden. Darüber hinaus fordern die 30 Organisationen und Verbände eine Sonderabschreibung für Hochpreisregionen, um dadurch einen zusätzlichen, zeitlich begrenzten Anreiz für den Neubau bezahlbarer Mietwohnungen zu schaffen. Und das Steuerrecht macht der Bund.

Um neue Wohnhäuser bauen zu können, wird neues Bauland gebraucht. Bund, Länder und Kommunen sollen dies schnell und verbilligt zur Verfügung stellen, so die Forderung. Mit der Vergabe öffentlicher Grundstücke im Höchstpreisverfahren müsse daher Schluss sein. Darüber hinaus seien Bauflächen-Potenziale deutlich besser zu nutzen: So würden beispielsweise viele Dächer die Chance einer Aufstockung bieten. Ebenso müssen in Städten Brachflächen und Mischgebiete schneller und umfassender als bislang genutzt werden. Das Stichwort laute hier: Nachverdichtung.

Die Wohnungsbau-Aktion spricht sich zudem für ein „gründliches Durchforsten des Baurechts“ aus. Dies müsse einfacher und bundesweit einheitlicher werden. Insgesamt sollten Baugenehmigungen schneller erteilt werden. „Dazu brauchen Bauämter eindeutig mehr Personal. Aber auch durch mehr Eilverfahren und durch eine intelligentere Digitalisierung und Vernetzung lässt sich mehr Tempo rund um den roten Punkt für die Baugenehmigung erreichen“, so Ronald Rast. Darüber hinaus appelliert die Wohnungsbau-Branche an die Bürokratie, nicht durch immer neue Gesetze und Normen die Baukosten in die Höhe zu treiben. Politik und Verwaltung sollten stattdessen den Kosten-Nutzen-Aspekt stärker im Blick haben.

In ihrem Positionspapier sprechen sich die Organisationen und Verbände auch dafür aus, mehr Geld in die öffentliche Infrastruktur zu investieren. Hierdurch solle insbesondere die „Speckgürtel-Anbindung“ an die Metropolen verbessert werden. Auch höhere Steueranreize für die Energiespar-Sanierung und für den altersgerechten Umbau bestehender Wohngebäude seien erforderlich. „Bei Schrottimmobilien, in denen kein Mensch mehr wohnt und die kein Mensch mehr wirtschaftlich sanieren kann und will, muss die KfW auch den Abriss und den anschließenden Neubau fördern“, so Aktionskoordinator Rast.

Ebenso sei es – etwa mit Blick auf junge Familien und soziale Kriterien – notwendig und politisch klug, Menschen zu unterstützen, die sich für Wohneigentum entscheiden. „Immerhin stehen die eigenen vier Wände bei den Deutschen ganz oben auf der Wunschliste. Parteien sind daher gut beraten, diesem Wunsch nach Wohneigentum auch in ihren Wahlprogrammen ein Kapitel zu widmen“, sagt Ronald Rast. Die Palette der staatlichen Unterstützung sei breit – von einer Freigrenze bei der Grunderwerbsteuer bis zu KfW-Förderprogrammen für eine langfristig zinsgünstige Baufinanzierung. Gleichzeitig fordert die Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“ in Sachen Klimaschutz „politisches Augenmaß“. Der Gebäudebereich dürfe hier – etwa im Vergleich zum Verkehr oder zur Landwirtschaft – nicht einseitig mit einem „Energiespar-Diktat“ überzogen werden.








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