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15.06.2017 Für Europa könnte 2017 zum Rekordjahr seit der Krise werden

Der Ausblick für die Weltwirtschaft ist zunehmend positiv, vor allem in Europa und den Schwellenländern. Die USA und das Vereinigte Königreich haben jedoch mit Gegenwind zu kämpfen.

Makroökonomischer Ausblick

„Seit Sommer 2016 hellen sich die Konjunkturaussichten zunehmend auf“, sagt Robert Greil, Chefstratege von Merck Finck Privatbankiers, anlässlich der Vorlage der „Investmentperspektiven für die 2. Jahreshälfte 2017“. „In Europa scheint sich endlich ein synchroner Aufschwung zu bestätigen. Die zyklische Erholung, die in der zweiten Jahreshälfte 2016 ihren Anfang nahm, ist seit Beginn dieses Jahres noch stärker geworden.“ Ausschlaggebend für diese Entwicklung waren die Lockerung des strengen Sparkurses und höhere Konsumausgaben infolge besserer Beschäftigungsaussichten.

Auch Bedenken hinsichtlich einer Deflation sind in den Hintergrund gerückt, wenngleich die Kerninflation in Europa – ohne die volatilen Komponenten Energie und Nahrungsmittel – mit derzeit einem Prozent zu niedrig erscheint. Investitionen – lange Zeit das fehlende Teilchen im europäischen Erholungs-Puzzle – nehmen wieder zu, da die Binnen- und Auslandsnachfrage steigt und sich die Ertragskraft in den Unternehmen insgesamt verbessert. „Alles in allem könnte 2017 für Europa zum Rekordjahr seit der Krise mit mindestens 1,6 Prozent Wirtschaftswachstum werden“, sagt Greil.

In Großbritannien ist die Lage angespannt: Die Brexit-Verhandlungen drohen aus dem Ruder zu laufen. Die britische Wirtschaft hat sich seit dem Referendum stabiler entwickelt als erwartet; der kräftige Einbruch des Pfund Sterling kam den Exporten zugute. Der anschließende Inflationsschub infolge der geschwächten britischen Währung führte zu einem Rückgang der Kaufkraft der britischen Verbraucher, was einen geringeren Konsum zur Folge hatte – ein Effekt, der letztendlich den Exporterfolg zunichtemachen könnte.

Der größte (und unerwartete) Negativfaktor für die Weltwirtschaft sind bislang die USA. „Präsident Trump hat es noch nicht geschafft, sein Wahlkampfversprechen einzuhalten und der Wirtschaft durch Steuersenkungen und Infrastrukturausgaben neue Impulse zu geben“, analysiert Greil. Obwohl er schon einige Monate im Amt ist, scheint er immer noch auf Kriegsfuß mit dem Kongress zu stehen. Mittlerweile ist davon auszugehen, dass Trumps Konjunkturmaßnahmen nicht nur verwässert, sondern auch später umgesetzt werden als versprochen.

„Da Amerikas Wachstum im ersten Quartal schwächer ausgefallen ist als erwartet – bei anhaltenden Problemen in Verbindung mit saisonalen Anpassungen aufgrund der Winterperiode –, haben wir unsere Wachstumsprognose für das Gesamtjahr für die USA von 2,4 auf 2,1 Prozent gesenkt“, so Greil.

Investment-Ausblick

Aus Investmentsicht erscheint die Entwicklung in der zweiten Jahreshälfte nicht ganz so klar wie in der ersten. Zunächst hat die Verbesserung der weltweiten Konjunkturaussichten Unsicherheit bezüglich der Frage hervorgerufen, ob die Zentralbanken den Geldhahn offen lassen oder zudrehen.

Im Gegensatz zur Fed in den USA kaufen die Europäische Zentralbank und die Bank of Japan weiter massiv Anleihen. Es ist nicht davon auszugehen, dass sie ihre Leitzinsen in absehbarer Zeit anheben, weil die Inflation immer noch unter den Zielvorgaben liegt. „Dennoch befürchten die Anleger weiter einen Kollaps der sogenannten Liquiditäts-Supernova und positionieren sich entsprechend“, sagt Greil.

Höhere Anleiherenditen sind ein weiteres mögliches Hindernis. Sollte die Fed die Leitzinsen über die Erwartungen hinaus anheben, könnte sich dies auf die Zinsstrukturkurve auswirken. In diesem Szenario wäre die US-Notenbank gezwungen, ihr 4,5 Billionen US-Dollar schweres Anleihenportfolio nach und nach abzubauen.

In Europa ist das politische Risiko allgegenwärtig und auch in Asien herrschen politische Spannungen, vor allem, da Nordkorea weiter mit dem Säbel rasselt.
Präsident Donald Trump ist ein Quell der weltweiten Unvorhersehbarkeit. Seine Anordnung eines Luftschlags gegen eine Luftwaffenbasis in Syrien macht deutlich, dass jederzeit mit einem militärischen Eingreifen seitens der USA zu rechnen ist. Wenngleich bislang noch wenig von Trumps Protektionismus-Wunschliste umgesetzt wurde, ist das nordamerikanische Freihandelsabkommen weiter in Gefahr, ebenso wie die Handelsbeziehungen zu vielen anderen Ländern.
Positiv ist jedoch, dass viele Anleger einfach nur darauf warten, die passenden Gelegenheiten für ihre Überschussliquidität zu finden. Da die Inflation vermutlich vom Tisch ist, konzentrieren sich die Anleger jetzt auf reale Renditen.
Im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld ist es wichtig, das große Ganze im Blick zu haben: Das Gewinn- und Umsatzwachstum beschleunigt sich, Investitionen nehmen zu und die Produktivität dürfte steigen.

Die meisten Anleihen haben negative reale Renditen erwirtschaftet, weil die Inflation über die Nominalzinssätze gestiegen ist. Das bedeutet, dass sich die sichersten Anleihenklassen mit den niedrigsten Renditen möglicherweise weiter unterdurchschnittlich entwickeln. Merck Finck geht davon aus, dass die wenigen in Frage kommenden Anleihenkategorien die Anleger dazu veranlassen werden, sich Aktien zuzuwenden, weil sich damit immer noch ansehnliche Dividenden erwirtschaften lassen.

Das Risiko-Rendite-Verhältnis stellt sich bei japanischen, europäischen und Schwellenländeraktien am besten dar – die US-Märkte scheinen überteuert zu sein.
Bei Anleihen hingegen ist Vorsicht besser als Nachsicht. Höher rentierliche Unternehmens- und Schwellenländeranleihen haben nach wie vor mehr Potenzial als Staatsanleihen. Gold hat sich mittlerweile aus der Talsohle herausmanövriert. Merck Finck bleibt bei ihrer zuversichtlichen Haltung gegenüber Rohstoffen, die sich sehr gut zu Diversifizierungszwecken eignen.

Der US-Dollar hat trotz des Aufwärtstrends bei den US-Zinssätzen Gegenwind. Es ist hier sinnvoll, das Währungsrisiko zu reduzieren.







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