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29.11.2017 AENGEVELT zum Wohnimmobilienmarkt: Hohe Dynamik, keine Blase

AENGEVELT-RESEARCH analysiert im Rahmen seiner Marktbeobachtungen die Auswirkungen der Dynamik am Wohnimmobilienmarkt in Hinblick auf potenzielle Preisblasen und kommt zu dem Schluss: Wenn aktuell die Gefahr einer Preisblase vermutet wird, dann besteht diese – wenn überhaupt – lediglich für ganz wenige einzelne Teilmärkte, die bereits seit Jahren von einer überdurchschnittlichen Dynamik gekennzeichnet sind.

Dazu Frank Korablin von AENGEVELT-RESEARCH: „Wir analysieren gemeinsam mit unseren DIP-Partnern regelmäßig die Marktentwicklungen in den einzelnen Bundesländern. Dabei stellen wir in den verschiedenen Teilmärkten zwar häufig unterschiedlich starke Dynamiken in Hinblick auf Kauf- und Mietpreisentwicklungen fest. Dahinter stehen aber in der Regel keine drohenden Preisblasen – schon gar nicht für den Gesamtmarkt. Vielmehr zeichnet sich selbst in Märkten wie München, Hamburg oder auch Berlin mit einer im bundesweiten Vergleich höheren Dynamik eher ein Nachholeffekt in Form anziehender Neubautätigkeit und daraus resultierend eines steigenden Preisniveaus ab als eine drohende Blase. Zumal das Erreichen eines Marktgleichgewichts von Angebot und Nachfrage angesichts des anhaltenden Zuzugs und dadurch steigender Haushaltszahlen insbesondere in den Wachstumskernen nicht realistisch ist.“

Die Entstehung von Preisblasen ist durch verschiedene Einflussfaktoren bedingt. AENGEVELT-RESEARCH betrachtet dabei insbesondere die Diskrepanzen zwischen den Kaufpreis- und Mietentwicklungen für Wohnraum unter der Berücksichtigung vermehrter (spekulativer) Bautätigkeit und einer steigenden Risikobereitschaft bei Kreditaufnahmen privater Haushalte zum Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum.

• Die Kaufpreise für Eigentumswohnungen stiegen, wenig überraschend, in den letzten 10 Jahren in allen betrachteten Großstädten. Deutlich ist jedoch der Unterschied hinsichtlich der Preissteigerungen im Neubaubereich zwischen den “BIG Seven“ Berlin, Düsseldorf, Frankfurt/M., Hamburg, Köln, München und Stuttgart (über 70%) und B- und C-Standorten wie bspw. Bremen, Dresden und Karlsruhe (Steigerung um rd. 60%).

• Noch markanter ist der Unterschied im „Wiederverkauf“ von Eigentums-wohnungen: Hier beträgt die durchschnittliche Steigerung in den der BIG Seven über 75%, in den B- und C-Standorten „lediglich“ 47%.

• Die Mietpreise erhöhten sich in den vergangenen 10 Jahren in den betrachteten Märkten (BIG Seven & B- und C-Standorte) insgesamt um 45% in Neubauten, in Bestandsbauten um 37%.

„Diese Diskrepanz zwischen den höheren Kaufpreissteigerungen und den moderater gestiegenen Mietpreisen stellt nicht per se einen Indikator für eine Preisblase dar. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass parallel zu dieser Entwicklung zumindest temporär auch eine Steigerung der Wohneigentumsquoten zu verzeichnen war, d.h. dass der Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum in diesem Zeitraum angezogen hat. Da es im Wohneigentumssegment dabei deutlich weniger regulierte Angebotsbedingungen gibt, konnten die Preise hier schneller steigen als im Mietwohnsegment“, so Frank Korablin.

• Der Anstieg der Baugenehmigungen und Fertigstellungen für Wohnungen (Neubau und Bestand) verläuft ähnlich wie im Vergleich der Miet- und Kaufpreisentwicklungen. Laut Zahlen des Statistischen Bundesamtes hat sich die Anzahl der Baugenehmigungen pro Jahr zwischen 2008 und 2016 mehr als verdoppelt (+115%). Hinsichtlich der Fertigstellungen wurde im gleichen Zeitraum dagegen nur ein Zuwachs um 58% verzeichnet. Dabei wächst die Diskrepanz zwischen Baugenehmigungen und tatsächlichen Fertigstellungen weiter an. Ungeachtet der Tatsache, dass genehmigte Wohnhäuser selten im gleichen Jahr fertiggestellt werden, betrug im Jahr 2016 die Differenz aus genehmigten (375.000 WE) und fertiggestellten Wohnungen (278.000 WE) nahezu 100.000 Einheiten.

Dazu Frank Korablin: „Die Frage nach „spekulativem“ Wohnungsbau als Blasen-Indikator lässt sich allein durch die zunehmenden Bautätigkeiten nicht abschließend beantworten. Zwar zeigt der generelle Trend nach oben, jedoch konzentriert sich eine große Zahl der Bautätigkeiten auf Großstädte sowie B- bzw. C-Standorte, welche durch die zunehmende Urbanisierung ohnehin vermehrt auf Wohnungsbau setzen. Dass es sich im Neubaugeschäft um reine Spekulationsbauten handelt, können wir für die überwiegende Mehrheit der Neubauten nicht attestieren, zumal gerade in B- und C-Standorten vermehrt auch in Bestandsgebäude investiert wird.“

• Die Entwicklung von Wohnungsbaukrediten gesellt sich zum allgemeinen Aufwärtstrend hinzu: Zwar stiegen die Wohnungsbaukredite privater und institutioneller Kreditnehmer lt. Bundesbank in der Summe von rd. EUR 132 Mrd. in 2007 auf rd. EUR 210 Mrd. in 2016. Gleichzeitig erhöhten sich indessen u.a. aufgrund des günstigen Zinsumfeldes auch die Anfangstilgungsraten (Ø Anfangstilgung: 2009 mit 1,9% / 2015 mit 3,1%). Gleichzeitig fällt positiv fällt auf, dass die Fremdmittelquote bei Privatkäufen von Eigentumswohnungen von durchschnittlich 83% in 2009 auf 76% in 2015 gesunken ist (lt. Gutachten Wirtschaftsfaktor Immobilien 2017).

„Die vorliegenden Zahlen untermauern, dass private Haushalte in Deutschland gerne Wohneigentum besitzen möchten und dabei das günstige Zinsumfeld nutzen wollen. Ein Umstand, der durch die relativ hohen Sparquoten in Deutschland gestützt wird. Negativ muss indessen angemerkt werden, dass hierbei eine Diskrepanz zwischen den eher geringfügig steigenden Nettohaushaltseinkommen und den stärker steigenden Kaufpreisen besteht. Die Folge: Viele Menschen möchten Eigentum erwerben, können dies trotz der günstigen Zinsen jedoch nicht, da die Preise im Vergleich zu den Einkommen unverhältnismäßig stark steigen“, so Frank Korablin weiter.

Fazit:

Die steigende Zahl der Baugenehmigungen und Fertigstellungen ist einerseits dem lange bekannten Trend der Urbanisierung geschuldet, andererseits werden die Bautätigkeiten durch das niedrige Zinsumfeld begünstigt. So wird mehr Wohnraum geschaffen, der indessen oftmals in den höheren Preissegmenten liegt und zur allgemeinen Verteuerung der Miet- und Eigentumsmärkte führt.

„Durch die günstige Zinslage wurden seitens der EZB Anreize geschaffen, vermehrt in Wohnraum zu investieren. Das begünstigt zweifelsfrei den Wohnungsneubau. Andererseits führt der Schwerpunkt der Bautätigkeit in den höherpreisigen Segmenten dazu, dass der neue Wohnraum für viele nicht bezahlbar ist“, fasst Frank Korablin zusammen und ergänzt: „Wenn private Haushalte Wohneigentum bauen oder kaufen wollen, es sich aber nicht leisten können, weil der Preistrend nicht annähernd mit den Einkommen der Haushalte korreliert, ist das falsch und führt nicht zu einer Entspannung der Märkte. Leider ist ein Ende der Entwicklung aktuell nicht in Sicht. Tatsächlich hängt viel davon ab, wie lange die Märkte durch das Zinsniveau begünstigt werden. Spätestens bei einer Kehrtwende der Zinspolitik wird sich zeigen, ob und in welchem Umfang es zu einer Blase kommen kann.“

Grundsätzlich kommt Korablin nach aktuellen Analysen der DIP-Märkte in Hinblick auf die Gefahr einer Preisblase zu dem vorläufigen Ergebnis, dass die „Vorboten“ bzw. Bedingungen einer Blase ungeachtet der teilweise enormen Preisentwicklung in Teilmärkten und der steigenden Zahl an Wohnungsbaukrediten nicht erfüllt sind.






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