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20.04.2021 Grunderwerbsteuerreform diskriminiert börsennotierten Mittelstand

Am 14. April 2021 hat der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen die Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes beschlossen. Die Gesetzesänderung, die zum 1. Juli 2021 in Kraft treten soll, enthält auch eine Reform sog. Share Deals, welche in der Vergangenheit mitunter zur Steuerumgehung eingesetzt wurden. Grunderwerbsteuer soll künftig auch dann ausgelöst werden, wenn innerhalb von 10 Jahren mehr als 90% der Anteile an einer Kapitalgesellschaft den Eigentümer wechseln. Eine Börsenklausel soll jedoch verhindern, dass Grunderwerbsteuer auch bei börsennotierten Gesellschaften anfällt, da bei diesen der (ständige) Eigentümerwechsel der Normalfall ist und daher durch den Börsenhandel laufend Grunderwerbsteuer ausgelöst würde, ohne dass ein klassischer Steuerumgehungstatbestand vorliegt.

Die Aufnahme einer Börsenklausel ist ausdrücklich zu begrüßen, da sie auf sachgerechten Erwägungen beruht. Trotz vielfältiger Initiativen und Stellungnahmen während des Gesetzgebungsverfahrens sind mittelständische Unternehmen, die im Freiverkehr notiert sind, weiterhin von der Börsenklausel nicht erfasst. Dies betrifft insbesondere alle Unternehmen aus den Segmenten Scale der Deutschen Börse AG, m:access der Börse München und dem Primärmarkt der Börse Düsseldorf.

Der Interessenverband kapitalmarktorientierter KMU e.V. sieht darin eine nicht zu rechtfertigende mehrfache Diskriminierung des den Freiverkehr prägenden börsennotierten Mittelstandestandes und seiner Investoren:

• einer Diskriminierung von Unternehmen des Freiverkehrs gegenüber Unternehmen des regulierten Marktes ohne sachlichen Grund,

• einer Diskriminierung von Immobilienunternehmen gegenüber Emittenten anderer Branchen,

• einer Diskriminierung von Emittenten mit betriebsnotwendigen Immobilien („Betriebsgelände“) gegenüber Emittenten ohne Immobilienbesitz,

• einer Diskriminierung deutscher mittelständischer Unternehmen gegenüber ausländischen Mittelständlern,

• einer Diskriminierung von Investoren in Freiverkehrswerte gegenüber Investoren in Werte des Regulierten Marktes

• und damit im Ergebnis eine Diskriminierung der Kapitalmarktfinanzierung gegenüber anderen Finanzierungsformen.

„Grundstückbesitzende Kapitalgesellschaften gehen an die Börse - gleich ob in den Freiverkehr oder in den Regulierten Markt – mit dem Zweck der Unternehmensfinanzierung und nicht, dass Investoren eine Grunderwerbsteuer umgehen können. Das gilt gleichermaßen für den Regulierten Markt wie auch für den Freiverkehr. Steuerrechtlich ist eine Gleichbehandlung beider Segmente somit dringend geboten“, so Ingo Wegerich, Präsident des Interessenverbandes kapitalmarktorientierter KMU e.V. und Partner der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft.

Denn die Grunderwerbssteuer ist eine Verkehrssteuer. Sie würde so durchs Hintertürchen zu einer Substanzsteuer. Deswegen werden grundbesitzende mittelständische Unternehmen zukünftig den Kapitalmarkt meiden. Bereits notierte grundbesitzenden Unternehmen werden ihren Grundbesitz veräußern bzw. ihre IR-Tätigkeiten einstellen, um Börsenumsätze und Liquidität drastisch zu verringern. Anleger verlieren eine wichtige Assetklasse und zwangs-läufig auch das Interesse am Freiverkehr, worunter auch die nicht-Immobilien Emittenten leiden würden. Dadurch wäre die Reputation des Freiverkehrs in Deutschland nachhaltig beschädigt und das europäische Ziel einer Kapitalmarktunion und mit ihr insbesondere die Förderung des Kapitalmarktzuganges für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) würde durch eine deutschen Grunderwerbsteuer-Umgehungstatbestand unterminiert.







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