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21.06.2021 Berlin: Kritik an Verschärfung des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes

Das dritte Gesetz zur Änderung des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes in Berlin sieht weitere Verschärfungen vor. Darunter eine Ausweitung der Registrierungspflicht auf gewerbliche Ferienunterkünfte. Ein digitales und unbürokratisches Registrierungsverfahren für Gastgeber und Homesharer wird es jedoch weiterhin nicht geben. Grundsätzlich bezweifelt der Deutsche Ferienhausverband, ob das Zweckentfremdungsverbotsgesetz die eignete Maßnahme ist, um ausreichend Wohnraum zu schaffen und kritisiert die verpassten Chancen für den Städtetourismus und eine Kompromisslösung für alle Beteiligten.

„Dass die Chance verpasst wurde, ein bürgerfreundliches, digitales Verfahren einzuführen, das eine unkomplizierte, schnelle und kostengünstige Registrierung und Genehmigung von Ferienwohnungen ermöglicht, ist für uns nicht nachvollziehbar“, sagt Michelle Schwefel, Geschäftsstellenleiterin des Deutschen Ferienhausverbands. Das Gesetz sieht die Möglichkeit eines digitalen Prozesses lediglich für die Registrierung von gewerblichen Angeboten vor, nicht aber für private Ferienwohnungen und Homesharer. „Wir sind der Meinung, dass ein effizientes Registrierungssystem zum einen die Akzeptanz bei den Anbietern stärkt und zugleich die Verwaltung entlastet.

Die vorgesehene Ausweitung der Registrierungspflicht auf gewerbliche Ferienunterkünfte ist zudem ein Hauptkritikpunkt des Verbandes „Das Zweckentfremdungsverbotsgesetz wurde eingeführt, um Wohnraum zu schützen. Eine Ausweitung des Gesetzes auf gewerbliche Ferienwohnungen oder Apartments, die explizit für den Zweck der Vermietung an Feriengäste vorgesehen sind, geht über den eigentlichen Anwendungsbereich hinaus“, sagt Schwefel. „Gewerbliche Räume sind kein Wohnraum und können damit auch nicht zweckentfremdet werden. Damit dürfen die Anbieter auch nicht in die Pflicht genommen werden, eine Registrierungsnummer anzuzeigen.“

Rechtliche Bedenken äußert der Deutsche Ferienhausverband bezüglich der Auskunftspflichten der Diensteanbieter. Diese gehen deutlich über das hinaus, was das Telemediengesetz zulässt. Diensteanbieter sind demnach zwar dazu verpflichtet, zur Ermittlung bei Straftaten oder bei der Abwendung von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung Auskunft zu erteilen. Bei einem Verstoß gegen das Zweckentfremdungsgesetz handelt es sich jedoch um eine Ordnungswidrigkeit. „Es ist fraglich, ob ein Verstoß gegen das Zweckentfremdungsverbotsgesetz eine Auskunftspflicht rechtfertigt“, sagt Schwefel. Und auch die Verpflichtung für Plattformen, die Gültigkeit von Registrierungsnummern pro-aktiv zu prüfen, sieht der Verband kritisch, weil dies gegen bundesdeutsches und EU-Recht verstößt.

Der Verband kritisiert die weitreichenden Eingriffe in Grundrechte durch ein Zweckentfremdungsgesetz. So fehlt immer noch ein Bestandsschutz für Ferienwohnungen. Das OVG Berlin/Brandenburg hatte bereits im April 2017 bezweifelt, dass das Zweckentfremdungsgesetz so verfassungskonform ist. Eine finale Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht steht noch aus. „Der Senat hätte für Rechtssicherheit sorgen können, indem er einen umfassenden Bestandsschutz in das Gesetz integriert“, so Schwefel weiter. „Eine weitere verpasste Chance.“

Dabei ist anzuzweifeln, ob ein Zweckentfremdungsverbot von Kurzzeitvermietungen überhaupt ein geeignetes Mittel ist, um langfristig Wohnraum für alle zu schaffen. „Wir glauben nicht, dass das Zweckentfremdungsverbotsgesetz geeignet ist, eine signifikante Entspannung auf den Wohnungsmarkt herbeizuführen. Der Anteil von Ferienwohnungen am Gesamtwohnungsmarkt liegt unter einem Prozent. Sieben Jahre seit Einführung des Gesetzes haben nicht dazu beigetragen, den Mangel an bezahlbaren Wohnraum zu beheben. Im Gegenteil. Die Mieten steigen weiter, weil es an Neubauten fehlt und die Bevölkerung weiterwächst.“

Ein Gesetz muss sich auch an seiner Wirksamkeit messen lassen. Eine evidenzbasierte Untersuchung des Einflusses von Ferienwohnungen und Homesharing auf den Berliner Wohnungsmarkt und der Auswirkungen des Gesetzes ist daher dringend geboten. „Für viele Reisende ist die Ferienwohnung zu Zeiten von Corona, die einzig sichere Unterkunftsform. Berlin sollte Ferienwohnungen und Homesharing nicht nur als Bedrohung begreifen, sondern auch als Chance“, sagt Schwefel. "Der Tourismus ist die treibende Wirtschaftskraft in Berlin, die auch Einzelhandel, Gastronomie, Kultur- und Klubszene beflügelt. Nach langen Monaten des Lockdowns können Ferienwohnungen zur Wiederbelebung des stark gebeutelten Städtetourismus beitragen. Doch statt die Potenziale für den Tourismus zu erkennen, wird weiter reglementiert. Uns ist es wichtig, einen Interessensausgleich, einen echten Kompromiss für alle Beteiligten, Mieterinnen und Mieter, Eigentümerinnen und Eigentümer, Homesharer und Berlin-Gäste zu finden. Wir halten einen solchen Kompromiss für machbar, der die Interessen der bestehenden Ferienwohnungsvermieter berücksichtigt, Homesharing ermöglicht und der dennoch Wildwuchs und einen ausufernden Neuzuwachs von Zweckentfremdung wirksam einschränkt.“






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