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23.09.2021 Staatsrechtler Battis: Enteignungs-Volksentscheid nicht umsetzbar

Sollte beim Volksentscheid am Sonntag eine Mehrheit für die Enteignung großer Wohnungsbestände in Berlin stimmen, wäre das Vorhaben nicht umsetzbar. Denn der zur Abstimmung stehende Beschluss steht in weiten Teilen im Widerspruch zum Grundgesetz und zur geltenden Rechtsprechung in Deutschland. Zu diesem Ergebnis kommt ein neues Rechtsgutachten, das der Berliner Staatsrechtler Ulrich Battis im Auftrag des Vereins „Neue Wege für Berlin“ erstellt hat. Der Verein ist ein parteiübergreifender Zusammenschluss von engagierten Berlinerinnen und Berlinern, der sich für Neubau und bezahlbare Mieten einsetzt.

„Es bestehen gewichtige rechtliche Zweifel an der Umsetzbarkeit eines positiven Volksentscheids. Die von der Initiative geforderte Vergesellschaftung wäre ein unverhältnismäßiger Eingriff in privates Eigentum und verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil nur Wohnungsbestände ab einer Schwelle von 3.000 Wohnungen vergesellschaftet werden sollen. Dem Land Berlin fehlt außerdem die Gesetzgebungskompetenz für ein Enteignungsgesetz, und die zur Finanzierung geplante Kreditaufnahme durch eine Anstalt öffentlichen Rechts wäre eine unzulässige Umgehung der Schuldenbremse“, erklärt Ulrich Battis, emeritierter Professor an der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin und Rechtsanwalt in der Kanzlei GSK STOCKMANN.

Udo Marin, Vorstand des Vereins „Neue Wege für Berlin“, kommentiert: „Enteignung führt auf einen politischen und wirtschaftlichen Irrweg. Das Gutachten von Ulrich Battis zeigt nun auch deutlich, dass ein Gesetz zur Enteignung von Wohnungseigentümern auch vor den Gerichten zum Scheitern verurteilt ist. Der Neubau ist und bleibt der wichtigste Hebel gegen hohe Mieten in Berlin. Wir fordern den Bau von 100.000 Wohnungen mit Mieten bis maximal 10 Euro nettokalt bis zum Jahr 2030.“

Aktuelle Civey-Umfrage im Auftrag von „Neue Wege für Berlin e.V.“

In seinem insgesamt 90 Seiten umfassenden Gutachten geht Battis der Frage nach, ob die Eckpunkte des Volksentscheids die verfassungsrechtlichen Anforderungen an ein Vergesellschaftungsgesetz erfüllen. Dazu untersucht das Gutachten die Einhaltung der geltenden Rechtsprinzipien der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns und der Gleichheit vor dem Gesetz, die Vereinbarkeit mit dem EU-Recht, die Frage der Gesetzgebungskompetenz, die Vereinbarkeit mit der Schuldenbremse sowie die geforderte Entschädigung unterhalb des Verkehrswertes. „Es ist ein legitimes Ziel, die Stadtbevölkerung mit Wohnraum zu leistbaren Mieten zu versorgen. Allerdings lässt sich der Beschluss durch den Berliner Senat kaum verfassungskonform umsetzen, sollte es am Sonntag einen positiven Volksentscheid geben.

Die Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner steht einer Enteignung von Wohnungsunternehmen und -genossenschaften ohnehin kritisch gegenüber. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag des Vereins „Neue Wege für Berlin“. Demnach halten nur 23 Prozent der Befragten die Enteignung für ein geeignetes Instrument, um die Situation für Mieter und Wohnungssuchende in Berlin zu verbessern. 68 Prozent halten den Neubau bezahlbarer Wohnungen für das beste Instrument. Civey hat insgesamt 506 Berlinerinnen und Berliner vom 16. bis 22. September befragt.

„Diese aktuelle Umfrage zeigt nur wenige Tage vor dem Volksentscheid, dass eine Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner die Situation auf dem Wohnungsmarkt sehr realistisch und mit gesundem Menschenverstand einschätzt. Das haben sie manchen in der Politik voraus“, sagt Marin.






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