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11.11.2021 Gericht schränkt Vorkaufsrechte in Berliner Milieuschutzgebieten ein

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 9. November 2021 beendet die bisher in Berlin übliche Praxis der Ausübung von Vorkaufsrechten nach dem Baugesetzbuch. Bislang begründeten die Bezirksämter deren Anwendung in Gebieten mit sozialer Erhaltungssatzung oft allein mit möglichen negativen städtebaulichen Folgen und deren Auswirkungen auf die Bevölkerungszusammensetzung. „Der Verdacht, Mieter könnten in Folge des Eigentümerwechsels zum Auszug genötigt sein, genügte, um mit öffentlichen Geldern in den Kaufvertrag einzutreten“, sagt Uwe Bottermann von der Kanzlei Bottermann:Khorrami. „Das ist zukünftig nicht mehr statthaft.“

Für Uwe Bottermann war das Urteil des BVerwG erwartbar. Die Entscheidung sei auf einer Linie mit den zivilgerichtlichen Entscheidungen in Berlin. „Hier hatten sowohl das Landgericht Berlin als auch das Kammergericht sich bereits frühzeitig ähnlich geäußert“, sagt der Anwalt. „Das hat aber die Verantwortlichen in den Berliner Bezirken nicht davon abgehalten, die Vorkaufspolitik weiter zu verfolgen und zu intensivieren, trotz der gewichtigen Gegenargumente, die übrigens auch die Berliner Verwaltungsgerichte als solche anerkannten.“

Aus Sicht des Juristen ist es bedauerlich, dass in der Zwischenzeit viele Vorkaufsfälle bestandskräftig geworden sind, weil Erwerber vor langwierigen Gerichtsverfahren zurückschreckten, oder sich die Käufer ohne Rechtsgrund per Abwendungsvereinbarung zum Verzicht auf Eigentümerrechte verpflichtet haben.

Bottermann, der seit 2017 ca. 40 Vorkaufsfälle begleitet hat, sieht allerdings ein erhebliches Potenzial bei möglichen Widerrufen. „Wo die Widerspruchsfristen noch laufen, wird mehrheitlich und mit hoher Erfolgsaussicht dem Vorkauf widersprochen werden. Denn in der Regel haben die Bezirke bei der Begründung allein auf den Erhalt der Bevölkerungszusammensetzung verwiesen und hier greift das jüngste Urteil.“ Etwas anderes seien die Fälle mit Begründungen, die beispielsweise auf konkrete bauliche Veränderungen zielen. Hier gelte: „Je konkreter die Begründung, um so spezieller ist der Fall.“

Mit der Frage der Abwendungsvereinbarungen und ihrer Rechtswirkung werden sich die Gerichte nach Auffassung von Bottermann noch einmal beschäftigen müssen: „Auf dem Papier sind das freiwillige Verpflichtungen, die erst einmal weitergelten. Allerdings ist die Grundlage, auf der sie zustande gekommen sind, nun deutlich in Frage gestellt.“








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