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06.11.2024 Was bedeutet die US-Wahl für die deutsche Immobilienwirtschaft?

Prof. Dr. Tobias Just, FRICS, Universität Regensburg und IRE|BS Immobilienakademie
Die USA haben gewählt, und der 47. Präsident wird Donald Trump heißen. Aus dem prognostizierten Wimpernschlagzieleinlauf ist ein fast schon überraschend deutlicher Sieg der Republikaner geworden. Die Gründe hierfür und die sonstigen geopolitischen Auswirkungen dieser Wahl sollen die Politikwissenschaftler, Soziologen, Geostrategen, Militär- und Technikexperten analysieren. In diesem Standpunkt geht es ausschließlich um die möglichen Implikationen für die heimischen Immobilienmärkte, und auch hier wird nur ein Ausschnitt gezeigt, da aus dem geweiteten Szenarientrichter ein eher vorsichtiger Raum direkter Rückwirkungen entnommen wird.

Natürlich ist selbst dies zum aktuellen Zeitpunkt ausschließlich aus den Ankündigungen und vermuteten Politikschwerpunkten, die aus dem weave, wie Donald Trump seine mäandernden Ausführungen bezeichnet, vor allem aber aus der Zusammenstellung seines engen politischen Beraterkreises herausgelesen. Es ist eher eine Prognose für eine Prognose.

Sicher dürfte aber sein, dass die zweite Trump-Administration besser vorbereitet sein wird und weniger Zeit mit der eigenen Sortierung verloren gehen wird. Dies ist keine gute Nachricht für Deutschland, aber es ist keineswegs nur eine schlechte Nachricht, denn es ermöglicht eben auch der EU und Deutschland, vorbereitet zu sein.

Wenn man die Implikationen strukturieren möchte, könnte man mit Auswirkungen auf die wichtigsten Treiberfaktoren für die Immobilienmärkte anfangen. Dies sind typischerweise Einkommen, Zinsen, Demografie und – über die Kostenentwicklung – die Fertigstellungszahlen. Das Einkommenswachstum in Europa und insbesondere Deutschland dürfte durch zwei Effekte jenseits der steigenden Unsicherheit, weil man

den stabileren Verhandlungspartner durch einen spontaneren Partner ersetzt sieht, elastet werden: Zum einen hat Trump deutliche Zollerhöhungen angekündigt, was nicht nur China treffen wird, sondern auch Europa. Europa wird mit eigenen Gegenzöllen ntworten, und dies wird schnell erfolgen, weil man ja recht gute Erfahrungen mit diesem Instrument gemacht hat. Doch insgesamt wirkt der Zollwettbewerb für den internationalen Handel und damit die Effizienz der Güterallokation schädlich.

Das trifft gerade ein Land, das auf Exporte ausgerichtet ist. Zum anderen wird sich Europa in militärischer Hinsicht unabhängiger aufstellen müssen, was sehr viel Zeit und Geld kosten wird. Die Friedensdividende ist damit wohl endgültig futsch. Äußere Sicherheit ist wichtig, doch die Ausgaben hierfür stehen für andere Zwecke nicht zur Verfügung. Diese Ausgaben werden wahrscheinlich über gut begründete zusätzliche Schulden finanziert werden müssen, und damit sind wir bei Punkt zwei: Der Abwärtssog der Zinsen wird nun wohl geringer ausfallen als gehofft, weil höhere Ausgaben und ein höherer Inflationsdruck in den USA und Europa das Zinssenkungspotenzial mindern. Dies muss nicht gleich steigende Zinsen bedeuten, aber es ist ein Belastungsfaktor mehr. Weniger Zinssenkung und weniger Einkommenszuwächse schmälern das Transaktionspotenzial in allen Assetklassen. Wahrscheinlich wird der Fokus eher noch stärker auf Core-Segmente gelegt werden. Ein zügiges Nacheifern der eher laxeren, erwartbaren US-Klimapolitik ist für Europa nicht zu erwarten, da für sind die Regelwerke zu weit durch die europäischen Verwaltungsinstitutionen geschritten. Dies lässt sich allenfalls (sic!) langfristig rückabwickeln. Grün bleibt also auch in den nächsten Jahren ein Kernelement von Core.

Drittens dürfte eine Lehre aus dem Wahlkampf in den USA sein, dass Migrationsthemen zumindest mitentscheidend für diese Wahlergebnisse waren. Europäische Parteien werden sich also auf Wahlkämpfe einlassen müssen, die dieses Thema direkt adressieren, und dies dürfte mittelfristig dazu führen, dass die Nettozuwanderung eher sinkt (aber nicht rückläufig wird). Dies mindert den Druck auf die Kernstädte, die Wohnungsmieterhöhungspotenziale werden etwas geringer ausfallen. Doch Mietsenkungen sind nicht zu erwarten, da das Fertigstellungsniveau natürlich

auch nach der US-Wahl zu niedrig bleibt. Immerhin könnte diese Entwicklung dazu führen, dass das zuvor beobachtete Wandern in die Umland gemeinden der Ballungszentren etwas gedrosselt, nicht aber umgekehrt, wird.

Viertens wird dieser Cocktail eben das Fertigstellungsvolumen nicht steigen lassen, und weil die Bundesregierung sowie die Europäische Kommission in den nächsten Monaten sehr wichtige globale Probleme zu lösen haben, ist mit einem starken wohnungspolitischen Wahlkampffokus und Subventionsfokus nicht zu rechnen. Es gibt nun aktuell einfach wichtigere Themen, auch wenn gerade erschwingliches Wohnen ein zentrales soziales Problem bleibt. Dies macht ordnungspolitische Eingriffe à la Mietenregulierung eher als „Weiße-Salbe-Politik“ wahrscheinlicher.

Zusätzlich gilt für die zweite Trump-Administration, dass sie wahrscheinlich einen viel stärkeren Deregulierungsfokus und Technikfokus haben wird, vorausgesetzt das Beratergremium, das wir in den letzten Monaten kennengelernt haben, bleibt in dieser Form stabil. Dies könnte die Wettbewerbsfähigkeit der USA stärken, wenngleich es auf wenige Sektoren beschränkt sein dürfte. Dies könnte aber internationale Kapitalflüsse in die USA zu Lasten von Flüssen nach Europa lenken. Das gilt auch für Immobilientransaktionen. Es wäre dann zu vermuten, dass die internationalen Investitionen und Finanzierungsflüsse eher und kräftiger anspringen als die heimischen.

Abschließend ließe sich zusammenfassen, dass die US-Wahl eher mehr Herausforderungen für die Immobilienwirtschaft bedeutet als weniger. Doch die politischen Institutionen in den USA sind durch ein Netzwerk aus Checks and Balances gekennzeichnet, die Kapitelmärkte scheinen dies einzupreisen, die Ausschläge gehen zwar in die erwartete Richtung, aber sie fallen bisher eher moderat aus. Doch mit hoher Volatilität ist für die nächsten Jahre zu rechnen, da schnelle und schwer vorhersehbare Entscheidungen in Washington wahrscheinlich bleiben, und einige Entscheidungen könnten wahrlich globale Auswirkungen haben. Höhere Unsicherheit ist zwar häufig gut für Immobilienmärkte, weil viele Menschen in Immobilien eine sichere Anlage sehen. Doch dies gilt nur dann, wenn die Fundamentalfaktoren (siehe oben) nicht massiv gestört werden.

(Kommentar von Prof. Dr. Tobias Just, FRICS, Universität Regensburg und IRE|BS Immobilienakademie)






















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