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12.06.2014 Bundesregierung muss handeln, sonst scheitert die Energiewende

Der DDIV als Spitzenverband der Verwalterbranche fordert erneut die Einführung einer Sanierungs-AfA und regt an, die geplante Befristung der Modernisierungsumlage fallen zu lassen. Gleichzeitig sollten Landes- und Hausbanken flächendeckend KfW-Kredite besser durchreichen. Das sind nur einige Schlussfolgerungen des DDIV, die auf einer Umfrage des DDIV zur energetischen Sanierung in Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) basieren. Die Ergebnisse wurden heute erstmals im Rahmen eines Fachsymposiums vor rund 200 Gästen in Berlin vorgestellt.

Eine bundesweite Veranstaltungsreihe von DDIV und KfW zur energetischen Sanierung in Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG), die heute in Berlin ihren Auftakt erfuhr, soll informieren und aufklären – und das ist dringend notwendig. Denn eine Umfrage des DDIV zusammen mit der KfW belegt deutliche Umsetzungsprobleme bei energetischen Sanierungen in WEG.

„Dreh- und Angelpunkt bei energetischen Sanierungen in WEG sind Haus- und Immobilienverwalter. Diese müssen qualifiziert und informiert sein, um langwierige, komplexe Sanierungsprozesse anzustoßen und professionell zu begleiten. Das belegt die Umfrage deutlich“, so Martin Kaßler, Geschäftsführer des DDIV, bei der Präsentation der Ergebnisse.

Nur jede zweite Hausverwaltung mit energetischer Sanierung befasst
Die Umfrage des DDIV bestätigt die geringe Sanierungsbereitschaft von WEG: lediglich 52 % der knapp 300 Hausverwaltungen, die an der Umfrage teilnahmen, führten im letzten Jahr energetische Sanierungen in WEG durch. Große Verwaltungsunternehmen mit mehr als 3.000 Einheiten waren zu 75 % in Sanierungsprozesse eingebunden und übernahmen dabei eine Vorreiterrolle.

Die Sanierungsquote der befragten Hausverwaltungen liegt bei 0,8 % und ist damit deutlich unter der, für eine erfolgreiche Energiewende vorgesehenen Quote von 2 %. Berücksichtigt man die lange Dauer von WEG-Sanierungen sowie den 90-prozentigen Anteil an Teilsanierungen, sinkt die Sanierungsquote noch deutlich unter der von Experten geschätzten 0,6 %. Auch die Vermutung, dass an der Umfrage vorwiegend sanierungsinteressierte Unternehmen teilnahmen, lässt auf äußerst geringe Aktivitäten in der Praxis schließen. Um das Sanierungstempo in den bundesweit 1,8 Millionen Eigentümergemeinschaften mit mehr als 9,3 Millionen Wohnungen zu erhöhen, sind Politik und Fördermittelgeber zum Handeln gezwungen. „Andernfalls scheitert die Energiewende im Gebäudebereich“, so Kaßler weiter.

Ein vielversprechender Ansatz ist die Einführung der oft diskutierten Sanierungs-AfA. Zwei Drittel der befragten Verwaltungen sind überzeugt, dass diese die WEG-Sanierungsquote spürbar erhöhen würde. Vor dem Hintergrund, dass die größten Sanierungshemmnisse in der Finanzierung und Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen gesehen werden, schafft eine Sonder-AfA wirksame Anreize für Eigentümer. „Die Bundesregierung sollte ernsthaft darüber nachdenken dieses Förderinstrument anzuwenden. Zudem sind die aktuellen Darlehenssätze auf einem historischen Tief. Beides gemeinsam könnte einen Sanierungsboom auslösen. Das hilft gleichermaßen der Klimawende wie auch der Bauwirtschaft, letztlich aber auch Eigentümern und Mietern“, ist sich DDIV-Geschäftsführer Kaßler sicher.

Eigentümer mit Sanierung oft finanziell überfordert
Die Ursachen für die niedrige Sanierungsquote sind vielschichtig: Am häufigsten scheitern WEG-Sanierungen an finanziellen Hemmnissen. 86 % der befragten Hausverwalter sind überzeugt, dass Modernisierungen und Umbauten Eigentümer wirtschaftlich überfordern. Da Instandhaltungsrücklagen oft nicht ausreichend vorhanden sind, müssen Sonderumlagen oder Kredite in Anspruch genommen werden. Letztere sind für WEG und besonders ältere Wohnungseigentümer am Markt schwer erhältlich.

Probleme ergeben sich ebenfalls aus dem Bankendurchleitungsprinzip, mit dem Hausbanken KfW-Förderungen ausreichen. Noch immer lehnen zahlreiche Banken WEG-Anträge ab, da sich die teilweise geringen Fördersummen von Einzeleigentümern nicht rechnen und ausgereichte Provisionen nicht den Vorstellungen der Banken entsprechen. „Wir plädieren dafür, dass Landesbanken und -förderinstitute KfW-Kredite deutlich besser durchreichen und als Bürgen für einzelne WEG auftreten. Das ist machbar und wird u. a. bereits in Baden-Württemberg praktiziert“, so Kaßler.

Aus Sicht der Eigentümer spielt das Wirtschaftlichkeitsprinzip eine zentrale Rolle. Eigentümer sanieren nur, wenn es sich finanziell darstellen lässt. Über zwei Drittel der befragten Verwalter gehen davon aus, dass Eigentümer wegen zu geringer Energieeinspareffekte, 60 % wegen eines zu geringen Mehrwertes, Abstand von energetischen Sanierungen nehmen. Gerade bei vermieteten Eigentumswohnungen kommen erzielte Energieeinsparungen nur dem Mieter zu Gute. Vermietende Eigentümer sehen damit kaum einen Gewinn in der Durchführung von Modernisierungen. Dies wird der geplante Eingriff in das Mietrecht noch verstärken, wenn wie im Koalitionsvertrag beabsichtigt, die Umlage der Modernisierungskosten gekürzt und begrenzt werden soll. „Die Bundesregierung ist gut beraten, die angekündigte zeitliche Befristung der Modernisierungsumlage nach reiflicher Beratung fallen zu lassen“, so der DDIV-Geschäftsführer.

Auch erachten 61 % der befragten Verwalter selbst den Prozess einer energetischen Sanierung als zu komplex, 58 % kritisieren fehlende Anreize, Sanierungen zu initiieren. Oftmals seien Eigentümer nicht bereit, den massiven zeitlichen und finanziellen Mehraufwand der Verwaltungen entsprechend zu vergüten. Lediglich 49 % der Hausverwaltungen werden zusätzlich vergütet. Darüber hinaus halten 42 % fehlendes Fachwissen seitens der Verwaltungen für hinderlich.

Energiewende im Bestand nur über Einzelmaßnahmen erreichbar – Förderungen müssen an Praxis angepasst werden
Die befragten Unternehmen bestätigen, dass nur 10 % der energetischen Sanierungen Vollsanierungen sind. Zu 90 % werden Teilsanierungen durchgeführt. Damit wird deutlich, dass Energieeffizienz und -einsparung im WEG-Bestand langfristig nur über die Kombination verschiedener Einzelmaßnahmen erreicht werden können. Davon profitieren besonders Eigentümer, da die Kosten geringer ausfallen und sich in der Gesamtbetrachtung über einen längeren Zeitraum verteilen lassen. Für Fördermittelgeber allerdings hat dies zur Folge, dass sich die Programme zukünftig noch stärker an der Praxis ausrichten müssen, um die Zielgruppe zu erreichen. So ist für WEG zu erwarten, dass weiterhin vorwiegend Einzelmaßnahmen mit vergleichsweise kleinen Investitionssummen je Eigentümer realisiert werden. Dies führt zur Annahme, dass auch die Nachfrage nach großen Krediten sinkt und zunächst eher kurzfristige Finanzierungen gefragt sind. Es ist daher zu prüfen, ob beispielsweise die KfW ihre Fördertöpfe für Einzelmaßnahmen aufstockt und sich noch stärker darauf fokussiert.

52 % der Hausverwaltungen kennen KfW-Förderprogramme nur unzureichend – geringe Abnahme ist die Folge
Grundlage für die Nutzung von Förderprogrammen ist entsprechendes Wissen. Über die Hälfte der befragten Hausverwaltungen sind über die Förderprogramme der KfW aber immer noch unzureichend informiert. Ein ähnlich hoher Anteil (54 %) nahm daher die Mittel der KfW bisher noch nie in Anspruch. Kamen diese jedoch zum Einsatz, erleichterte oder ermöglichte die Förderung für drei Viertel der Hausverwaltungen entsprechende WEG-Sanierungsvorhaben.

Altersgerechter Umbau in WEG bisher ohne Relevanz
Keine Rolle bei WEG und Hausverwaltungen spielt derzeit der altersgerechte Umbau, befanden über zwei Drittel der Verwalter. Dazu passt, dass das KfW-Förderprogramm 159 „Altersgerecht Umbauen – Kredit“, bisher von keinem der an der Umfrage teilgenommenen Unternehmen in Anspruch genommen wurde. Gleichzeitig wird „altersgerechtes Wohnen“ nur zu 6 % als Motivation für Eigentümer eingestuft – noch hinter dem Klimaschutz mit 7 %.

Vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft hat dies gravierende Folgen. Gerade im Hinblick auf einen geschätzten Bedarf von 3 Mio. barrierefreien Wohnungen bis 2020 sind Überlegungen anzustellen, wie WEG in derartige Prozesse intensiver einbezogen werden.

Die Umfrage zeigt einmal mehr, dass der Weg zu einem klimaneutralen Gebäudebestand und altersgerechten Umbau nur über die Mitarbeit des Immobilienverwalters als zentrale Instanz möglich ist. Allein der Gesamtbestand von 9,3 Mio. Eigentumswohnungen – das sind mehr als viermal so viele Wohnungen wie kommunale Unternehmen und damit knapp 25 % aller Wohnungen in Deutschland – rechtfertigt diese Sichtweise. Die Verwalter müssen daher schnellstens in die Lage versetzt werden, gesellschaftspolitische Vorgaben anzunehmen und gemeinsam mit den Eigentümergemeinschaften diese im Kontext des Wirtschaftlichkeitsgebotes umsetzen. Der Koalitionsvertrag bietet hierzu die Vorlage, das Scheitern der Energiewende im Gebäudebereich zu verhindern. Die vom DDIV geforderten Zugangsvoraussetzungen für die Tätigkeit, z. B. in Form von Fach- und Sachkundenachweisen sollten nun zügig umgesetzt werden.

Die anonyme Umfrage wurde im April und Mai 2014 unter Haus- und Immobilienverwaltungen durchgeführt. 294 Immobilienverwaltungen nahmen daran teil. Eine ausführliche Dokumentation der Ergebnisse kann unter info@ddiv.de abgerufen werden.




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