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26.09.2016 Für mehr bezahlbare Wohnungen: Vorfahrt für Baukräne

Wohnungsbau im Aufwind: Die ehemals gemeinnützigen Wohnungsgesellschaften und -genossenschaften in Nordrhein-Westfalen haben mit ihrer Bautätigkeit erheblich angezogen – sie werden in 2016 voraussichtlich 36 Prozent mehr in den Neubau bezahlbarer Wohnungen investieren als noch im Vorjahr. Jene 400.000 Wohnungen, die nach Berechnungen von NRW-Bauministerium und NRW.Bank bis zum Jahr 2020 erreicht werden sollten, bleiben jedoch ein anspruchsvolles Ziel. Alexander Rychter, Verbandsdirektor des VdW Rheinland Westfalen, betont daher: „Politik und Bürger sollten endlich umdenken, damit dauerhaft mehr kostengünstige Mietwohnungen entstehen.“

Anlässlich der Jahrespressekonferenz seines Verbandes wies Rychter in Düsseldorf darauf hin, dass zwar das Problembewusstsein für die Lage auf den Wohnungsmärkten in der Öffentlichkeit zugenommen habe. „Doch davon alleine entstehen keine neuen, bezahlbaren Wohnungen. Der Anstieg der Bautätigkeit unserer Mitgliedsunternehmen ist bisher fast ausschließlich auf die gute Anpassung der Förderbedingungen im letzten Jahr zurückzuführen.“ Gemeinsam mit dem Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen engagiert sich der Verband im „Bündnis für Wohnen – bezahlbar, demografiegerecht, energieeffizient“. Bauminister Michael Groschek hatte im Herbst 2015 eine Wohnungsbau-Offensive ausgerufen. In Rheinland-Pfalz hat es sich Finanz- und Bauministerin Doris Ahnen zum Ziel gesetzt, den Wohnungsbau anzuregen.

Die Förderbedingungen seien jedoch nur einer von vielen Faktoren, mit denen man den Wohnungsneubau anschieben könnte, so Rychter: Mit der Erstellung von Bebauungsplänen und der Vergabe von Baugenehmigungen gehe es in vielen Städten noch zu langsam voran. „Bearbeitungszeiträume sind zu lang und führen teils zu jahrelangen Verzögerungen. Durch sie steigen auch die Baukosten.“
Diese sind ohnehin zu hoch: Der Neubau von Wohnungen hat sich in den vergangenen Jahren stark verteuert, auch wenn man die Inflation herausrechnet. Mit der gleichen Investitionssumme, für die im Jahr 2000 noch zehn Wohnungen errichtet werden konnten, lassen sich heute nur noch 7,8 Wohnungen bauen. Der Grund dafür sind immer neue energetische Auflagen, die Anhebung von Grund- und Grunderwerbsteuern sowie ein Mangel an geeigneten Grundstücken. „Die Politik muss jetzt unbedingt alle Gesetzesänderungen vermeiden, die dazu geeignet sind, den Mietwohnungsbau noch teurer zu machen“, so Verbandsdirektor Rychter.

Die Wohnungswirtschaft im Westen wünscht sich zudem eine offene gesellschaftliche Diskussion darüber, wie mehr Akzeptanz für Bauprojekte geschaffen werden kann. „Obwohl es inzwischen gesellschaftlicher Konsens ist, dass wir mehr bezahlbare Wohnungen brauchen, gibt es kein übergreifendes gesellschaftliches Bekenntnis zu den dafür notwendigen Veränderungen“, sagt Alexander Rychter. So könnten die von der Politik geforderten Neubauzahlen nicht ohne Aufstockung und Nachverdichtung erreicht werden. Die Anwohner begegneten solchen Projekten jedoch auch weiterhin mit Misstrauen.

„Projekte, die Aufstockung, Nachverdichtung und generell Veränderungen in den Stadtquartieren mit sich bringen, werden in der Regel zuerst als Ärgernis wahrgenommen, obwohl sie auch zahlreiche positive Aspekte haben. Wir stimmen daher NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin zu. Er sagte im Zusammenhang mit dem Bündnis für Infrastruktur erst kürzlich, man wolle ‚Wut-Bürger‘ zu ‚Mut-Bürgern‘ machen. Dies muss auch bei Wohnungsbauprojekten gelingen, und dafür benötigen wir die Unterstützung der Politik.“ Es sei Zeit, dass Baukräne im Land Vorfahrt bekommen, so Rychter.

Investitionen steigen dort, wo ausreichend gefördert wird

Immerhin: Für das laufende Jahr 2016 planen die Wohnungsgesellschaften und
-genossenschaften in Nordrhein-Westfalen nun eine Steigerung der Investitionen auf 2,128 Milliarden Euro (= + 13,7 Prozent). Die geplanten Neubauinvestitionen legen um 36,1 Prozent zu, während die geplanten Bestandsinvestitionen um 2,0 Prozent leicht ansteigen. Verbandsdirektor Rychter betont: „Nur durch die guten Bedingungen der Wohnraumförderung in Nordrhein-Westfalen rechnen sich viele der nun von unseren Mitgliedsunternehmen angestoßenen Neubauprojekte. Aufgrund der hohen Baukosten wären sie sonst in vielen Fällen nicht wirtschaftlich.“
Erst vor kurzem hat sich Rheinland-Pfalz mit der Arbeitsgemeinschaft rheinland-pfälzischer Wohnungsunternehmen und weiteren Akteuren zu einem Bündnis für mehr bezahlbares Wohnen zusammengetan. „Wir führen in Rheinland-Pfalz gute Gespräche und haben konkrete Vorschläge, wie auch dort mehr bezahlbarer Wohnungsneubau angestoßen werden kann“, so Alexander Rychter. „Die Anregung des Wohnungsbaus ist allerdings nicht allein Verantwortung der Bundesländer.“ Damit die Wohnungsmärkte im Lauf der kommenden Jahre merklich entlastet würden, müssten auch Bund und Kommunen mehr tun.

Mietrechtliche Verschärfungen sind kontraproduktiv

Insbesondere die drohenden weiteren Verschärfungen des Mietrechts sieht die Wohnungswirtschaft als problematisch an: So sieht der aktuelle Entwurf des 2. Mietrechtspakets aus dem Bundesjustizministerium vor, die Modernisierungsumlage von 11 Prozent auf 8 Prozent abzusenken. Die Miete soll in einem Zeitraum von acht Jahren um maximal drei Euro pro Quadratmeter steigen können. Gleichzeitig soll der Bezugszeitraum der ortsüblichen Vergleichsmiete von vier auf acht Jahre verbreitert werden.

„Wohnungen sind in vielen gefragten Großstädten ein knappes Gut, weil Neubau immer teurer geworden ist“, fasst Alexander Rychter zusammen. „Diesen Mangel kann man nicht mit einem Federstrich verbieten – man muss ihn beheben, durch den Bau von mehr bezahlbaren Wohnungen.“ Der Entwurf des 2. Mietrechtspakets sei nur dazu geeignet, Investoren abzuschrecken und die energetische Sanierung zu bremsen.

Konkrete Vorschläge für mehr Wohnungsbau

Die Wohnungswirtschaft im Westen formuliert konkrete Vorschläge, wie der Bau insbesondere bezahlbarer Wohnungen durch eine gemeinsame Anstrengung aller Akteure erreicht werden könnte:

1. Die Ergebnisse der Baukostensenkungskommission der Bundesregierung müssen umgesetzt werden.
2. Von weiteren Verschärfungen der Vorschriften zur Energieeffizienz von Wohngebäuden sollte bis auf Weiteres abgesehen werden
3. Eine neue Systematik bei der Energieeinsparverordnung (EnEV) muss her – das Gesetz sollte künftig Bauherren die Wahl lassen, mit welchem Mix von Maßnahmen sie die vorgeschriebenen CO2-Einsparungen erreichen. Die Wohnungswirtschaft im Westen begrüßt in diesem Zusammenhang, dass Energieeinspargesetz (EnEG)/Energieeinsparverordnung (EnEV) und Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zu einem neuen Gebäudeenergiegesetz zusammengefasst werden sollen. So kann eine Verschlankung und Vereinfachung des Ordnungsrechts erfolgen
4. Kommunale Grundstücke sollten nicht an den Höchstbietenden verkauft werden, sondern sollten an Bauherren mit sozial nachhaltigen Konzepten gehen. Auch können die Kommunen von Käufern verlangen, dass eine Quote von öffentlich geförderten Wohnungen erfüllt werden muss
5. Wohnungsbau sollte in den Kommunen zur Chefsache werden, B-Plan-Verfahren und Baugenehmigungen sollten soweit wie möglich beschleunigt werden
6. Steuererhöhungen, die das Bauen und die Vermietung von Wohnraum verteuern, sind von Bund, Ländern und Kommunen unbedingt zu vermeiden. Sowohl die am 1. Januar 2015 erfolgte Anhebung der Grunderwerbsteuer in NRW auf 6,5 Prozent wie auch die laufenden Anhebungen der Grundsteuer B in Städten und Kommunen hemmen den Wohnungsbau.

Neue Landesbauordnung in NRW wird das Bauen weiter verteuern
Die derzeitigen Überlegungen zur Novelle der Landesbauordnung in Nordrhein-Westfalen sind aus Sicht der Wohnungswirtschaft bedenklich: Unter anderem plant die NRW-Landesregierung die Einführung einer Quotenregelung für rollstuhlgerechten Wohnraum bei allen Neubauten mit sechs oder mehr Wohnungen. „Die Bezeichnung ‚rollstuhlgerecht‘ ist missverständlich“, so VdW-Verbandsdirektor Rychter. „Auch barrierefreie Wohnungen sind für Rollstuhlfahrer in der Mehrzahl der Fälle geeignet – und sie sind für die Menschen deutlich erschwinglicher, weil weniger Fläche verbraucht wird.“ Eine Quotenregelung für Wohnungen, die im Sinn der DIN 18040-2 rollstuhlgerecht sind, würde solche Wohnungen ungezielt mit der Gießkanne verteilen, die Baukosten weiter erhöhen und damit dem wichtigen Ziel zuwider laufen, dass schnell viel kostengünstiger Wohnraum in Nordrhein-Westfalen entsteht.“

Niedrige Mieten, hohe Modernisierungsraten

Trotz der gestiegenen Bau- und Modernisierungskosten steht die Wohnungswirtschaft im Westen weiter für bezahlbares, qualitätvolles Wohnen: Die durchschnittliche Kaltmiete der VdW-Mitglieder liegt in Nordrhein-Westfalen bei 5,25 Euro je Quadratmeter und Monat, im nördlichen Rheinland-Pfalz bei 5,18 Euro je Quadratmeter und Monat und damit deutlich unter dem jeweiligen Landesdurchschnitt. Sieben von zehn Wohnungen der VdW-Mitglieder in Nordrhein-Westfalen sind modernisierte Wohnungen, in Rheinland-Pfalz sind es sechs von zehn Wohnungen der Mitgliedsunternehmen.

„Gutes Wohnen für breite Schichten der Bevölkerung bleibt das Ziel der ehemals gemeinnützigen Wohnungswirtschaft“, so Verbandsdirektor Alexander Rychter. „Dabei engagieren sich die Wohnungsgesellschaften und –genossenschaften insbesondere dafür, den Zielkonflikt zwischen bezahlbaren, demografiegerechten und CO2-effizienten Wohnungen zu lösen.“

Gründung von Wohnungsgenossenschaften und öffentlichen Wohnungsunternehmen erlebt Renaissance

Dass kommunale bzw. öffentliche Wohnungsunternehmen einen erheblichen Beitrag zur Stadt- und Quartiersentwicklung leisten, ist offenbar auch der Politik heute wieder stärker bewusst, die Neugründung von kommunalen beziehungsweise öffentlichen Wohnungsunternehmen ziehen viele Städte und Gemeinden wieder in Erwägung. „Unser Verband berät derzeit eine Anzahl von politischen Akteuren“, so Verbandsdirektor Rychter. „Sie erwägen die Gründung neuer Wohnungsunternehmen, weil öffentliche sowie kommunale Wohnungsgesellschaften wertvolle Steuerungsinstrumente der Stadtentwicklung für die Lokalpolitik sind, weil sie langfristig Städte prägen und anstelle einer reinen Renditeorientierung viele Faktoren miteinander in Einklang bringen – Bezahlbarkeit für die Mieter, soziale Nachhaltigkeit, Energieeffizienz, langfristiges Engagement in den Kommunen sind hier nur einige Stichworte.“

Auch die Wohnungsgenossenschaften erleben eine Renaissance: „Wir beraten Neugründer und haben auch bereits neue Genossenschaften in den Verband aufgenommen“, so Alexander Rychter. „Der Leitgedanke der Selbsthilfe, der Unabhängigkeit und Mitgliederförderung ist zeitlos und gerade jetzt wieder sehr attraktiv für die Menschen.“

Unterbringung von Flüchtlingen bleibt Thema

Bei der Unterbringung von Menschen, die vor Krieg und Vertreibung nach Deutschland fliehen, hilft die Wohnungswirtschaft auch weiterhin nach Kräften: Insbesondere die kommunalen Wohnungsgesellschaften, aber auch Wohnungsgenossenschaften und andere Wohnungsunternehmen engagieren sich dafür, die Probleme bei der Erstunterbringung und auf den Wohnungsmärkten zu lösen. Den Ergebnissen einer bundesweiten Umfrage zufolge tun das 93 Prozent der ehemals gemeinnützigen Wohnungsanbieter aus einem Gefühl sozialer Verantwortung heraus. Die Wohnungswirtschaft im Westen fordert aber auch Unterstützung ein. „Die Schaffung und Bewirtschaftung von Wohnraum ist Kern der Expertise unserer Mitgliedsunternehmen“, sagt Alexander Rychter. „Die Betreuung von Flüchtlingen, ihre Integration und alle weiterführenden Aufgaben können die Wohnungsunternehmen und –genossenschaften nur in Zusammenarbeit, etwa mit sozialen Trägern und städtischen Partnern schaffen.“

Bereits im Dezember 2015 hat die Wohnungswirtschaft im Westen gemeinsam mit dem NRW-Bauministerium unter der Adresse www.wohnraumkarte/refugees.de eine Online-Plattform gestartet, die der Vermittlung leerstehender Wohnungen an Flüchtlinge dient. Sie soll insbesondere den Kontakt zwischen Städten und Vermietern beschleunigen. Vermieter können in die neue Datenbank Wohnungen einstellen, Städte und Gemeinden können die Wohnungen anmieten und Asylbewerber darin unterbringen. 2.058 Wohnungen sind inzwischen in die Wohnraumkarte eingestellt worden, davon sind derzeit 434 sichtbar – und warten damit also noch auf Kommunen, die sie für die Unterbringung von Flüchtlingen anmieten möchten. 308 Benutzer und 90 verschiedene Städte und Gemeinden haben sich bis dato registriert.

Sicheres Wohnen: Einbruchprävention und Brandschutz machen Schule
Steigende Einbruchszahlen insbesondere in Nordrhein-Westfalen verunsichern die Menschen und führen zu hohen Sachschäden. Die Wohnungswirtschaft im Westen steuert gegen: Sie ist als Partner an der jährlichen Aktionswoche „Riegel vor!“ beteiligt, die vom nordrhein-westfälischen Innenministerium sowie dem Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen ins Leben gerufen wurde.

„Die Wohnungs- und Immobilienunternehmen räumen dem Sicherheitsgefühl ihrer Mieter und Genossenschaftsmitglieder eine hohe Priorität ein“, so VdW-Verbandsdirektor Alexander Rychter. „Wir wissen heute, dass insbesondere die Sensibilisierung der Anwohner erheblich zur Abschreckung von Einbrechern beiträgt. Zudem werden Straftäter entmutigt, wenn sie beim Einbruchsversuch etwa durch Fenster und Türen mit erhöhten Widerstandsklassen aufgehalten werden.“

Die Wohnungsgesellschaften und -genossenschaften engagieren sich daher für Einbruchschutz und die Vermeidung von Angsträumen in ihren Wohnanlagen. In vielen Kommunen sind bereits lokale Bündnisse zwischen Polizei und Wohnungsanbietern entstanden, die zur besseren Abstimmung beitragen.

Die zum 1.April 2013 in NRW eingeführte Rauchmelderpflicht tragen die Wohnungsunternehmen selbstverständlich mit und statten alle Neubauten mit Rauchmeldern aus. Die Übergangsfrist für Bestandsbauten läuft zum 1. Januar 2017 ab. „Der Gesetzgeber in Nordrhein-Westfalen hat entschieden, dass Vermieter die Wohnungen zwar mit Rauchmeldern ausstatten, dass danach jedoch die Bewohner für die Funktionalität dieser Rauchmeldern verantwortlich sind“, so Alexander Rychter. „Es ist essenziell, dass alles Notwendige getan wird, die Mieter dafür entsprechend zu sensibilisieren.“




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