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16.10.2018 AWI fordert: Priorität der Wohnungspolitik nach der Hessenwahl

Im Landtagswahlkampf stehen zwölf Tage vor der Wahl die Themen Bauen und Wohnen weit oben auf der Agenda. Die Verbände der Arbeitsgemeinschaft der Wohnungs- und Immobilienverbände Hessen, AWI-Hessen, haben die Befürchtung, dass dies nach der Wahl anders sein könnte. „Angesichts der Wahlprognosen erwarten wir eine äußerst schwierige Regierungsbildung. Wir appellieren an alle Parteien, dass die Wohnungspolitik nach der Wahl weder auf die lange Bank geschoben wird, noch unter die Räder ausufernder Koalitionsverhandlungen kommt“, forderte AWI-Sprecher Gerald Lipka im Rahmen eines Parlamentarischen Abends der Wohnungswirtschaft in Wiesbaden.

Der Druck in den Ballungsräumen wächst, Bauland ist knapp, die Baukosten steigen und Wohnen wird immer teurer. Gleichzeitig muss die Politik die ländlichen Regionen im Blick behalten. Beim Parlamentarischen Abend der vier in der AWI-Hessen zusammengeschlossenen Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft der Wohnungs- und Immobilienverbände in Hessen diskutierte die Wohnungswirtschaft das Thema mit den wohnungspolitischen Sprechern der im Landtag vertretenen Fraktionen und Staatssekretärin Dr. Beatrix Tappeser aus dem hessischen Umweltministerium, das auch für Wohnen zuständig ist.

Laut einer aktuellen Studie des Pestel-Instituts ist Hessen Schlusslicht unter den Flächenländern bei der Wohnraumversorgung. Bis 2035 fehlen 400.000 Wohnungen in Hessen, es müssten 35.000 Wohnungen pro Jahr neu errichtet werden. Gebaut wurden 2017 jedoch nur knapp 20.500 neue Wohnungen. Besonders schwer haben es Menschen mit geringem Einkommen sowie Auszubildende und Studenten. Laut einer Studie des Moses Mendelsohn Instituts kostet die Miete für ein Zimmer in Frankfurt durchschnittlich 480 Euro, nur München ist teurer. Auch andere hessische Studenten-Städte leiden unter Wohnungsmangel und hohen Mieten.

Für Gerald Lipka, Vorsitzender der AWI-Hessen und Geschäftsführer des BFW Landesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland e.V, steht fest: „Die Regierungsbildung wird keine leichte Aufgabe. Umso wichtiger ist es, dass die Parteien der nächsten regierenden Koalition ihre Aufgabe in der Wohnungspolitik ernst nehmen und schnell handeln. Die Situation ist eklatant! Da die Zahlen der Baufertigstellungen schon seit Jahren hinter dem Bedarf herhinken, wird die Bugwelle an fehlenden Wohnungen, die wir vor uns herschieben, immer größer. Deswegen muss die neue Landesregierung umgehend handeln. Sie muss Anreize für die Aktivierung von Grundstücken setzen und bessere Förderkonditionen schaffen.“

Bei der Förderung dürfe man nicht nur an die Ballungsräume denken. Auch ländliche Regionen müssten berücksichtigt werden, um die Bevölkerung dort zu halten. „Wenn dies nicht geschieht, wird der Druck auf die Ballungsräume noch stärker zunehmen“, prophezeit Werner Merkel, Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Immobilienverwalter in Hessen. Gerade in einem Flächenland wie Hessen müsse man auch außerhalb der Stadtgebiete lebenswerte Strukturen erhalten und ausbauen.

Aktuelle politische Überlegungen, wie zum Beispiel die Einführung eines Bestellerprinzips für Kaufimmobilien, leisteten keinen Beitrag zur Entlastung für den Wohnungsmarkt, gibt Thorsten Stock, Stellvertretender Vorsitzender des IVD Mitte, zu bedenken: „Durch ein Bestellerprinzip wird keine dringend benötigte Wohnung zusätzlich geschaffen, vielmehr wird die Belastung nur verschoben. Die Politik wird zum Preistreiber, da der Käufer letztlich auf die im Kaufpreis enthaltene Maklerprovision dann sogar noch Grunderwerbsteuer zahlen müsste.“ In der Senkung eben dieser Steuer sehen die Verbände eine weitere wichtige Stellschraube. „Die Erhöhung von 3,5 auf letztendlich 6 Prozent im Jahr 2014 hat dem Land bis 2017 fast eine Milliarde Euro Mehreinnahmen pro Jahr gebracht. Nun ist es an der Zeit, die Steuer wieder zu senken, damit die Wohnungswirtschaft mehr günstigen Wohnraum anbieten kann“, sagte Dr. Axel Tausendpfund, Verbandsdirektor des Verbands der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft und stellvertretender Sprecher der AWI. Die Vertreter der vier Verbände sind überzeugt, dass das Land durch eine Senkung mit wenig Aufwand große Wirkung erzielen könne. Die richtigen Ansätze fänden sich in den Wahlprogrammen der Parteien. Es sei jedoch nicht verständlich, wieso die Steuersenkung, wie von CDU, SPD und FDP gefordert, auf einige Gruppen beschränkt werden solle. Eine generelle Absenkung sei nötig. Nur diese führe zu mehr bezahlbarem Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten.

Damit in der nächsten Legislaturperiode wohnungspolitisch wichtige und sinnvolle Weichen gestellt und Entscheidungen konsequenter getroffen und umgesetzt werden, stellen die Verbände zwei zentrale Forderungen: „Ein erster Schritt muss die Schaffung eines eigens für den Wohnungsbau zuständigen Ministeriums sein, damit Wohnungspolitik den Stellenwert erhält, den sie benötigt“, konstatiert Gerald Lipka. „Das haben inzwischen auch die meisten Parteien erkannt und sich dazu bekannt. Allerdings muss die nächste Regierung die Pläne auch in die Tat umsetzen.“ Als weiteren Schritt fordert Axel Tausendpfund, dass die Wohnungswirtschaft enger in Gesetzgebungsprozesse eingebunden wird, wie dies in anderen Bundesländern geschehe. Die neue Hessische Bauordnung sei ein passendes Beispiel dafür, wie es nicht sein solle: Die Landesregierung habe der Wohnungswirtschaft quasi einen fertigen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Bedenken der Verbände kaum berücksichtigte. „Hier wünschen wir uns für die Zukunft eine partnerschaftlichere Zusammenarbeit“, sagte Tausendpfund.







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