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20.09.2019 Grundsteuer und Share Deals: ZIA kritisiert steuerpolitischen Kurs

Anlässlich der heutigen Befassung des Bundesrates mit den Gesetzesentwürfen zur Grundsteuerreform und zur Änderung der „Share Deal“-Regelungen im Grunderwerbsteuergesetz macht der ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss, Spitzenverband der Immobilienwirtschaft, einmal mehr auf die sich hieraus ergebenden negativen wirtschaftlichen Folgen aufmerksam. „Der aktuelle steuerpolitische Kurs der Bundesregierung stellt für den Wirtschafts- und Investitionsstandort Deutschland kein Ruhmesblatt dar“, sagt Dr. Hans Volkert Volckens, Vorsitzender des ZIA-Ausschusses Steuerrecht. „Sowohl bei der Grundsteuerreform als auch bei der grunderwerbsteuerlichen Anpassung bei Share Deals verkennt die Politik die damit verbundenen negativen Folgen für Verwaltung und Unternehmen gleichermaßen.“

Grundsteuerreform steht auf tönernen Füßen

Die Grundsteuerreform folgt aktuell dem Leitprinzip „Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?“. „Das geplante wertabhängige Bundesmodell ist aufgrund der stets sehr komplexen Bewertung von Immobilien nicht zu Ende gedacht. Immerhin haben zahlreiche Fachgespräche des ZIA mit der Politik dazu geführt, dass die besondere ökonomische und sozialpolitische Relevanz von Wirtschaftsimmobilien entgegen anfänglicher Ansätze im Laufe des Verfahrens Beachtung gefunden hat. Der bisherige Entwurf ist daher anders als frühere darauf ausgerichtet, in diesem Bereich Aufkommensneutralität herzustellen. Auch bei Wohnimmobilien hat es Vereinfachungen gegeben. Es bleibt aber dabei: Aufgrund der vielen Berechnungsparameter ist das auf Bundesebene geplante Bewertungsschema unnötig aufwendig und die Streitanfälligkeit wird durch die Verwendung vieler statistischer Werte für die Zukunft erhöht. Auch die Hinzunahme von Bodenrichtwerten führt in Metropolregionen aufgrund ihrer dynamischen Steigerung zu nicht unbeachtlichen Herausforderungen insbesondere im Bereich Wohnen. Zudem sind die Bodenrichterwerte rein rechtlich kritisch, weil sie nicht justiziabel sind. Andere Parameter spiegeln nur statistische Wertannahmen wider und umfassen verallgemeinerte Werte. Diese Unsicherheiten sollten nicht Grundlage einer bundesweiten Reform sein. Eine realitätsgetreue Wertberechnung funktioniert so nicht. Die Grundsteuerreform steht auf tönernen Füßen.“

Durch die geplante Länderöffnungsklausel bekämen die Bundesländer zumindest die Möglichkeit, in ihrem eigenen Bundesland die Grundsteuer in Form eines einfachen und unbürokratischen Flächenmodells zu erheben. „Hier muss jedoch sichergestellt werden, dass bei einer Nutzung des Optionsmodells das jeweilige Land keine zusätzlichen Berechnungen nach dem Bundesmodell für Zwecke des Länderfinanzausgleichs vornehmen muss“ sagt Volckens. „Eine solche Schattenberechnung wäre mit Blick auf die eigentlich angestrebte Vereinfachung völlig unsinnig und ferner nicht im Sinne der politisch avisierten Entbürokratisierung.“

Grunderwerbsteuerreform löst existenzbedrohende Gefahr aus

Die grunderwerbsteuerlichen Regelungen für Share Deals sollen nach aktuellem Entwurfsstand sowohl bei den relevanten Beteiligungshöhen als auch den relevanten Haltefristen noch weiter ausgeweitet werden. Darüber hinaus soll ein ganz neuer Ergänzungstatbestand für Kaitalgesellschaften geschaffen werden. „Allein die Herabsetzung der Beteiligungshöhen und die angedachten Fristverlängerungen sind schon problematisch. Völlig unverständlich ist jedoch der geplante Ergänzungstatbestand für Kapitalgesellschaften. Durch diesen geraten deutsche Unternehmen in existenzbedrohende Gefahr und werden unkontrollierbaren Steuerfolgen ausgesetzt“, sagt Dr. Hans Volkert Volckens, Vorsitzender des ZIA-Ausschusses Steuerrecht zur geplanten Grunderwerbsteuerreform. „Durch den neuen Absatz 2b kann auch der Erwerb eines Kleinstanteils einer Kapitalgesellschaft dazu führen, dass die Gesellschaft Grunderwerbsteuer zahlen muss – und zwar auf ihr gesamtes Immobilienvermögen. Dass der Erwerber gar keine signifikante Beteiligungshöhe erlangt, soll hierbei keine Rolle spielen. Es ist steuerrechtlich völlig unverständlich, was der Erwerb eines Kleinstanteils mit dem – in der Grunderwerbsteuer doch eigentlich maßgeblichen – Erwerb eines Grundstücks zu tun haben soll.“

Börsenklausel heilt nicht die grundlegenden Mängel

Der neue Ergänzungstatbestand für Kapitalgesellschaften ist somit hinsichtlich seiner Wirkung fatal. Ganz offensichtlich wird die völlig überschießende Wirkung des Absatzes 2b beim Blick auf den Börsenhandel, weshalb für diese Unternehmen eine Ausnahme durch eine sogenannte Börsenklausel im Bundesrat diskutiert wird. „Die Börsenklausel, mit der börsennotierte Aktiengesellschaften aus dem Anwendungsbereich des geplanten Ergänzungstatbestandes für Kapitalgesellschaften herausgenommen werden sollten, klingt zwar zunächst sinnvoll. Doch würde sie nicht die grundlegenden Mängel heilen, von denen die gesamte deutsche Wirtschaft massiv betroffen sein wird. Selbst bei Einführung einer Börsenklausel wäre völlig unklar, wie grundbesitzende Gesellschaften mit mehreren Beteiligungssträngen diese gesetzliche Neuregelung einhalten sollen,“ sagt Volckens.

Von der Einführung des Absatzes 2b sollte der Gesetzgeber Abstand nehmen
Durch den neuen Absatz 2b stehen die Unternehmen – und mit ihnen die Finanzverwaltung – vor dem Problem der Nachverfolgung der miterfassten mittelbaren Anteilsveränderungen insbesondere bei den oftmals weitreichenden Beteiligungsstrukturen. Bei allen grundbesitzenden Gesellschaften mit mehreren Beteiligungssträngen führt die in der Praxis faktisch nicht gegebene Sachverhaltskenntnis bei Beteiligungsübertragungen zu einem verfassungsrechtlich unzulässigen strukturellen Vollzugsdefizit. Mit Absatz 2b würde ein steuerlicher Tatbestand geschaffen, dessen Verwirklichung sich auch wegen rechtlich nicht gegebener Auskunftsansprüche in einer Vielzahl von Fällen nicht feststellen und ermitteln lässt. „Der Absatz 2b trägt somit die Verfassungswidrigkeit bereits auf der Stirn“, so Volckens. „Der Gesetzgeber sollte daher von der Einführung des Absatzes 2b in Gänze Abstand nehmen.

Zudem werde sehenden Auges Deutschland auch als Investitionsstandort schwer belastet. „Hier stellt sich die Frage, weshalb Unternehmen ein grunderwerbsteuerliches Risiko eingehen sollten, wenn sie ebenso im Ausland Verwaltungsgebäude und Produktionsanlagen vorhalten können“, so Volckens. „Die Grunderwerbsteuer, die bereits heute viel zu hoch und viel zu kompliziert ist, wird durch die aktuelle Reform zum veritablen Standortnachteil. Gemessen an einer wirtschafts- und standortpolitischen Betrachtung verbietet sich daher ein solcher Einschnitt.“

Laut Koalitionsvertrag will der Gesetzgeber bei der Reform der Share Deals eine effektive und rechtssichere gesetzliche Regelung umsetzen, um missbräuchliche Steuergestaltungen bei der Grunderwerbsteuer mittels Share Deals zu beenden. Dazu gehört auch die nicht unproblematische Herabsetzung der Beteiligungsschwellen von 95 auf 90 Prozent und die Verlängerung bisheriger Halte- und Beobachtungsfristen von fünf auf zehn oder gar auf 15 Jahre. „Bereits im öffentlichen Fachgespräch des Bauausschusses des Deutschen Bundestages im Februar dieses Jahres wurde deutlich, dass es sich bei Share Deal-Transaktionen nicht um missbräuchliche Gestaltungen im rechtlichen Sinne handelt“, so Volckens. „Eine Pflicht zur Umsetzung dieser – alles andere als rechtssicheren und effektiven – Regelung ergibt sich somit jedenfalls nicht aus dem Koalitionsvertrag.“






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