News RSS-Feed

05.03.2018 Luftverschmutzung und Diesel-Urteil: Fahrverbote greifen zu kurz

Luftverschmutzung, Staus und Stillstand kennzeichnen den urbanen Alltag vieler Städte. Nun hat das Bundesverwaltungsgericht als eine Gegenmaßnahme in Leipzig entschieden: Diesel-Fahrverbote sind nach geltendem Recht grundsätzlich zulässig. Das begrüßen viele Bürger in Städten mit schlechter Luftqualität. Doch sehr kurzfristige Maßnahmen wie Fahrverbote und Strafzahlungen mögen das notwenige Bewusstsein für Veränderung schaffen und eine Zeit lang helfen, langfristig tun sie es nicht. Sie führen weder dazu, den stark vorhandenen und steigenden Mobilitätsbedarf in den Städten zu decken, noch gehen sie ganzheitlich und vernetzt an die Problematik und Ursachen der Luftverschmutzung heran.
Gefordert ist von Städten, Kommunen, aber auch von der Privatwirtschaft das Verfolgen ganzheitlicher und interdisziplinärer Ansätze, um Schadstoffe im Gebäude-, Verkehrs- und Energiebereich zu mindern und die Luftqualität zu verbessern. Schafft es Deutschland auch in den kommenden Jahren nicht, EU-Grenzwerte für Stickoxide zu halten, droht außerdem eine Klage des Europäischen Gerichtshofs.

Maßnahmen, damit Städten nicht die Luft ausgeht

Entscheidend ist es, wirkungsvolle Maßnahmen im Gebäude-, Verkehrs-, Infrastruktur und Energiebereich am besten bereits in der Planung zu berücksichtigen. Hierzu gehört eine sinnvolle Frei- und Grünraumgestaltung wie durch Mooswände, City Trees oder begrünte Fassaden.

Was die Infrastruktur und den Verkehr angeht, ist dringend ein Mobilitätswandel notwendig. Es gilt, wo immer möglich, beispielsweise ganz verkehrsfreie Quartiere, Fahrradautobahnen oder urbane, emissionsarme Seilbahnen einzuplanen und die E-Mobilität zu fördern. Hier sind Aktivitäten in Großstädten wie Hamburg oder Berlin vorbildlich, denn sie planen zukünftig eine Umverteilung der innerstädtischen Verkehrsfläche für den Radverkehr vorzunehmen mit dem Ziel, den Individualverkehr zu verringern. Die Luftverschmutzung kann über die reduzierten Verkehrsmengen der PKW dann mittel- bis langfristig gesenkt werden.

Weniger Stau, weniger Luftverschmutzung

Weitere Optimierungspotentiale liegen in der besseren Koordinierung des innerstädtischen Verkehrs und von Baustellen, dem Ausbau von P+R-Plätzen für Pendler, Investitionen in einen attraktiveren ÖPNV sowie Konzepten zum automatisierten Parken.

Gerade was eine bessere Verkehrssteuerung und Baustellenkoordinierung angeht, liegt der Schlüssel in der Digitalisierung. Es geht darum, den Verkehr und die verschiedensten privaten und öffentlichen Bauvorhaben im Ballungsraum so zu erfassen und zu steuern, dass eine effiziente und möglichst behinderungsarme Verkehrsführung ermöglicht wird. Denn weniger Stau bedeutet auch immer weniger Luftverschmutzung. Hierzu ist eine zentrale und digitale Baustellenkoordinierung über IoT und Smart Devices erforderlich.

Mehr als nur Klimaschutz

Auch müssen Maßnahmen über reine Klimaschutzkonzepte von Städten hinausgehen. Sie sind mehr auf die globale Reduktion von CO2 fokussiert als auf lokale Umweltprobleme. Stichwort Hausbrand: Obwohl mit Biomasse befeuerte Heizungen zu CO2- neutralen Klimaschutzkonzepten zählen, tragen gerade sie durch den Ausstoß stark gesundheitsschädlicher Substanzen wie Feinstaub, Ruß und Teerverbindungen oder Stickoxide auch zur Luftverschmutzung bei.

Sofortprogramm für saubere Luft 2017-2020 der Bundesregierung

Unterstützung vom Bund zur Verbesserung der Luftqualität erhalten Kommunen durch das „Sofortprogramm für saubere Luft 2017-2020“. Gefördert werden Elektromobilität und Ladeinfrastruktur im Nahverkehr, Fahrrad- und Fußgängerverkehr und eine effiziente Verkehrsführung. Es ist relativ einfach, jetzt möglicherweise seit längerer Zeit liegen gebliebene Maßnahmen für Radverkehr, Mobilitätszentren oder Elektromobilität gezielt anzugehen. Die hierzu erforderlichen Konzepte und Planungen sind grundsätzlich ebenfalls förderfähig. Maßnahmen mit flächendeckender Wirkung haben hier besonders große Chancen auf eine Förderzusage. Die Förderrate ist in Abhängigkeit des jeweiligen Förderschwerpunktes sehr hoch und kann bis zu 100 Prozent betragen.

Gregor Grassl, Senior Projektpartner und Teamleiter Green City Development kümmert sich bei Drees & Sommer um den Bereich nachhaltige Stadt- und Quartiersentwicklung. Er leitet Projekte vom strategischen Beraten, wie Klimaschutzkonzepte, bis hin zur Infrastruktursystemplanung internationaler Großprojekte mit City BIM.




Leserumfrage
Wir schätzen Ihre Expertenmeinung!
Hier ist unsere Leserumfrage:
schnell & unkompliziert
Jetzt starten!