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18.04.2018 Wohnmarkt Berlin: Zwischen Investorenphantasie und sozialer Realität

Berlin vor Izmir und Reykjavík. Der aktuelle Global City Residential Index von Knight Frank sieht Berlin an der Spitze weltweiter Steigerungen und bestätigt mit einem Plus von 20,5 Prozent den Preisdruck am Berliner Wohnungsmarkt. „Tatsächlich seien die Verkaufspreise nach vorläufigen Zahlen des Gutachterausschusses im vergangenen Jahr um rund elf Prozent gestiegen“, sagt Sven Henkes, Geschäftsführer der Ziegert – Bank- und Immobilienconsulting GmbH. Die mit den Preis- und Nachfragesteigerungen verbundene Dynamik werde innerhalb der Stadt häufig unterschätzt. „Wir brauchen ein Bewusstsein für die internationale Sichtweise auf Berlin, sonst verpassen wir Chancen und verschlafen Herausforderungen beim Wohnungsbau und in der Stadtentwicklung.“

Aktuell werden laut ZIEGERT etwa 25 Prozent der Berliner Wohnungen an internationale Erwerber verkauft. Im Prime-Segment, das die obersten fünf Prozent der Angebotspreise umfasst, sind internationale Käufer mit einem Anteil von rund 43 Prozent der Verkäufe überproportional vertreten. Berliner Käufer haben hier einen Anteil von 39 Prozent – bei einem Zuwachs von 26 Prozent. Henkes sieht eine große Bedeutung der internationalen Erwerber für Neubau und die Mietmärkte. „Ein Großteil der aktuellen Projekte basiert auf der internationalen Nachfrage. Etwa die Hälfte der von ausländischen Investoren erworbenen Wohnungen wird vermietet und steht zeitnah als entlastendes Angebot zur Verfügung.“

Die aktuelle Dynamik an den Berliner Wohnungsmärkten könnte die Stadt in naher Zukunft zu einer der teuersten deutschen Metropolen machen. „Derzeit belegt Berlin noch den 15. Rang nach Wohnungspreisen im Bestand“, berichtet Carsten Sellschopf, COO der Instone Real Estate Development GmbH. „In den vergangenen drei Jahren stiegen jedoch die Preise von Bestandsobjekten in Berlin um 36 Prozent, im Durchschnitt rund sechs Prozentpunkte mehr als in anderen deutschen Metropolen.“ Als Resultat der steigenden Preise würden verstärkt kleinere Wohnungen nachgefragt und auch im Neubau liegt der Fokus auf kompakteren Grundrissen.“

Als einen möglichen Weg, um mehr Tempo und Kostenvorteile für den Wohnungsbau zu bringen, sieht Sellschopf das modulare Bauen, wobei er sich prinzipiell aber auch verlässliche und vereinfachte Lösungen in der Verwaltung und Gesetzgebung wünscht. „Standardisiertes Bauen allein wird den notwendigen Nachschub an günstigem Wohnraum nicht liefern. Es müssen auch die nötigen gesetzlichen Rahmenbedingungen und Regelungen bei Städten und Gemeinden geschaffen werden, zum Beispiel bei der Vereinheitlichung und Vereinfachung der Neubaustandards und der Flächenvergabe nach Konzeptqualität.“

In Berlin ist das Handeln von Regierung und Verwaltung überwiegend auf den Mieterschutz konzentriert. „Seit Inkrafttreten der Berliner Umwandlungsverordnung ist die Anzahl der Milieuschutzgebiete auf rund 40 Areale gestiegen“, sagt Dr. Esfandiar Khorrami von der Kanzlei Bottermann Khorrami. „Mieterschutz wird hier durch Beschneidung von Eigentümerrechten praktiziert, wobei die rechtliche Praxis oft weniger sachlich als dogmatisch gehandhabt wird.“ Im Ergebnis führe dies zu einer Situation, in der mit dem begrüßenswerten Ziel des Mietschutzes der Umbau zu alters- beziehungsweise familiengerechten Wohnungen oder auch die Aufstockung von Wohnhäusern und mithin die Schaffung von neuem Wohnraum verhindert werde. Von den mit dem Milieuschutz einhergehenden Restriktionen seien nicht mehr nur große Investoren, sondern auch immer private Eigentümer und auch Selbstnutzer betroffen.








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