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01.06.2018 City-Logistik ist noch lange kein institutionalisiertes Produkt

Innerstädtische Logistik scheint gefragt wie nie. Der Online-Handel und sein Versprechen von kurzen Lieferfristen lassen die Logistiker immer näher an den Endkunden rücken. Doch passende Flächen für City-Logistik sind kaum vorhanden und müssen sich in der Konkurrenz zu – sowohl bei Anwohnern als auch Politikern – stets beliebteren Assetklassen wie Wohnen oder Büros durchsetzen. Welchen Herausforderungen sich zukunftsträchtige Logistikimmobilien dabei stellen müssen, darüber sprachen André Banschus, Executive Director von Verdion, Dr. Marcel Crommen, Geschäftsführer der NAI apollo group und Marius Schöner, Country Head Germany von CBRE Global Investors, beim Pressefrühstück von Feldhoff & Cie. in Frankfurt.

Die Diskussionsteilnehmer waren sich einig: Die Branche befindet sich bei stadtnahen oder städtischen Logistiklösungen noch immer in der Findungsphase. „Es gibt jede Menge interessante Ansätze“, sagt Crommen. „Die Ideen reichen von dem viel diskutierten Drohneneinsatz über Crowd-Logistik, der nächtlichen Nutzung von Tiefgaragen als Umschlagsplatz bis hin zu Containern als Verteilerzentren.“ So setzt beispielsweise UPS in einem Pilotprojekt mit der Stadt Frankfurt einen LKW in der Nähe der Börse ein, der als sogenanntes Mikro-Depot für die Verteilung von Paketen an Fahrradkuriere dient. Sind alle Waren verteilt, fährt der LKW aus der Stadt heraus und wird neu befüllt. „Noch gibt es keinerlei Standards für City-Logistik“, fügt Dr. Crommen hinzu.

Genau das hält institutionelle Investoren davon ab, sich im Bereich innerstädtische Logistik zu engagieren. „Investoren lieben Investmentprodukte, bei denen sich gewisse Standards bereits herausgebildet haben, weil dadurch die Drittverwendungsfähigkeit und die Liquidität gewährleistet ist“, erklärt Schöner. „Außerdem sind die Losgrößen für Institutionelle oft zu klein.“ Schöner glaubt allerdings, dass sich in dem Bereich Spezialisten bilden könnten, die – analog zur mittlerweile etablierten Assetklasse Studentenwohnen – Bestände aufbauen und zu größeren Portfolien bündeln. „Ebenso werden wohl die Investments in gemischt genutzte Immobilien mit Logistikanteil steigen.“ Eine Chance dafür sieht er u.a. in leerstehenden alten Fachmärkten und in Shoppingzentren mit strukturellen Leerständen in den Innenstädten. Ein Logistikprodukt, das es auf die Ankaufsliste von Investoren geschafft hat, sind sogenannte Cross-Docks am Stadtrand. „Auch wenn diese Umschlagszentren teilweise sehr individuell auf die Bedürfnisse des jeweiligen Mieters abgestimmt sind, werden sich aufgrund der stadtnahen Lage alternative Nutzer finden, so dass hier eine Drittverwendungsfähigkeit gegeben ist,“ sagt Schöner.

Der Boom der Logistikbranche ist unbestritten, jedoch hinterfragt Banschus generell die Zukunftsträchtigkeit des Konzepts der Zustellung von Waren innerhalb weniger Stunden bis zur Haustür. „Sinnvoller sind da sicher Depots in den Stadtteilen, von denen aus man die Lieferung etwa von der Arbeit mit nach Hause nehmen kann.“ Er hat die Erfahrung gemacht, dass immer mehr Logistikstandorte aus der Stadt verdrängt werden. Ein Beispiel dafür ist Imperial, ein Spezialist für Chemielogistik, der 40 Jahre lang ein Logistikzentrum auf einem Erbpacht-Grundstück im Hafen von Münster betrieben hat. „Nachdem der Hafen in der Innenstadt allerdings in den letzten Jahren für hochpreisiges Wohnen und Erlebnisgastronomie entdeckt wurde, musste Imperial weichen“, erzählt Banschus. Die Stadt kündigte die Erbpacht, bot jedoch dem Unternehmen ein neues Grundstück außerhalb der Stadt an.

Auch der Milchwirtschaftslösungs-Gigant DeLaval, ansässig in Hamburg, suchte 10 Jahre lang vergeblich nach passenden Flächen für ein neues europäisches Distributionszentrum innerhalb der Hansestadt. „Am Ende vergeblich“, sagt Banschus. „Wir haben für DeLaval ein neues Gebäude in mecklenburgischen Gallin, 50 km östlich von Hamburg errichtet.“ Mit der Herausforderung, möglichst viele Mitarbeiter vom Umzug überzeugen zu können. „Die Nähe zu potentiellen Mitarbeitern ist fast allen Unternehmen und Logistikern viel wichtiger als die zum Endkunden“, erklärt Banschus „Der Spagat zwischen verfügbarer Fläche und verfügbaren Mitarbeitern ist die große Herausforderung der Branche.“

Schöner regt einen Logistikrahmenplan für Städte an. „So wie es einen Hochhausrahmenplan für Frankfurt gibt“, sagt er. „Für eine vernünftige Warenverteilung in der Stadt braucht es ähnliches für die Logistik. Bis dahin verbleiben wir weiterhin in einer experimentellen Phase, in der viele Dinge noch nicht ganz ausgereift sind.“ Crommen plädiert zudem dafür, bei den Lieferketten anzusetzen: „Für eine weitreichende Lösung brauchen wir vor allem eine Optimierung der Lieferketten. Citylogistik hat nur eine Zukunft, wenn wir das Problem der Same-Day- oder gar Same-Hour-Lieferung in den Griff kriegen.“








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