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30.07.2018 Nachhaltig investieren: Sich in mehreren Dimensionen beschäftigen

Ophélie Mortier, Head of Responsible Investments bei Degroof Petercam A
Aktiv nachhaltig zu investieren bedeutet, sich mit einem Asset in mehreren Dimensionen zu beschäftigen. Ophélie Mortier, Head of Responsible Investments bei Degroof Petercam AM, gibt einen Einblick in die hauseigene Nachhaltigkeits-Strategie des belgischen Asset-Managers und erklärt, warum es wichtig ist, anspruchsvoll zu investieren.

Frau Mortier, nachhaltiges Investieren ist in aller Munde, kaum eine Fondsgesellschaft ist nicht dabei. Degroof Petercam bezeichnet sich als Pioneer auf diesem Feld. Warum?

Ophélie Mortier: Weil wir als eine der ersten Gesellschaften, bereits lange bevor die Vereinten Nationen 2012 die Deklaration über nachhaltige Entwicklungsziele verabschiedet haben, Nachhaltigkeitsprinzipien in unseren Investmentprozess aufgenommen und diese Anlagestrategie ernsthaft verfolgt haben. Wir arbeiten mit diesen Modellen seit 2007.

Was war der Hintergrund? Haben sie die Entwicklung antizipiert?

Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an ökologischen oder sozialen Richtlinien, wie zum Beispiel die UN-Prinzipien für verantwortliches Investieren (UN PRI). Wenn sie aber vor zehn Jahren in ein Entwicklungsland investieren wollten, war es kaum möglich, valide Daten oder Informationen über das Land oder die Unternehmen zu bekommen. Irgendwann konnten unsere Fragen nicht mehr beantwortet werden: Warum zählte ein Unternehmen zur Gruppe nachhaltiger Investments, das andere aber nicht? Wir wollten Antworten. Also haben wir ein Modell entwickelt, das die Informationen liefert, die wir für unsere Entscheidungen brauchen. Es war eine logische Konsequenz.

Was beobachten Sie, wenn Sie sich die Märkte anschauen?

In den letzten Jahrzehnten haben sich die Unternehmen und mit ihnen die Finanzmärkte stark verändert. Zudem hat sich die Gesellschaft verändert. Viele traditionelle Regeln gelten heute nicht mehr. Nehmen Sie zum Beispiel das IPO von Snapchat. Hier wurden erstmals ganz bewusst nur Aktionäre zugelassen, die auf ihr Stimmrecht verzichten. Wir halten das für falsch. Uns sind solche Entwicklungen nicht gleichgültig.

Wollen Sie mit Ihrem Ansatz die Welt verbessern?

Die Idee hinter der Strategie ist, bessere Entscheidungen treffen zu können. Wir investieren nicht blind in irgendetwas, nur weil die Risikoprämie verführerisch hoch ist. Auch Anleger erwarten heute etwas anderes. Viele wollen Einfluss nehmen mit ihrer Anlageentscheidung. Unser Modell kreiert Wert, daher glauben wir daran.

Greifen wir den Begriff ‚Wert‘ auf: Was machen Sie, wenn die Unternehmen, die ihren Kriterien entsprechen, nicht hinreichend performen? Überdenken Sie dann Ihre Strategie?

Das Risiko der Unterperformance besteht immer. Unser ESG-Screening limitiert das Anlageuniversum aber nicht in der Weise, wie es die Frage andeutet. Jedes Modell, mit dem Sie den Markt screenen, prüft die Titel darauf, ob und wie sie das Portfolio voranbringen können. Wenn es den einen richtigen Ansatz geben würde, wären wir alle längst steinreich. Den gibt es aber nicht. Es gibt verschiedene Wege. Unser Nachhaltigkeitsansatz deckt das ganze Universum einzelner Anlageklassen ab und schließt im Prinzip nicht mehr oder weniger Titel aus, als andere Ansätze es tun.

Dennoch unterscheidet sich ihr Modell gerade dadurch, dass es nicht allein auf die betriebswirtschaftlichen Zahlen schaut, sondern zusätzliche Hürden beinhaltet…

Das stimmt. Der große Unterschied zwischen einem einfachen quantitativen Ansatz und unserem ist, dass wir uns nicht einseitig auf Zahlen verlassen. Aktiv nachhaltig zu investieren bedeutet, sich mit einem Asset in mehreren Dimensionen zu beschäftigen. 2013 zum Beispiel - lange vor allen anderen - haben wir beschlossen, unser Exposure in Russland auf null zu fahren, weil sich Russland zu einem totalitär geführten Staat entwickelt hatte. Das wollten wir nicht unterstützen.

Entgehen Ihnen auf diese Weise nicht Marktchancen?

Für Portfolio-Manager stehen ausreichend Alternativen zur Verfügung. Sicherlich gibt es bestimmte Titel, die wir nicht ins Portfolio aufnehmen würden, zum Beispiel Waffenproduzenten auf Unternehmensseite oder Staatsanleihen von Autokraten. Das Anlageuniversum ist aber so riesig, dass wir darauf gar nicht angewiesen sind. Wir sind erfahrene Stockpicker. Auf dem Markt finden Sie immer Unternehmen, die Ihren Ansprüchen gerecht werden und die andere übersehen.

Welche Ansprüche haben Sie?

Den Anspruch, Anlegern fundiert nachhaltige Investments zu bieten. Bei Degroof Petercam AM ist Nachhaltigkeit im gesamten Investmentprozess verankert. Wir sind ein familiengeführtes Unternehmen, das sich schon vor Langem bewusst zu diesem Schritt entschieden hat, verfolgen diese Strategie diszipliniert und setzen sie transparent um.

Wie sieht das in Ihren Investmentprozessen aus?

Unser Nachhaltigkeits-Screening steht auf drei Pfeilern. Zunächst evaluieren wir, ob ein Unternehmen oder ein Asset gegen unseren ESG-Katalog verstößt. Es muss im Einklang mit den Grundsätzen für Menschenrechte, Arbeit, Umwelt und Governance stehen. Die Umsetzung der Prinzipien beurteilen wir anhand einer Notenskala von 1 bis 5. Eine 5 führt zum direkten Ausschluss. Dort, wo ein Unternehmen mit der Note 4 abschneidet, diskutiert ein Komitee die ESG-Scorecard und entscheidet im Einzelfall, ob wir investieren oder nicht. Zusätzlich greift bei der Titelauswahl ein weiteres ESG-Screening. Für jedes Investment-Thema haben wir ESG-spezifische Schlüsselindikatoren definiert. Zum Beispiel achten wir beim Zukunftsthema Nahrungsmitteltechnik besonders darauf, dass die Umwelt berücksichtigt wird oder dass Gesundheitsstandards eingehalten werden.

Sie bieten nachhaltige Investmentfonds an. Schlägt sich der Research-Mehraufwand in den Kosten nieder?

Nein. Die Tranchen unserer Sustainable-Fonds-Palette bewegen sich auf Kostenseite sogar leicht unter dem Durchschnitt.







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