News RSS-Feed

24.10.2018 Immobilienfinanzierung: Timing, Konditionen und Verlässlichkeit

Martin Sander, geschäftsführender Gesellschafter der Agora Invest GmbH
Der Markt der Kapitalgeber für Immobilienfinanzierungen hat sich stark verändert. Während vor einigen Jahren Banken das Geschäft dominierten, gibt es heute eine Vielzahl von Möglichkeiten für Projektentwickler, Grundstücksankäufe und Immobilienprojekte finanzieren zu lassen. Dabei zählt Mezzanine-Kapital zu den beliebtesten alternativen Finanzierungsformen. Im Folgenden einige Fragen an Martin Sander, geschäftsführender Gesellschafter der Agora Invest GmbH.

Herr Sander, in der TV-Show „Höhle der Löwen“ auf VOX kämpfen Startups mit guten Ideen um eine Finanzierung. Was müssen Neugründer in der Immobilienprojekt-entwicklung tun, um an Kapital zu kommen?

Martin Sander: Zunächst einmal sollten sie sich überlegen, wie ihr Finanzierungskonzept grundsätzlich aussehen soll. Eine Immobilieninvestition wird als vollständige Finanzierung aufgesetzt. Neben Darlehen gehen das Eigenkapital sowie planbare Verkaufserlöse in die Kalkulation ein. Der Eigenkapitaleinsatz des Entwicklers wird dann optimiert durch Junior-Debt, Mezzanine- oder Equity-Partner. Dabei ersetzt Mezzanine-Kapital das Eigenkapital anteilig oder auch vollständig. Dies hat den Vorteil, dass die Entwickler mehrere Projekte parallel durchführen können. Steht das Konzept, sollte der Bauträger den Markt sorgfältig recherchieren, um die geeigneten Finanzierungspartner zu finden. Helfen können dabei Capital Consultants und Tippgeber, die beide Seiten zueinander zu bringen.

Ist Crowdfunding ein guter Weg für Neugründer, um eine Immobilienfinanzierung zu kommen?

Martin Sander: Crowdfunding-Plattformen sammeln kleinteilig Geld über das Internet ein. Aus regulatorischen Gründen ist die Kapitalvergabe bei zweieinhalb bis drei Millionen Euro gedeckelt und kommt somit nur für kleinere Projekte in Frage. Da die Projekte öffentlich im Internet abgebildet werden, ist dieser Weg für Entwickler, die Wert auf Diskretion legen, nicht der geeignete.

Wie unterscheiden sich Mezzanine-Kapitalgeber und Equity Partner, die als Joint Venture Partner oder Sponsoren auftreten, voneinander?

Martin Sander: Joint Venture Partner lassen sich gesellschaftsrechtliche Mitspracherechte in der Projektentwicklung zusichern. Sie gestalten Projekte aktiv mit, vereinnahmen dafür aber auch einen wesentlichen Teil der Entwickler-Marge. Mezzanine-Kapitalgeber wie wir vergeben Nachrangkapital von Investoren direkt oder indirekt über Fonds-Strukturen in die Gesellschaft. Wir haben keine Mitspracherechte in der Projektentwicklung und sind somit ein passiver Kapitalpartner. Der Entwickler bleibt in seinem Projekt sein eigener Herr. Der Austausch erfolgt auf Augenhöhe.

Würden Sie auch Startups bei der Finanzierung von Wohnimmobilienprojekten begleiten?

Martin Sander: Wenn die Erfahrungen des Managements aus vorhergehenden Tätigkeiten stimmen, arbeiten wir gern mit Neugründern zusammen.

Welche Projekte werden von Ihnen mit Kapital versorgt und wo liegt Ihre Kapitalgrenze?

Martin Sander: Unsere Finanzierungen gehen von 1 bis 10 Millionen Euro pro Projekt. Das Kapital sammeln wir über Spezialfonds bei institutionellen Investoren ein. Für die Fonds sind 10 Millionen EUR pro Projekt eine gesetzte Grenze. Braucht der Projektenwickler mehr Geld, oder es entsteht eine Finanzierungslücke, bieten wir Co-Investoren aus unserem Netzwerk an, neben dem Fonds Kapital in das Projekt zu investieren. Es gelten aber dieselben Prüfungsmaßstäbe, wie für den Fonds. Auf diesem Weg strukturieren wir bis zu 30 Millionen Euro.

Sie begleiten seit über zwanzig Jahren Immobilientransaktionen. Was ist für Bauträger bei der Wahl der Finanzierungsform und des Kapitalgebers entscheidend?

Martin Sander: Für die Entwickler ist immer ausschlaggebend, wie es mit dem Timing, den Konditionen und der Verlässlichkeit bei der Kapitalvergabe aussieht. Bauträger brauchen eine transparente, gesicherte und zügige Finanzierung. Wichtig ist ihnen ein kurzer Prüfzeitraum maximal sechs Wochen sowie verlässliche Entscheidung. Auch die Möglichkeit, kurzfristig erhöhten Kapitalbedarf in einem Projekt decken zu können oder alternative Besicherungsformen zu entwickeln, sind wichtig.

Warum spielen alternative Kapitalgeber zunehmend eine größere Rolle bei Immobilienfinanzierungen als Banken?

Martin Sander: Banken, die neben dem klassischen Senior Debt auch mit Mezzanine-Anfragen bedacht werden, müssen die regulatorischen Anforderungen, die nach dem Crash in 2008 von den Aufsichtsbehörden angeordnet wurden, beachten. Dies führt zu einer deutlich reduzierten Risikobereitschaft und komplexen Bearbeitungsstrukturen. Die Finanzierungsanträge müssen erst diverse Gremien durchlaufen. Für Projektentwickler sind die finalen Entscheidungen und die lange Bearbeitungsphase oft nicht nachvollziehbar, geschweige denn für die Sicherung des Projektes förderlich.

Woraus legen Sie bei der Projektvergabe Wert?

Martin Sander: Bei Agora Invest kommen rund zwei Drittel des begleiteten Immobilienvolumens von Partnern, mit denen wir schon lange und über mehrere Projekte zusammenarbeiten. Wir haben klare Anforderungen an die Immobilienprojekte und erwarten immer ein Engagement des Projektentwicklers von mindestens fünf Prozent des Projektvolumens. Die Wege zu unseren Mitentscheidern auf Fondsebene sind kurz. Neben der Erfüllung der formalen Kriterien hören wir immer auch auf unser Bauchgefühl. Es hat sich für uns bewährt, mit Projektentwicklern Geschäfte zu machen, mit denen schon im ersten Gespräch die Chemie stimmte. Wenn wir eine Kapitalbereitstellung durch den Fonds oder Co-Investoren zugesagt haben, bleiben wir auch dabei.

Welche regionalen Präferenzen haben Sie?
Martin Sander: Wir sind momentan auf Deutschland fokussiert. Hier habe ich mit meinen Partnern seit über 25 Jahren ein verlässliches Netzwerk im Real Estate Sektor für Wohn- und Gewerbeprojekte aufgebaut. Anfang nächsten Jahres werden wir mit einem neuen Fonds auch Mezzanine in Österreich vergeben. Die Strukturen dort sind sehr ähnlich wie bei uns.

Werden alternative Finanzierungsinstrumente attraktiv bleiben, auch wenn das Neugeschäft gerade abnimmt?

Martin Sander: Wir glauben, dass die Perspektive für den Wohnungsbau in den nächsten Jahren weiter sehr positiv ist. Vor allem im niedrigen und mittleren Preissegment besteht schon jetzt ein enormer Bedarf, der nicht gedeckt wird. Hier wird die Politik Rahmenbedingungen schaffen müssen, um den Wohnungsbau weiter anzukurbeln. Davon profitieren dann auch wir.


Martin Sander ist geschäftsführender Gesellschafter der Agora Invest GmbH. Das Unternehmen hat über den in Luxemburg aufgelegen offenen Spezialfonds „Agora Invest REM2 SICAV SIF – Residential“ sowie über Direktinvestitionen in den letzten 2 Jahren mehr als 135 Millionen Euro Kapital an Projektwickler für unterschiedliche Wohnungsprojekte und -konzepte in Deutschland in A- und B-Lagen vergeben. Das dahinterliegende Projektvolumen ist über 360 Millionen Euro groß.








Leserumfrage
Wir schätzen Ihre Expertenmeinung!
Hier ist unsere Leserumfrage:
schnell & unkompliziert
Jetzt starten!