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06.12.2018 Immobilienkennzahlen – Mehr als nur ein Tool für Profis

Managen, kontrollieren, optimieren – diese Vorgänge sind ohne die dazugehörigen Kennzahlen in der Wirtschaft geradezu unmöglich. Insbesondere beim Handel mit Immobilien sind messbare Werte zwingend notwendig, um Entwicklungen und Trends sowohl sichtbar zu machen als auch schnell darauf reagieren zu können. Entscheidend ist dabei nicht die isolierte Kennzahl, sondern die Summe aus Variablen, die für eine korrekte Analyse notwendig ist. Aber auch die Summe wird nicht losgelöst von der Marktsituation und dem Zeitverlauf betrachtet, sondern immer in den passenden Kontext gestellt. Kennzahlen lösen Probleme nicht, sondern helfen dabei betriebswirtschaftlich relevante Fragen zu stellen: Was ändert sich, warum und in welchem Maß? Aus diesen Erkenntnissen gilt es dann anschließend die Konsequenzen für das Unternehmen zu ziehen. Erst im Vergleich mit weiteren Kennzahlen lassen sich ökonomisch informative Aussagen ableiten, die in Systemen gebündelt und in erster Linie zur Analyse, Steuerung und Informationsverdichtung eingesetzt werden. Christian Scheck, Director / Head of Occupier Services Germany bei Savills, über die Notwendigkeit von Kennzahlen und darüber, was Nutzer von Investoren lernen können.

Investoren schwören auf Kennzahlen – Nutzer sollten es ihnen gleichtun

Diese Art der Analyse findet vor allem auf Investorenseite statt, da sie sich einer Vielzahl von Kennzahlensammlungen und Literatur über deren Bedeutung bedienen können.
Erstaunlicherweise ist das Angebot für Immobiliennutzer, also Mieter gewerblicher Flächen, bei weitem nicht so ausgeprägt und das, obwohl der Mietvertrag in gewisser Hinsicht das Herzstück der Anlageklasse Real Estate darstellt. Doch nicht nur die Verfügbarkeit der Kennzahlen fällt für Nutzer deutlich geringer aus als für Investoren, auch die Expertise im Umgang mit Immobilien und deren Bewertung ist oftmals reduziert. Dies macht eine professionelle Auswertung von Kennzahlen und ihre korrekte Deutung für einen Großteil der Immobiliennutzer zu einer schwierigen und zeitaufwendigen Herausforderung. Der naheliegende Vergleich zwischen Monatsmiete in Bezug auf die gesamte Fläche reicht für eine korrekte Berechnung nicht aus: auch Betriebskosten, Anschaffungskosten sowie Projektnebenkosten spielen eine wichtige Rolle. Die Laufzeit eines Mietvertrages beträgt durchschnittlich fünf Jahre oder mehr, sodass die Nutzer in der Zwischenzeit – sofern sie nicht auch professionelle Immobilienmanager sind – kaum oder keine Berührungspunkte mit dem Gewerbemietmarkt und dessen Entwicklung haben.

Mit den richtigen Kennzahlen zur Transparenz

Der Schweizer Verband der Immobilieninvestoren und -verwaltungen, arbeitet an allgemeingültigen Kennzahlen, die plausibel zu messen und anzuwenden sind: 2005 erschien mit der Dokumentation D0213 „Finanzkennzahlen für Immobilien“ der Versuch, zwölf Kennzahlen einheitlich zu definieren. Diese bilden auch die Grundlage für einen europäischen Standard, der eine Vergleichbarkeit mit Nachbarstaaten ermöglicht. Sie lassen sich grob in drei Gruppen einteilen: Objekt-/ Bewirtschaftungskennzahlen zur Beurteilung einzelner Immobilien und Portfolios; statische Renditekennzahlen, die bei Transaktionen eine große Rolle spielen; sowie dynamische Renditekennzahlen zur Beurteilung von Immobilien im Vergleich mit anderen Anlagen.
Typische Parameter wie Nettokaltmiete, Erwerbsnebenkosten, nicht umlegbare Bewirtschaftungskosten sowie Kaufpreis setzen sich zu Kennzahlen wie den „Bruttoanfangsrendite“ (BAR) oder „Nettoanfangsrendite“ (NAR) nebst jeweiligem Multiplikator, zusammen. In Deutschland gibt es seit 2010 den „Kennzahlenkatalog Immobilienmanagement“, der entsprechende Zahlen für die Planung, Steuerung und Kontrolle für immobilienwirtschaftliche Aktivitäten sowie deren Management zusammenfasst.

Nettokaltmiete ist keine aussagekräftige Kennzahl für Nutzer

Für einige Nutzer steht der Mietpreis im absoluten Vordergrund, wenn es darum geht, die Finanzierbarkeit einer Immobilie zu evaluieren. Natürlich muss dieser Wert berücksichtigt werden, aber der Blick sollte die Immobilie ganzheitlich erfassen. Daher ist die Nettokaltmiete pro Flächeneinheit keine aussagekräftige Kennzahl. Für eine belastbare Investitionsentscheidung ist die Betrachtung unter Vollkosten und die Effizienz der Mietfläche notwendig. Unabhängig von den Einmalkosten zu Beginn ist auch eine periodische Aussage über die Umlage auf die Laufzeit erforderlich.
Dabei können die Anforderungen je nach Nutzer stark differieren: Während kostensensible Mieter mit Anforderungen an Großraumbüros in peripheren Lagen beispielsweise eine Arbeitsplatzmiete von etwa 200 Euro monatlich zu erwarten haben, sind Arbeitsplätze mit Anforderungen an Einzelzimmer in sehr zentralen Lagen ungleich teurer und können bis zu 1.500 Euro monatlich kosten. Wichtige Parameter für Büronutzer sind also: der Flächenverbrauch, die Flächen- bzw. Einmalkosten und die gesamte Anzahl der zu schaffenden Arbeitsplätze. Daraus ergeben sich die Kennzahlen, die sich zum einen auf die Gesamtinvestition und zum anderen auf den Arbeitsplatz beziehen. Es gilt, die Kennzahlen zu ermitteln und in den Vergleich zu stellen.

Auf den Palettenstellplatz genau ausgerechnet

Die Betrachtung von Kennzahlen für Nutzer in der Logistik-Branche folgt einem etwas anderem Ansatz: Die für die Berechnung notwendigen Kennzahlen beziehen Parameter wie die Fläche sowie Höhe der Halle, den Anteil an Kommissionierfläche und Blockregallager sowie die Wahl der Flurfördersysteme mit ein. Neben den so errechenbaren monatlichen Gesamtkosten sollten die Anzahl der Pallettenplätze und die Kosten pro Palettenstellplatz (auf Basis der Richtlinie Konsumgüterwirtschaft) berücksichtigt werden. Je konkreter die Zahlen zusammengetragen werden können, desto besser kann der Nutzer den Nutzwert der Immobilie für sich einschätzen.

Transparente Deals sorgen für Risikominderung

Allgemeinhin gilt: Je transparenter eine Leistungskennzahl gestaltet ist, desto geringer fällt das Risiko für die Projektbeteiligten aus. Eine Verdichtung der Kennzahlen führt zu einer Informationsentlastung – insbesondere für die höheren Führungsebenen. Eine zu starke Verdichtung kann hingegen dazu führen, dass die Realitätsnähe verloren geht. Als mögliche Lösung für dieses Problem bietet sich die Definition einer Spitzenkennzahl an, wie beispielweise die Rendite in Bezug auf Immobilienprojekte: So kann anhand von nur einer Kennzahl die Performance für Immobilienkapitalanlagen beurteilt werden. Die Definition von Kennzahlen ist demnach ein wichtiger und notwendiger Schritt auch für Nutzer, um mehr Transparenz auf dem internationalen sowie deutschen Markt zu erzielen. Ein unabdingbarer Schritt, um eine Vergleichbarkeit zwischen Ländern herzustellen sowie Standards zu entwickeln. Nur wer konsistent misst, kann auch steuern und ist somit für die möglichen Risiken gewappnet. Zudem sollten Kennzahlen niemals isoliert betrachtet werden, sondern ausschließlich im Kontext sowie im Zeitverlauf der Marktsituation. Die übergreifende Analyse einer Summe von Indikatoren ist der Schlüssel für ein aussagekräftiges Ergebnis. Der Mietvertrag ist eine langfristige, kostenintensive und schwer korrigierbare Investitionsentscheidung. Nutzer sollten diese Chance wahrnehmen, um ihre Risiken bei der Flächenbeschaffung bzw. -optimierung zu senken. Wer die notwendige Expertise nicht mitbringt, kann und sollte sich bei entsprechenden Experten Unterstützung suchen, um nicht gegenüber Investoren im Nachteil zu sein.










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