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25.02.2019 RICS: Erbbaurecht stärken, Bauland aktivieren

Die RICS Deutschland hat ein Positionspapier zum Thema „Erbbaurecht stärken, Bauland aktivieren“ herausgegeben und wendet sich damit an die Politik sowie weitere beteiligte Stakeholder. Die RICS versteht sich als unabhängiger Politikberater und handelt im öffentlichen Interesse. Martin Eberhardt FRICS, Vorstandsvorsitzender der RICS Deutschland: „Wir möchten Regierungen und Politiker im Bund, in den Ländern und Kommunen dabei unterstützen, weitere Lösungen bei der Baulandaktivierung und insbesondere bei der Schaffung bezahlbaren Wohnraums zu diskutieren.“

„In diesem Zusammenhang sprechen wir uns für eine intensive Auseinandersetzung mit dem Erbbaurecht aus, um seine Akzeptanz bei potenziellen Erbbaurechtsgebern und auch bei den Investoren zu erhöhen. Damit dieses gelingt, benötigt es neben dem politischen Gestaltungswillen auch technische Standards, um die komplexen Fragestellungen in der Bewertung und Finanzierung adäquat bearbeiten zu können.“

Insbesondere bei der Neuschaffung von Wohnraum, Büro und anderen Arbeitsplätzen sowie Quartieren ergibt sich aufgrund der limitierten Verfügbarkeit von Bauland ein Flaschenhals. Vielfach wollen sich Grundstückseigentümer im aktuellen Zinsumfeld nicht von ihrem Eigentum trennen. Für Kommunen und andere Gebietskörperschaften als Eigentümer von Bauland tritt zudem ein klares Dilemma zu Tage: Verkaufen sie Grundstücke zur Bebauung, wird häufig eine Veräußerung staatlichen Tafelsilbers beklagt. Verkauft die öffentliche Hand geeignete Flächen nicht, wird die mangelnde Unterstützung bei der Bereitstellung beispielsweise von bezahlbarem Wohnraum kritisiert.

Eine Erlösmaximierung und eingeschränkte Steuerungsmöglichkeit der Grundstücksnutzung verstärkt das Problem. Das gilt vor allem bei der Veräußerung des Volleigentums, denn diese führt langfristig dazu, dass die Kontrolle über die Nutzung verloren geht; eine wirksame Nutzungsbindung kann bei Veräußerung des Volleigentums nur begrenzt vereinbart werden.

Sabine Georgi, Leiterin des Bereichs Business Development & Politikberatung bei der RICS Deutschland: „Hier bietet sich mit dem Erbbaurecht ein Instrument an, um sowohl dem Grundstückseigentümer eine auskömmliche Rendite als auch dem Erbbaurechtsnehmer die Errichtung eines Gebäudes zu ermöglichen.“

Bislang wird das Erbbaurecht in Deutschland relativ selten angewendet. Nur 5 Prozent der für das Wohnen genutzten Flächen in Deutschland sind auf Erbbaurechten entstanden. In einigen anderen europäischen Staaten nutzt man das Erbbaurecht wesentlich intensiver, wie eine Umfrage unter RICS-Landesverbänden in Europa ergab.

In den Niederlanden, insbesondere in Ballungszentren wie Amsterdam, ist es beispielsweise eher die Regel als die Ausnahme, dass Gebäude im Rahmen des Erbbaurechts errichtet bzw. weiterveräußert werden, ohne dass die Grundstücke verkauft werden. Allein die Stadt Amsterdam ist Eigentümer von 80 Prozent der Grundstücke und hat ungefähr 200.000 Verträge geschlossen. „Gleichwohl zeigen uns die Erfahrungen im Nachbarstaat, dass es auf die Ausgestaltung ankommt. Großen Einfluss haben demnach die Laufzeit sowie die Anpassung und Ermittlung der Höhe des Erbbauzinses“, so Georgi.

Wenn es gelingt, mit Hilfe des Erbbaurechts Bauland zu kostengünstigen Konditionen zu vergeben, führt dies zu geringeren Investitionskosten und kann insbesondere im Bereich der sozialen Infrastruktur die wirtschaftliche Machbarkeit begünstigen oder überhaupt erst schaffen. „Das Erbbaurecht leistet damit einen entscheidenden Beitrag, denn der Grundstückseigentümer behält Einfluss auf die Bauvorhaben“, führt Eberhardt abschließend aus.

RICS-Empfehlungen zum Erbbaurecht: Standardisierung notwendig

1. Lange Laufzeit wählen > 99 Jahre.
2. Erbbauzins projektgerecht ausgestalten.
3. Bei der Ausgestaltung des Erbbauzinses eine Reihe von Aspekten beachten, die eine projektspezifische Lösung und die Beachtung unterschiedlicher Interessen ermöglichen.
4. Es muss nicht immer der klassische jährliche Erbbauzins sein.
5. Der Erbbauzins kann ganz oder teilweise kapitalisiert und als Einmalzahlung geleistet werden. Nicht zuletzt, um fiskalische Interessen zu bedienen und den Effekt niedrigerer Erbbauzinsen während der Laufzeit auszugleichen.
6. Anstieg des Erbbauzinses absolut beschränken (z.B. auf Inflation gedeckelt), dabei sind stets die langen Laufzeiten zu beachten.
7. Es können (in Verbindung mit einer (teilweisen) Kapitalisierung) erbbauzinsfreie Zeiten oder Phasen mit einem reduzierten Erbbauzins vereinbart werden.
8. Reduzierungen können mit der Einhaltung eines bestimmten Konzepts und der damit verbundenen Erreichung z.B. städtebaulicher und/oder sozialer Zwecke verknüpft werden und so eine Kompensation erreicht werden.
9. Änderungen bei der Grunderwerbsteuer erreichen: Anrechnung der Restlaufzeit auf die Grunderwerbsteuer bei der (vorzeitigen) Verlängerung streichen. Für die Restlaufzeit wird dieses derzeit doppelt erhoben.
10. Erbbauzinsreallast als bei Zwangsversteigerung bestehenbleibendes Recht nach § 9 Abs. 3 ErbbauRG vereinbaren. Dies erhöht den deckungsstockfähigen Anteil und verbessert dadurch die Finanzierbarkeit.
11. Übertragung nach Ablauf des Erbbaurechtsvertrages des Gebäudes zu 100 % des Verkehrswertes – Dadurch entstehende Risiken beim Grundstückseigentümer sind durch adäquate Vertragsgestaltung abzusichern: Dieser könnte sich für den Fall einer Neuvergabe vorbehalten, nur den im Rahmen einer Ausschreibung erzielbaren Betrag zu erstatten, der 100 Prozent des Verkehrswertes entspricht.

Veranstaltungsvorschau:
15. RICS-Focus am 11. April 2019, 9.30-17.00 Uhr, Berlin Ellington Hotel







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