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07.03.2019 Immobilienwirtschaft: Digitalisierung nur mit Qualifizierung erfolgreich

In der deutschen Immobilienwirtschaft rückt das Humankapital und insbesondere die Notwendigkeit der technologischen Weiterbildung und -entwicklung vor dem Hintergrund der Digitalisierung verstärkt in das Bewusstsein der Akteure. In der Umsetzung hapert es allerdings. Fehlendes Technologie-Know-how, Skepsis und nicht-offene Altsysteme wirken dem „Technology-Push“ entgegen, auch wenn das große Wort Digitalisierung mittlerweile von vielen besser eingeschätzt werden kann. Das ist eines der Ergebnisse des „Innovationsbarometers der Immobilienwirtschaft“.

Das diesjährige Innovationsbarometer der Real I.S AG und des EBS Real Estate Management Institutes der EBS Universität wurde erstmalig unter Beteiligung des Immobiliendienstleistungsunternehmens CBRE durchgeführt. Im Rahmen einer qualitativen Expertenbefragung wurde die Lage der Immobilienwirtschaft im Hinblick auf die Frage nach dem aktuellen Transformationsdruck untersucht, der die Notwendigkeit von Innovationen darstellt. Erstmalig wurden auch PropTech-Start-ups aus dem B2B-Bereich in die Untersuchung aufgenommen.

Ein Großteil der Branche ist sich einig, dass in Zukunft erheblicher Anpassungsbedarf zu erwarten ist. War der Transformationsdruck in den einzelnen Subsektoren in den Vorjahren sehr unterschiedlich ausgeprägt, ist er nun in fast allen Bereichen gleichauf und es zeichnet sich ein homogenes Bild – lediglich im institutionellen Investment fiel der Transformationsdruck diesmal aufgrund der aktuell guten Marktlage deutlich niedriger aus. Als zentralen Aspekt des Wandels im Zuge der Digitalisierung identifizierten die meisten Studienteilnehmer das Humankapital, insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit der technologischen Qualifikation und Weiterbildung. Dazu muss allerdings die Unternehmenskultur und in der Folge auch die Organisation passen.

Transformationsdruck in der gesamten Branche spürbar

„Kein Marktteilnehmer kann es sich leisten, nur noch reaktiv zu agieren und damit im Wettbewerb ins Hintertreffen zu geraten – gerade in Zeiten, in denen der technologische Fortschritt den bisherigen Anwendungen in der Immobilienwirtschaft oftmals um einiges voraus ist und auch jederzeit neue Wettbewerber von außerhalb der Immobilienbranche den Markt betreten können“, bilanziert Dr. Susanne Hügel, Autorin der Studie, Research Fellow des EBS Real Estate Management Institutes und tätig im Bereich EMEA Digital Innovation bei CBRE.

„Die Ergebnisse des Innovationsbarometers, welches wir in diesem Jahr erstmalig mit zusätzlicher Unterstützung von CBRE durchgeführt haben, zeigen deutlich, dass auch Asset- und Investment-Manager zukünftig innovativer und bestehende Strukturen und Prozesse angepasst werden müssen. Nur so kann auf die Veränderungen der Immobilienbranche reagiert werden. Dazu bedarf es eines kulturellen Wandels, auf den die technische Innovation folgen kann“, sagt Jochen Schenk, Vorstandsvorsitzender der Real I.S. AG.

„Mit unserer Beteiligung am Innovationsbarometer wollen wir dazu beitragen, das Verständnis über die Innovationsstärke und Digitalisierung der Branche zu stärken. Die Immobilienbranche öffnet sich immer mehr innovativen Lösungen, um die fortschreitende Digitalisierung aktiv mitzugestalten“, erläutert Prof. Dr. Alexander von Erdély, CEO von CBRE in Deutschland.

Transformationsdruck im Immobilienmanagement und der Finanzierung nimmt zu
Vor allem im Subsektor Finanzierung und Immobilienmanagement machten die Befragten einen steigenden Transformationsdruck aus. Die Finanzierungsexperten waren sich einig, dass neue Gesetze und Regulierungen, wie etwa die DSGVO beziehungsweise GDPR, von den etablierten Marktteilnehmern innovative Lösungen erfordern. Auch die Erwartungshaltung und Verhaltensänderung der Kunden wirkt hierbei verstärkt als Treiber. Allerdings setzen nun auch zunehmend neue Marktteilnehmer die klassischen Finanzierungsanbieter unter Druck. Startups, PropTechs und FinTechs sowie Versicherungen und Mitbewerber aus dem nichteuropäischen Raum zwingen die Marktteilnehmer ihre Geschäftsmodelle anzupassen, um dem Profitabilitätsdruck zu begegnen. Zwar konnten die neuen Marktteilnehmer noch keine nennenswerten Anteile erobern, allerdings ist ihre Präsenz bereits wahrnehmbar.

Auch im Immobilienmanagement zwingen ein konstant hoher Preisdruck und die gesteigerten Kundenbedürfnisse nach unkomplizierten und transparenten Dienstleistungen die Unternehmen dazu, über innovative Ansätze nachzudenken. Dabei sind und bleiben das Humankapital, fachlich gut ausgebildete Mitarbeiter, essenziell und können gerade im Zeitalter der Digitalisierung zum Wettbewerbsvorteil werden, wenn sie den technologischen Fortschritt mit dem fachlichen Wissen rund ums Immobilienmanagement vereinen können.

Gute Marktlage führt zu Entspannung im Bereich Investment

Im Bereich Investment hingegen hat der Transformationsdruck nachgelassen, häufig werden einfach nur altbekannte Dienstleistungen und Angebote mit einem neuen, frischen Label versehen. Grund dafür sei unter anderem die gute Marktlage. Steigenden Druck erwarten die Umfrageteilnehmer perspektivisch hauptsächlich von außerhalb der Branche, beispielsweise von großen Technologieunternehmen, die den Markt betreten.

„Gerade im internationalen Wettbewerb ist Innovation ein essenzieller Bestandteil einer nachhaltigen Unternehmenskultur. In einem engen Markt müssen für Kunden und Anbieter Mehrwerte durch die Transformation bestehender Dienstleistungen geschaffen werden. Wettbewerber, die den Innovationsgedanken vernachlässigen, laufen Gefahr auch international ins Hintertreffen zu geraten. Innovationsleistung bedingt jedoch die Einbindung von Partnern und Kunden. Die Real I.S. AG engagiert sich im Innovationsbarometer mit dem Ziel, die Innovationsfähigkeit der heimischen Immobilienbranche zu stärken“, berichtet Schenk.

Take-off der PropTechs?

Die PropTech-Start-ups allerdings beklagen die mangelnde Transformationsbereitschaft der Branche. Es sei technologisch weit mehr möglich, als derzeit getan wird. Auch wenn gerne intensiv über neue Geschäftsmodelle auf hochtechnologischer Basis gesprochen wird, wurden die aktuellen, etablierten Geschäftsmodelle noch längst nicht auf ein höheres digitales Niveau gehoben. Von den PropTechs wird hingegen erwartet, alle Probleme der gegenwärtigen Geschäftsmodelle mit einem großen Wurf zu lösen. Kompatibilität und Modularität, auch in Ergänzung zu bestehenden Systemen, seien dagegen der Weg, um Innovation und Funktionalität zu verbinden und Synergieeffekte zu erzeugen. Dabei zeichnen sich die Start-ups durch ihre hohe Kundenzentrierung aus und fügen sich oft additiv in die Wertschöpfungskette der Dienstleistungen etablierter Unternehmen ein.

Innovation ist keine Insellösung

Für die Zukunft erwartet der Ergebnisbericht einen zunehmenden Austausch, mehr und größere Kooperation zwischen den verschiedenen Marktteilnehmern. Damit Innovationen den Markt nachhaltig durchdringen, müssen insbesondere bei neuen Technologien oder Geschäftsmodellen auch die Unternehmenspartner und Kunden einen vergleichbaren technischen Stand aufweisen, damit die immobilienwirtschaftliche Wertschöpfungskette digital durchlaufen kann. „Es bringt wenig, wenn ein Unternehmen eine App für seine Immobilieninvestoren entwickelt, diese aber zu 90 Prozent mit dem Rechenschieber arbeiten. Vielmehr sollte bei der Entwicklung digitaler Lösungen von Anfang der größtmögliche Kundennutzen im Fokus stehen, und auch das Change-Management für die Umstellung von analog auf digital darf nicht vernachlässigt werden“, sagt Hügel.

„Innovation kann keine Insellösung sein. Um die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standortes und unseres Unternehmens bewahren zu können, versuchen wir mit dem Innovationsbarometer den Akteuren der Immobilienbranche mögliche Handlungs- und Transformationsmöglichkeiten aufzuzeigen“, erklärt Jochen Schenk. „Die Dienstleistungen sind transparenter und vergleichbarer geworden. Innovation kann ein Mittel sein, sich von der Konkurrenz abzuheben und den zunehmend strengeren Standards der Gesetzgeber gerecht zu werden. Die Zukunft wird zeigen, ob die Branche enger kooperiert, um eigene Standards zu implementieren und somit eine Überregulierung durch den Gesetzgeber zu verhindern.“










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