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06.05.2019 Weltwirtschaft: Stabilisierung, aber kein neuer Aufschwung

Ist der jüngste Aufschwung an den Börsen ein Zeichen dafür, dass die Konjunktur wieder anspringt? Dieser Eindruck entsteht jedenfalls, wenn man dieser Tage die vielen einschlägigen Kommentare von Anlagestrategen liest. Da ist von einer Verbesserung der Lage in China die Rede, von den positiven Impulsen, die dies auf Welthandel und Weltwirtschaft haben werde, von einer weiterhin robusten US-Konjunktur und einer Wachstumsbeschleunigung in Europa. Doch dieser Optimismus ist genauso übertrieben, wie es der Ende des Jahres 2018 dominierende Pessimismus war. Die Weltwirtschaft befindet sich damals wie heute klar im Abstieg vom Ende des Jahres 2017 erreichten Konjunkturgipfel. Auch wenn dieser Abstieg schleppend verläuft und in manchen Regionen vielleicht sogar ein kleiner Zwischenanstieg gelingt: Auf die Ausgangshöhe zurückkehren wird die Konjunktur so bald keinesfalls.

Kein neuer Boom in China

Dass China und die USA im Handelsstreit eine Einigung finden, liegt im Interesse beider Seiten und ist daher das wahrscheinlichste Szenario. Wann das der Fall sein wird, ist aber ebenso unsicher wie die Details einer möglichen Einigung. Unabhängig davon belegen immer mehr Konjunkturindikatoren aus China, dass die konjunkturstimulierenden Maßnahmen im Umfang von etwa 2 Prozent des BIP in China bereits wirken. Aber: Das Ziel der chinesischen Regierung bestand nicht darin, einen neuen Boom zu entfachen, sondern das Wachstum auf dem aktuell niedrigeren Niveau zu stabilisieren. Wenn die chinesische Wirtschaft im laufenden Jahr um 6,3 Prozent wächst, ist dies sicher mehr, als manche Pessimisten zur Jahreswende befürchtet hatten, aber es ist eben doch deutlich weniger als in den Boom-Jahren davor. Von China geht also ein Stabilisierungssignal aus, das auch den Welthandel vor einem Abrutschen in Negativregionen bewahren wird. Ein Push, der die Weltwirtschaft insgesamt nach oben katapultiert, ist allerdings nicht zu erwarten.

Schwächere Wachstumsdynamik in den USA

Die US-Wirtschaft hat sich im ersten Quartal noch einmal mit einem sehr soliden Wachstum in sehr guter Verfassung präsentiert. Mit dem Auslaufen der positiven Impulse aus der Steuerreform des vergangenen Jahres wird die Wachstumsdynamik in den kommenden Quartalen aber mit hoher Wahrscheinlichkeit zurückgehen. Die Rückkehr zum Potenzialwachstum – das im Falle der USA zwischen 2 und 2,5 Prozent liegt – ist sicher kein schlechtes Ergebnis, bedeutet für die Weltwirtschaft aber dennoch einen Dämpfer. Die Fed verhindert mit ihrer abwartenden Haltung ein weiteres Abrutschen, setzt mit einer insgesamt neutralen geldpolitischen Ausrichtung aber auch keine positiven Akzente für die Konjunktur.

Lage im Euroraum weiter angespannt

Eine moderate Belebung des Welthandels und die Stabilisierung der Lage in China mindern den außenwirtschaftlichen Druck auf die europäischen Volkswirtschaften, besonders auch auf Deutschland. Wenn nun die Folgen der neuen Zulassungsverfahren für Kraftfahrzeuge endlich überwunden sind, wird auch die Autoproduktion wieder etwas zulegen. In den kommenden Monaten werden sich also einige Aufhellungen in das eingetrübte Konjunkturbild im Euroraum mischen. Die Lage bleibt jedoch insgesamt angespannt: Die jüngsten Konjunkturindikatoren aus der Industrie geben keinerlei Anlass zur Entwarnung, und die Auftragseingänge verheißen keine schnelle und vor allem keine grundlegende Kehrtwende. Nach wie vor drohen neue Zölle auf den Export von Autos und Autoteilen in die USA. Die Regierung in Italien schafft es nicht, der Wirtschaft positive Impulse zu geben und treibt stattdessen die Verschuldung weiter nach oben, was eine neue Schuldenkrise in Europa auslösen könnte.

Die seit Jahresbeginn weiter gesunkenen Anleiherenditen zeigen, dass die Akteure an den Rentenmärkten die weltwirtschaftliche Lage derzeit offenbar realistischer einschätzen als ihre Kollegen an den Aktienmärkten.









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