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07.05.2019 Baufinanzierung: Ist Immobilienkauf schwieriger geworden?

Immobilien kosten deutlich mehr als noch vor zehn Jahren. Gleichzeitig sind durch stark gesunkene Zinsen die Finanzierungen günstiger geworden. Bezieht man die Lohnentwicklung mit ein, stellt sich die Frage: Ist es heutzutage schwieriger, ein Haus zu finanzieren? Wie verändern sich die Baufinanzierungen im Hinblick auf Zinsleistungen und Anforderungen an Eigenkapital? In einer Beispielrechnung* untersucht Dr. Klein für zehn Metropolregionen, wie viele monatliche Nettohaushaltseinkommen 2007 und 2017 für die Immobilienfinanzierung nötig waren.

„Dass eine Immobilienfinanzierung heutzutage aufwändiger ist als vor zehn Jahren, stimmt so nicht“, resümiert Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender der Dr. Klein Privatkunden AG. „Die Vergleichsrechnung zeigt eher das Gegenteil: In fünf der zehn untersuchten Regionen ist das Verhältnis vom notwendigen Gesamtkapitaleinsatz zum durchschnittlichen Haushaltsnettoeinkommen gesunken.“ In Dresden, Düsseldorf, Dortmund, Frankfurt und Köln sind 2017 elf bis 15 Monatsgehälter weniger notwendig als zehn Jahre zuvor. Mit -2 bis +2 Monatsnettogehältern ist der Finanzierungsaufwand in Hannover, Hamburg, Stuttgart und Berlin nahezu konstant. Nur München ist ein Ausreißer: „Wer hier eine Immobilie finanziert, muss tiefer in die Tasche greifen“, so Neumann.

Immobilienfinanzierung 2017: für Dresdner günstiger, für Münchner aufwändiger

Am deutlichsten ist die Differenz der aufzuwendenden monatlichen Haushaltsnettoeinkommen in Dresden: 2007 waren für die 20-jährige Volltilgung des Eigenheims 160 Monatsnettohaushaltsgehälter notwendig, in 2017 nur 145. Die Übersicht zeigt auch: Im Verhältnis zum durchschnittlichen Einkommen ist das Preis-Einkommens-Verhältnis für die Immobilie in Hannover am günstigsten. Hier braucht es zur Finanzierung des Hauses 111 Monatsgehälter – halb so viele wie in München. Die bayerische Landeshauptstadt ist die einzige Region, in der die gesunkenen Zinsen und das Gehalt die Preissteigerung nicht mindern oder ausgleichen: 2007 mussten Münchner 211 Haushaltsnettoeinkommen aufwenden, zehn Jahre später sind es 237 – ein Plus von knapp 20 Prozent.

Die Modellrechnung geht vom durchschnittlich gezahlten Preis für ein selbst genutztes Einfamilienhaus in 2007 und 2017 aus sowie einem Eigenkapitaleinsatz von 20 Prozent plus der Kaufnebenkosten. Letztere steigen prozentual zum Immobilienpreis. Und der hat sich in den vergangenen zehn Jahren deutlich nach oben entwickelt: Legt man den gemittelten gezahlten Preis für ein Einfamilienhaus in der jeweiligen Region zugrunde, beträgt die Steigerung zwischen 29 Prozent in Düsseldorf und 63 Prozent in München.

Michael Neumann könne nachvollziehen, dass die Preisentwicklung auf dem Immobilienmarkt einige Kaufinteressenten verunsichert und für die vorschnelle Annahme sorgt, dass sie sich eine Immobilie nicht mehr leisten können. Aber: „Den vermeintlichen Selbstvorwurf ‚hätte ich doch vor zehn Jahren etwas gekauft? lasse ich nicht gelten, jedenfalls nicht uneingeschränkt: In Relation zum Gehalt waren die Gesamtkosten in vielen Fällen vergleichbar mit der aktuellen Situation“, so Neumann.

2017 bis zu 60.000 Euro weniger Zinsen fällig als 2007

Dass der Gesamtkapitaleinsatz für eine Immobilie – also Eigenkapital plus Darlehenssumme plus Zinsen – nicht in gleichem Maße gestiegen ist wie der Immobilienpreis, liegt am gesunkenen Zinssatz. Die Beispielrechnung zeigt, dass dieser die Zinszahlungen überall deutlich reduziert: Gegenüber 2007 kosten die Zinsen zehn Jahre später 31 bis 45 Prozent weniger. In Frankfurt beträgt die gesparte Differenz 60.000 Euro, auf einen ähnlichen Betrag kommen auch München und Düsseldorf. Prozentual gesehen ergibt sich die größte Zinsleistungs-Differenz für Dortmund: Bei einem Kaufpreis von rund 238.000 Euro wurden bei einer 20-jährigen Volltilgung 2007 circa 114.000 Euro für Zinsen fällig – fast 50 Prozent des Kaufpreises. 2017 belaufen sich die Zinsleistungen bei einem Kaufpreis von 309.000 Euro auf lediglich 62.000 Euro, also 45 Prozent weniger, bzw. nur noch 20 Prozent des Kaufpreises.

Laut Michael Neumann ließen sich viele Interessenten von den hohen Preisen abschrecken, bezögen die niedrigen Bauzinsen aber nicht in die Überlegung mit ein. Er empfiehlt, sich eine Immobilienfinanzierung unverbindlich durchrechnen zu lassen: „Viele sind überrascht, wie viel sie sich dann doch leisten können – trotz der mitunter hohen Immobilienpreise“, so seine Erfahrung.

Bedarf an Eigenkapital stark gestiegen

Auch wenn die gesunkenen Zinsen bei der Immobilienfinanzierung in 2017 die Zinskosten dämpfen: Die gestiegenen Immobilienpreise ziehen höhere Erwerbsnebenkosten nach sich und damit höhere Gesamtkosten. „Will man einen relevanten Anteil des Immobilienpreises aus eigenen Mitteln bestreiten, bedeutet das mehr Eigenkapitaleinsatz als noch vor zehn Jahren“, so Michael Neumann. Beträgt der Anteil 20 Prozent vom Kaufpreis plus Nebenkosten, erhöht sich das erforderliche Eigenkapital im Schnitt um fast 45 Prozent. München bleibt Spitzenreiter mit rund 189.000 Euro statt 116.000 Euro (plus 63 Prozent), und selbst in Dresden – die Region mit der geringsten absoluten Differenz – beträgt das Plus knapp 26.000 Euro.

Oft reichen die eigenen Mittel nicht für den Anteil von 20 Prozent wie in der Musterrechnung. Michael Neumann empfiehlt in jedem Fall: „Wer über Erspartes verfügt, sollte einen erheblichen Teil davon in die Finanzierung einbringen. Dort ist es wesentlich besser angelegt als in wenig rentierlichen Anlageformen. Sichere Anlagealternativen sind derzeit niedrig verzinst und bringen nach Inflationsbereinigung häufig Negativzinsen.“ Er weist aber auch darauf hin, dass der Sparstrumpf nicht mit aller Kraft ausgewrungen werden sollte: „Das vorhandene Eigenkapital sollte großzügig, aber nicht bis auf den letzten Cent in die Finanzierung eingebracht werden. Ein gewisser Sicherheitspuffer ist immer empfehlenswert: Beim Neubau kann man so eine Differenz ausgleichen, wenn das Vorhaben vom ursprünglichen Plan abweicht und bei älteren Objekten sind früher oder später Modernisierungsmaßnahmen notwendig.“



* Die Rechnung basiert auf folgenden Grundannahmen: gemittelter tatsächlich gezahlter Preis für ein Einfamilienhaus hochgerechnet auf 150 qm, 20 Prozent Eigenkapital des Kaufpreises plus Nebenkosten, 20-jähriges Volltilgerdarlehen, durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen laut Statistischem Bundesamt (neue/alte Bundesländer)









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