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20.05.2019 Finanzmärkte mit geopolitischem Reality Check

Nachdem viele Finanzmärkte zwischenzeitlich neue Allzeithochs markiert haben, ist nun eine Phase der Fragilität eingetreten, in der gegensätzliche Kräfte auf die Märkte einwirken. Niedrige Zinserwartungen und akkomodierende Notenbanken in Kombination mit schwächeren, aber immer noch tragfähigen Fundamentaldaten, schaffen eine grundsätzlich günstige Konstellation für Risikoanlagen („Sweet Spot“). Die zuletzt schlechten Nachrichten aus der geopolitischen Sphäre haben jedoch gezeigt, wie verletzlich dieser „Sweet Spot“ in Wirklichkeit ist. Die Verschärfungen von US-Präsident Trump im Handelsstreit zwischen den USA und China und im Iran-Konflikt haben die geopolitischen Risiken, die von den Finanzmärkten lange wohlwollend ignoriert wurden, schlagartig auf die Agenda zurückgebracht. Die grundsätzliche Richtung der Märkte ist damit stark abhängig vom Ausgang der gegenwärtigen geopolitischen Konflikte.

Politik des maximalen Drucks kann außer Kontrolle geraten

Im Falle Chinas gehört die kontrollierte Eskalation zur bekannten Verhandlungstaktik von Trump, um das jeweilige Gegenüber zu größeren Zugeständnissen zu zwingen. Allerdings birgt diese Strategie die Gefahr, dass die chinesische Administration ihrerseits auf Stärke setzt, um das Gesicht zu wahren. So könnte der Konflikt ungewollt eskalieren und letztlich beiden Seiten schaden. Beim Iran geht die Trump-Administration noch eine Stufe weiter und wendet eine Doktrin des maximalen Drucks mit extrem harten Sanktionen an. Damit soll der Iran zur Kooperation oder gleich zum Regimewechsel gezwungen werden. Schlägt diese Strategie fehl, oder wird sie sogar noch weiter verschärft, könnten bestehende Konflikte in der Region unkontrollierbar eskalieren, mit deutlichen Risiken für den Ölpreis.

Komplexität der Finanzmärkte gestiegen

An den Finanzmärkten verstärken diese geopolitischen Risiken die Neigung zu schnellen Stimmungswechseln, was hohe Komplexität und Szenario-Reagibilität impliziert. Sollten sich die geopolitischen Problemfelder günstig entwickeln, käme das „Sweet Spot“-Umfeld erneut zur Entfaltung und könnte weitere Kursavancen auslösen. Auf der anderen Seite kann eine Eskalation der geopolitischen Konflikte sehr deutliche Korrekturen nach sich ziehen. Nach den starken Kursgewinnen in diesem Jahr ist die Bereitschaft vieler Investoren für Gewinnmitnahmen hoch. Anleger sollten deshalb jederzeit hellwach sein, um auf plötzliche Änderungen im Anlageszenario flexibel reagieren zu können.

(Autor: Dr. Eduard Baitinger, Head of Asset Allocation in der FERI Gruppe)







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