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21.11.2019 Eingliederungshilfe: Muss es der Staat lösen, kann es der Markt lösen?

Am 1. Januar 2020 tritt das neue Eingliederungshilferecht vollständig in Kraft. „Wohnungsunternehmen werden damit konfrontiert werden, Wohnraum für Menschen mit Behinderung zu schaffen“, konstatiert Stefan Werner, Landesgeschäftsführer des paritätischen Wohlfahrtverbandes, zur 1. Fachtagung Soziale Herausforderungen der Wohnungswirtschaft am 13.11.2019 in Erfurt.

Natürlich möchte jeder am liebsten in den eigenen vier Wänden leben, aber das kostet deutlich mehr Geld, weil dafür gewisse bauliche Voraussetzungen und mehr Mitarbeiter nötig sind als bei der Unterbringung in Heimen. Das gilt auch für ältere Menschen mit Einschränkungen.

Die Wohnungswirtschaft steht vor der großen Aufgabe, Baumaßnahmen zur Reduzierung von Barrieren, Einsparung von Energie sowie zum Schutz vor Extremwettereinflüssen zu finanzieren. Hinzu kommt der ohnehin anstehende 2. Sanierungszyklus der neuen Bundesländer, welcher alleine schon etwa eine Milliarde Euro Investitionsvolumen pro Jahr erfordern wird. Damit keine gravierenden Probleme entstehen, werden deutlich erweiterte Förderprogramme und eine angemessene Höhe der Wohngeldzuschüsse benötigt.

Ob eine Finanzierung dieser notwendigen Maßnahmen aus Steuergeldern fair ist, lässt sich leicht beantworten. Ja. Denn Wohnungsunternehmen übernehmen immer mehr Aufgaben, die eigentlich dem Staat obliegen: Maßnahmen zur Kinderbetreuung, sie sorgen für Sicherheit in der Öffentlichkeit, Integration von Zuwanderern, soziale Isolation bekämpfen, Gemeinschaften stärken, Alltagshilfe für die Schwachen u.v.m. – der Verband Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft hat 50 ganz verschiedene soziale Projekte in einer Dokumentation zusammengefasst. (Das PDF „Alternative Wohnformen und soziale Projekte“ erhalten Sie über rebecca.brady@vtw.de)

Sozialrendite

Dr. Oliver Rottmann, Geschäftsführender Vorstand des Kompetenzzentrums öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge e.V., Universität Leipzig, berechnete unter anderem für die KoWo Erfurt den Wert der Projekte, die der sozialen Verantwortung des Unternehmens dienen. Cornelia Schönherr von der KoWo: „Wir haben die Sozialrendite berechnen lassen, um den Mehrwert unserer Aktivitäten zu erfassen.“ Ein €-Zeichen zeige manchen Menschen mehr als bunte Bilder und nette Geschichten, erklärte Sie.

Marlis Selle, Vorstandsmitglied der Allgemeinen Wohnungsbau-Genossenschaft eG Weida/Thüringen, referierte über ein gemeinsames Projekt mit der AWO: „Wir haben eine sehr persönliche Wohngemeinschaft für Senioren mit „Pensions- statt Heim-Charakter“.

Ein weiteres Vorzeige-Kooperations-Projekt der Thüringer Wohnungswirtschaft findet sich in Rudolstadt und trägt den Namen „Zusammenwachsen“. Herr Appelfeller von der AWO, der vor Ort alle Fäden zusammenhält, beschreibt das erfolgreiche Quartiersmanagement als „die Gleitmasse zwischen Wirtschaft, Politik und Bürgern, um die Lebensqualität der Bewohner zu verbessern“.

Ein Plattenbauquartier der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft Nordhausen wurde im Rahmen eines Wettbewerbes aus Gebäuden vom Typ WBS70 entwickelt. Hier entstanden u.a. moderne „Clusterwohnungen“, also Wohngemeinschaften mit minimaler persönlicher Infrastruktur aus kleinem Bad und Miniküche in Kombination mit großzügigen Gemeinschaftsbereichen – für Senioren oder Studenten, und alle anderen Menschen, die gerne so wohnen möchten.

Frank Emrich, Direktor vom Verband Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e. V. (vtw), betonte: „Die unzähligen innovativen Ideen und Projekte in Thüringen müssen mehr in den Fokus der Öffentlichkeit rücken. Wir sind die Guten. Unsere Mitglieder vermieten zu sehr fairen Preisen und engagieren sich für die Gesellschaft. Weitere finanzielle Belastungen sind nicht nur unfair, sondern gefährden auch die langfristige Leistungsfähigkeit der Wohnungsunternehmen.“







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