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27.03.2020 Corona-Krise: Wie geht es jetzt auf dem Wohnungsmarkt weiter?

Die Corona-Krise erschüttert die Welt, sie erschüttert Deutschland – und sie lässt auch den Wohnungsmarkt nicht unberührt. Einige Überlegungen und Vorschläge zum Umgang mit einer unbekannten Situation.

Unaufhörlich kletternde Immobilienpreise und Wohnungsmieten in den Städten, Leerstände in schrumpfenden Regionen, Blasengefahr – das waren die Themen auf dem deutschen Wohnungsmarkt vor der Corona-Krise. Inzwischen ist die Welt eine andere und in der Konjunktur der Aufmerksamkeit dominieren noch existenziellere Fragen. Das bedeutet nicht, dass sich die Sorgen in Bezug auf den Wohnungsmarkt in Luft aufgelöst hätten. Sie stehen allerdings unter anderen Vorzeichen. Im Folgenden einige Überlegungen dazu, welchen Lauf die Entwicklungen nehmen könnten.
Das Glück im Unglück besteht womöglich darin, dass sich die Immobilienmärkte in einem wesentlichen Punkt von den Aktienmärkten unterscheiden: Sie reagieren sehr träge. Im Moment beobachten die Immobilienexperten vor allem eins: Die Transaktionen sind stark zurückgegangen, eine Preisbildung findet also kaum noch statt. Welche Gemengelage sich künftig aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage für die Entwicklung der Immobilienpreise ergibt, ist weitgehend offen.

Was mit den Wohnungspreisen passieren könnte

Auf der einen Seite werden private Wohneigentümer in spe angesichts der aktuell großen wirtschaftlichen Unsicherheiten Kaufzurückhaltung üben. Umzüge innerhalb Deutschlands nehmen ab, die Zuwanderung aus dem Ausland kommt fast zum Stillstand. Ob längerfristig planende Investoren jetzt eher ins Betongold fliehen oder ihnen aufgrund der Entwicklung an den Aktienmärkten und Ausfällen von Mieteinnahmen die Mittel dazu fehlen werden, wird sich erst noch zeigen. Dass es einen Zinsanstieg gibt und sich die Anlagepräferenzen verschieben, ist aber eher unwahrscheinlich.

Auf der anderen Seite ist auch die Entwicklung des Angebots völlig offen. Dass die Bautätigkeit unter der Corona-Krise leiden dürfte, zeichnet sich schon jetzt ab. Nach einer Mitgliederbefragung des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen rechnen drei Viertel der Unternehmen mit der Verzögerung von Bauvorhaben, unter anderem aufgrund von Lieferengpässen, den Ausfall von Mitarbeitern und den Stillstand auf kommunaler Seite: Bauprojekte können nicht angegangen werden, weil die Gemeinden wichtige Entscheidungen ausgesetzt haben.
Steigen würde das Angebot an Wohnungen dagegen, wenn Immobilien zunehmend aufgrund von Notlagen veräußert werden müssten – woran heute niemand denken mag. Selbstständige und Freiberufler beispielsweise könnten aufgrund von Liquiditätsengpässen gezwungen sein, Wohnungen zu verkaufen, die der Altersvorsorge dienen. Gleiches gilt, wenn sich Kleinvermieter mit zu hohen Mietausfällen konfrontiert sehen.

Man muss kein Prophet sein, um daraus abzuleiten, dass sich die Immobilienpreisentwicklung in einem solchen Szenario zumindest vorübergehend beruhigen wird. In welche Richtung es langfristig geht, hängt von Dauer und Schwere der Krise sowie der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank ab. Seriös einschätzen lässt sich das heute noch nicht.

Die Krise meistern – worauf es jetzt ankommt

Damit sich erst gar keine Kettenreaktionen entwickeln, die zu einem Einbruch der Immobilienpreise führen, sind drei Dinge wichtig. Erstens: Die richtige Ausgestaltung der politischen Unterstützung. Die aktuellen Beschlüsse sind teils vernünftig, teils aber auch weniger ausgegoren. Richtig ist alles, was dazu beiträgt, Zahlungsausfälle zu verhindern. Dazu zählen das Kurzarbeitergeld, Liquiditätshilfen, Zuschüsse und Steuerstundungen. Auch die Möglichkeit, Zins- und Tilgungszahlungen für Immobilienkredite drei Monate auszusetzen, trägt voraussichtlich zur Stabilisierung bei.

Was noch zu wenig bekannt sein dürfte, aber unbedingt genutzt werden sollte, bevor Kreditraten in die Zukunft geschoben werden: Auch jene Menschen, die im eigenen Haus oder der eigenen Wohnung leben, können Wohngeld bekommen. Es nennt sich in diesem Fall Lastenzuschuss und seine Höhe richtet sich nach Einkommen, Zahl der Haushaltsmitglieder und Wohnkosten. Selbstnutzer, die infolge von Corona auf Grundsicherungsleistungen, also Arbeitslosengeld II, angewiesen sind, bekommen die „Kosten der Unterkunft“ vom Jobcenter. Es wäre wünschenswert, dass die damit verbundene Angemessenheitsprüfung in Ausnahmesituationen wie diesen zugunsten der Betroffenen gehandhabt wird.

Kritsch zu sehen ist am Krisenpaket die Ausgestaltung der Hilfen für Mieter in Form des Kündigungsschutzes bei Mietrückständen. Denn dies geht einseitig zu Lasten der Vermieter, insbesondere der vielen Kleinvermieter, deren Finanzierung dadurch wackeln kann oder deren Alterseinkünfte gefährdet sind. Der von verschiedenen Stellen vorgebrachte Vorschlag, einen staatlichen Wohnkostenfonds aufzulegen, der bei Zahlungsschwierigkeiten vorläufig in die Bresche springt, würde zu einem Interessenausgleich beitragen – und vor allem die Immobilienwerte stabilisieren. Sinnvoll wäre es aber sicher auch, bei solchen Überlegungen die Selbstnutzer miteinzubeziehen – spätestens dann, wenn das Problem nach drei Monate ausgesetztem Schuldendienst noch nicht gelöst sein sollte.

Zweitens: Miteinander reden. Ganz gleich, ob es um Miet- oder Kreditverträge geht – in aller Regel hat keine der beteiligten Parteien ein Interesse an der Auflösung eines Vertrags. Neue Geschäftsbeziehungen sind in Krisenzeiten schließlich nur schwer anzubahnen. Einseitig vertraglichen Verpflichtungen nicht nachzukommen, ist deshalb kein guter Weg. Gebot der Stunde und des gesunden Menschenverstands sollte viel mehr sein, miteinander zu reden und Kompromisse zu suchen. So lassen sich womöglich recht einfach individuelle Lösungen finden, die den Interessen aller Beteiligten gerecht werden.

Drittens: Ein schnelles Ende der Krise. Die ersten Szenarien der Konjunkturexperten aus den Wirtschaftsforschungsinstituten liegen auf dem Tisch, und damit ist schon heute klar: Der wirtschaftliche Einschnitt wird tief. Und er wird umso tiefer, je länger der Shutdown anhält. Nun kann die epidemiologisch notwendige Stilllegung des öffentlichen Lebens aber auch nicht so einfach beendet werden. Vorerst bleibt der Exit ein Hoffnungswert – er sollte aber mitgedacht werden. Ziel aller Bestrebungen muss es letztlich doch sein, Mittel und Wege zu finden, wie sich der wirtschaftliche Alltag auch unter dem Stern von Corona normalisieren lässt, bevor Heilmittel oder Impfung gefunden sind.

Was wird aus dem Traum vom Eigenheim?

Deutschland wird nach dem Ende der Pandemie ein anderes sein. Dass eine solche Krise auch viel Positives hervorbringen kann, hat der Zukunftsforscher Matthias Horx in einem lesenswerten Beitrag beschrieben. Und das gilt durchaus auch für das Wohnen. Der Wert der eigenen vier Wände, insbesondere der eines Hauses mit Garten, wird vor allem Familien in diesen Tagen deutlich. Vielleicht stehen wir auch vor einem Comeback des Landlebens. Rückt doch die Lebensqualität, die ländliche Regionen gegenüber den dicht besiedelten Städten bieten, gerade wieder überdeutlich ins Bewusstsein. Und die neue Kultur des flächendeckenden Homeoffice lässt einen weiter abgelegenen Wohnort für viele wieder in den Bereich des Vorstellbaren rücken. Eine Win-Win-Situation wäre es jedenfalls allemal: für jene die dort vergleichsweise günstig zu einem Eigenheim kommen, und für die Orte, in die wieder junges Leben einkehrt.

(Kommentar von Axel Guthmann, Leiter der LBS-Bundesgeschäftsstelle)






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