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12.05.2020 COVID-19 trifft Teil des Immobilienmarktes, fördert aber auch Trends

Die COVID-19-Pandemie hat weitreichende Folgen für nahezu alle Nutzungsarten der Immobilienwirtschaft in Deutschland. Das ist ein Kernergebnis einer umfassenden Darstellung zur derzeitigen Situation und einem Blick auf die mögliche Zukunft zu allen großen Assetklassen durch NAI apollo.

„Der Stillstand des Industrie- und Dienstleistungssektors und hier vor allem der Handels-, Gastronomie- und Hotelleriebereiche infolge des Lockdowns stellt den Immobiliensektor vor eine kaum dagewesene Herausforderung. Bereits erfolgte und angekündigte Lockerungen geben aus wirtschaftlicher Sicht Anlass zur Freude, ein normaler Geschäftsbetrieb wird aber in den meisten Bereichen auf unbestimmte Zeit unmöglich bleiben. Während einige Nutzungsarten von der Krise unvorbereitet getroffen wurden, sehen wir bei anderen Assets eine deutliche Beschleunigung bereits vorhandener Trends“, erklärt Andreas Wende, Geschäftsführer von NAI apollo. „Seien es Marktkonsolidierungen, Megatrends oder Nachfrageverschiebungen: Die Pandemie wirkt in Teilbereichen als Katalysator.“

Handelsimmobilien mit langfristigen Veränderungen

Deutliche Verwerfungen erkennt NAI apollo bei einem Teil der Einzelhandelsimmobilien. „Der Umsatz im stationären Non-Food-Einzelhandel wird auch bei kontrollierter Öffnung ohne Quadratmeterbegrenzung aufgrund vorgegebener Regelungen, wie einer maximalen Personenzahl im Geschäft, und schlechter Konsumstimmung nicht das Normalniveau erreichen. Die staatlichen Schutzmaßnahmen und Hilfszahlungen können die Umsatzeinbrüche in vielen Fällen nicht kompensieren. Insbesondere in schlechteren Nebenlagen sowie in Segmenten mit geringen Gewinnmargen wird es kurz- und mittelfristig zu Filialschließungen kommen. Damit erfährt der bereits vor mehreren Jahren begonnene Strukturwandel, vor allem im Textilsektor, nun durch die Krise eine Beschleunigung“, sagt Dr. Konrad Kanzler, Head of Research von NAI apollo. Die sinkende Flächennachfrage und notwendige Kosteneinsparungen auf Mieterseite werden den Druck auf Teilsegmente des Einzelhandelsimmobilienmarktes laut Einschätzung von NAI apollo weiter erhöhen.

Stabilität auf den deutschen Wohnungsmärkten

Auf den Wohnungsmärkten ist es in Folge der Kontaktsperren sowie einer abwartenden Haltung zu zeitlichen Verschiebungen von Neuanmietungen und Ankäufen gekommen. Bei bestehenden Verträgen werden sinkende Einkommen problematisch, wodurch geforderte Miet- und Kreditzahlungen nicht möglich bzw. nur zeitlich verzögert erfolgen. Die Möglichkeit für Stundungen von Mieten und Krediten, besonderer Kündigungsschutz, staatliche Einkommensunterstützung und ein Entgegenkommen der Vermieter wird hier zunächst die kritische Zeit überbrücken. „Je nach Dauer der Einkommensrückgänge kann die fehlende Kaufkraft zwar auch zu mittelfristigen Miet- und Kaufpreisrückgängen in vereinzelten Märkten führen“, meint Kanzler. „Langfristig wird sich der Wohnungssektor allerdings wieder stabilisieren.“ Die generelle Wohnraumnachfrage bleibt hoch, die in einer Vielzahl der deutschen Städte weiterhin nicht gedeckt werden kann. Angebotsseitig ist hier mit keiner Entspannung zu rechnen, so dass zunächst von keiner dauerhaften Veränderung der allgemeinen Rahmenbedingungen ausgegangen werden sollte. Zudem erwartet NAI apollo einen Nachfrageanstieg durch internationale Zuwanderung vor allem aus Ländern, die von der COVID-19-Pandemie und deren Folgen stärker betroffen sein werden. „Insgesamt kann dies in vielen Regionen nach überstandener Krise wieder zu steigenden Kauf- und Mietpreisen führen“, sagt Kanzler.

Zeitlich versetzte Auswirkungen bei Büroimmobilien

Im Bürosektor rechnet NAI apollo mit einer zwar zeitlich verzögerten, aber dafür nachhaltigen Nachfrageänderung. „Um vorgegebene Abstände zwischen Mitarbeitern einhalten zu können, ist zunächst ein zusätzlicher Flächenbedarf denkbar. Dies hätte aber lediglich einen minimalen und zudem kurzfristigen Effekt. Langfristig werden Büromieter verstärkt nach flexibleren, kleineren und effizient nutzbaren Flächenlösungen suchen, die auch die Implementierung digitaler Arbeitswelten ermöglichen“, meint Wende. „Das klassische Büro, wie wir es kennen, wird dadurch in Frage gestellt.“ Während Coworking-Spaces aktuell aufgrund der flexiblen Kündigungsfristen Probleme haben, könnten sie mittelfristig profitieren, da Nutzer künftig mehr Flexibilität benötigen und nachfragen. Zudem erwartet NAI apollo im Falle eines längeren gesamtwirtschaftlichen Abschwungs einen niedrigeren Flächenkonsum und eine sinkende Nachfrage im Büroimmobiliensektor. An den meisten Standorten besteht aber aufgrund eines aktuell historisch niedrigen Büroflächenleerstands kurzfristig nicht die Gefahr eines Flächenüberangebots.

Potential für steigende Nachfrage nach Lager- und Logistikflächen

Im Lager- und Logistiksektor setzten mit Beginn der COVID-19-Pandemie zwei entgegengesetzte Entwicklungen ein. Von Problemen innerhalb langer Lieferketten, Problemen beim grenzüberschreitenden Verkehr sowie Produktions- und Absatzausfällen (u.a. Automobilsektor) ist der Lager- und Logistikmarkt negativ betroffen. Flächen vor allem zur Lagerung und Verteilung von Waren des täglichen Bedarfs werden hingegen stärker nachgefragt. Daneben werden Flächen für Produkte benötigt, die derzeit zwar weiter produziert, aber u.a. aufgrund der Vertriebshindernisse nicht verkauft werden können. In beiden Fällen beschränkt sich die Nachfrage aber auf die ersten Wochen bzw. wenige Monate, wodurch kurze Mietlaufzeiten notwendig sind. Mittelfristig prognostiziert NAI apollo einen steigenden Bedarf an Lager-, Verteil- und Versandzentren sowie Lösungen der Last-Mile-Logistik infolge des Bedeutungsgewinns des Onlinehandels. Ebenso erwartet das Unternehmen einen neuen Bedarf an Ergänzungslagern für den Aufbau größerer Warenbestände zur Vermeidung zukünftiger Lieferengpässe. „Wenn hierdurch der Nachfragrückgang anderer Logistikbereiche übertroffen werden kann, würde der gesamte Logistiksektor einen erneuten Schub bekommen“, meint Kanzler.

Hotel- und Gastronomiegewerbe mit den größten Problemen

Bei der Hotellerie und Gastronomie führte der Lockdown zu einem nahezu vollständigen Umsatzausfall. Die von den verschiedenen Landesregierungen vorgesehenen Lockerungen des Lockdowns werden hier sicherlich zu einer Verbesserung führen. Parallel schließen die notwendigen, aber auch strikten Rahmenbedingungen mit u.a. Hygienevorschriften und Abstandsregelungen einen normalen Geschäftsbetrieb auch in den kommenden Monaten aus. Dadurch könnten erzielbare Umsätze für ein wirtschaftliches Überleben nicht ausreichen. Die Gefahr von Insolvenzen und einer Marktbereinigung auf Anbieter- und Betreiberseite ist somit trotz Überbrückungskonzepte, Mietstundungen sowie staatlichen Förderungen und Hilfszahlungen nach wie vor groß. In Abhängigkeit der Zeitdauer der Pandemie und dem Zeitpunkt der Aufnahme des Normalbetriebs rechnet NAI apollo mit zum Teil deutlichen Miet- bzw. Pachtrückgängen aufgrund notwendiger Kosteneinsparungen und fehlender Flächennachfrage seitens (potentieller) Mieter. „Die Bereiche Hotel und Gastronomie zählen zu den am stärksten betroffen Wirtschaftsbereichen in Deutschland.

Insbesondere der Auslandstourismus wird voraussichtlich längere Zeit nicht mehr auf das Vorkrisenniveau zurückkehren können“, meint Wende. Zudem werde entscheidend sein, wie sich die Erfahrungen mit Onlinekommunikationstechniken auf Geschäftsreisen auswirken. „Schon heute ist prognostizierbar, dass die Anzahl von Geschäftsreisen zurückgehen wird, auch wenn das persönliche Treffen nicht gänzlich ersetzt werden kann. Dies wird sich in den entsprechenden Märkten sowohl der Hotellerie als auch der Gastronomie niederschlagen“, sagt Wende.








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