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18.06.2020 Corona-Krise: Bisher keine Lösung für Tourismusanbieter

Durch die Corona-Pandemie und das damit verbundene Reiseverbot ist eine kerngesunde Industrie in finanzielle Schieflage geraten. Das betrifft nicht nur den Pauschaltourismus, sondern auch andere Segmente wie die Ferienhausbranche. Ferienhausaufenthalte mussten kostenfrei storniert und angezahlte Mieten zurückerstattet werden, während Neubuchungen ausblieben. Die ausgelöste Stornierungswelle hat ein riesiges Finanzloch in die Kassen der Unternehmen gerissen. Nach Schätzungen des DFV betragen die Verluste im Ferienhaussegment von März bis Ende Mai rund 1,5 Milliarden Euro. Die Folge: massive Liquiditätsengpässe, Kurzarbeit und Schließungen. Allerdings fallen Anbieter touristischer Einzelleistungen weitgehend durchs Hilferaster. Der Deutsche Ferienhausverband drängt auf eine Lösung.

„Auch wenn sich die Nachfrage insbesondere für die Sommerferien positiv entwickelt, darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass die massiven Verluste bestehen bleiben“, sagt Michelle Schwefel, Geschäftsstellenleiterin des Deutschen Ferienhausverbands. „Die Existenzsorgen sind spürbar. Vor allem die Corona-bedingten Rückzahlungen an Reisende belasten die Unternehmen.“ Das von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket sieht vor, dass jenen Branchen, die von der Corona-Pandemie besonders betroffen sind, nicht rückzahlbare Hilfen gewährt werden. Demnach will der Staat für die Monate Juni bis August die betrieblichen Fixkosten bis zu 80 Prozent und zu einer Höhe von maximal 150.000 Euro erstatten, sofern das Unternehmen erhebliche Umsatzverluste seit April nachweisen kann. „Wir begrüßen, dass mittelständischen Unternehmen nun endlich auch nicht rückzahlbare Hilfen zur Verfügung stehen sollen. Aber die Hilfen greifen immer noch zu kurz. Zwar muss man für April und Mai hohe Verluste nachweisen, um die Soforthilfen beantragen zu können. Es können aber keine Hilfen für diese Monate in Anspruch genommen werden. Daraus ergibt sich die absurde Situation, dass ein Unternehmen trotz der in Aussicht gestellten Beihilfen Insolvenz anmelden muss, weil die verluststärksten Monate von Februar bis Mai nicht abgedeckt werden.“

Die bereitgestellten Hilfsgelder sind bis August beschränkt. Aus Sicht des DFV ein viel zu kurzer Zeitraum. „Auch wenn Verbote und Reisewarnungen schrittweise aufgehoben werden, wird sich der Tourismus nicht binnen weniger Wochen wieder erholen“, ergänzt Schwefel. „Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise werden noch lange nachwirken. Aber vor allem kritisieren wir, dass auch dieses Hilfspaket am dringendsten Problem der Branche verbeigeht und das sind die Corona-bedingten Rückzahlungsverpflichtungen gegenüber Urlaubern. Seit Wochen machen wir auf die branchenspezifischen Belange aufmerksam. Wir brauchen dringend eine branchenübergreifende Lösung für den gesamten Tourismus, auch für Anbieter touristischer Einzelleistungen“, sagt Schwefel. „Es geht nicht nur darum, die Existenz der Unternehmen zu sichern, sondern auch das Vertrauen der Gäste in die Reisebranche zu erhalten.“

Um diesen Umstand Rechnung zu tragen, setzt sich der DFV für einen Kredit-Rückzahlungsfonds ein, der den Unternehmen dabei unter die Arme greift, die Rückzahlungsforderungen zu erfüllen. Der Kredit-Rückzahlungsfonds soll über staatliche Mittel gespeist werden. Anbieter sollen auf diese Weise die Möglichkeit haben, aufgelaufene und zukünftige Rückzahlungen über einen KfW-Sonderkredit zu tilgen. Die Unternehmen zahlen diese Hilfen über einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren zu einem niedrigen Zinssatz zurück. Die Vorteile: Kunden erhalten eine sofortige Erstattung ihrer Zahlungen, Verbraucherrechte werden gewahrt. Die Unternehmen entgehen der Zahlungsunfähigkeit durch unkontrollierten Mittelabfluss. Arbeitsplätze und Angebotsvielfalt bleiben erhalten.

„Mit unserer Forderung stehen wir nicht allein da: Zwanzig Tourismusverbände haben sich zum Aktionsbündnis Tourismusvielfalt zusammengeschlossen, um sich für dieses Ziel einzusetzen“, erklärt Schwefel. „Uns ist es wichtig, dass die Interessen aller Marktakteure vertreten werden und die Tourismusbranche in ihrer Vielfalt ein gemeinsames Sprachrohr hat. Das Ökosystem Tourismus funktioniert nur in seiner Gesamtheit. Von einem solchen Fonds würde die gesamte schwer gebeutelte Tourismusbranche in Deutschland profitieren.“

Dass Finanzhilfen zu spät und kaum bedürfnisorientiert auf den Weg gebracht wurde, ist nur ein Missstand. Der DFV kritisiert auch die mangelnde Aufmerksamkeit der Politik für den Individualtourismus. „Wenn sich die Politik mit dem Thema Tourismus beschäftigt, geht es hauptsächlich um Pauschalreisen und Flugtickets. Das wird dem komplexen Kosmos Tourismus nicht gerecht. Der Individualtourismus nimmt gerade in Deutschland einen hohen Stellenwert ein: Ferienwohnungen, Camping, Bootscharter, Hotelübernachtungen, Busreisen, Städtetouren, Freizeitparks – all das prägt die Tourismuslandschaft. Diese Bereiche werden von der Politik vergessen.“

Jedes Jahr generiert der Ferienhaustourismus Umsätze in Milliardenhöhe, sichert Arbeitsplätze und Finanzeinnahmen in strukturschwachen Regionen. Jede vierte Übernachtung in Deutschland findet in einer Ferienwohnung statt. Gesamt sind im Tourismus in Deutschland drei Millionen Arbeitskräfte beschäftigt. „Es ist wichtig, die Tourismusbranche in ihrer Gesamtheit zu stützen und nicht nur einzelne Akteure. Bleibt es bei der einseitigen und unzureichenden Berücksichtigung touristischer Betriebe sehen wir eine große Gefahr für die Angebotsvielfalt. Und das trifft am Ende nicht nur die Unternehmen und ihre Mitarbeiter, sondern auch die Urlauber“, sagt Schwefel.







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