News RSS-Feed

26.08.2020 Büroflächen nach Corona im Veränderungsmodus

„Corona als Katalysator für die Entwicklung auf den Büromärkten schafft eine neue Realität mit klaren Gewinnern und Verlierern“, sagt Alex Lund, Manager European Research and Strategy bei M&G Real Estate:

„Als Büros auf der ganzen Welt als Reaktion auf die Eindämmungsmaßnahmen der Regierungen geschlossen wurden, verlegte sich der Arbeitstag im Handumdrehen in unsere Küchen, Schlaf- und Wohnzimmer. Die CEOs beglückwünschten ihre Teams zu der Geschwindigkeit dieses Übergangs. Doch schon bald stellte sich die Frage, ob dies zu einem dauerhaften Wandel führen würde. Die Antwort ist sehr von den jeweiligen persönlichen Umständen abhängig. Zwar wurden die Home-Office-Richtlinien massenhaft angenommen, doch die individuellen Erfahrungen waren bei weitem nicht einheitlich. Sie waren und sind abhängig von der Kinderbetreuung, der Möglichkeit eines privaten, ruhigen Arbeitsplatzes, der Fähigkeit nach getaner Arbeit abzuschalten, der richtigen IT- und Schreibtischausstattung, sozialen Aspekten und vielem mehr.

Isolationsmüdigkeit aufgrund des Corona-Home-Offices

Die psychologischen Auswirkungen der Lockdowns sind entscheidend für die Sehnsucht der Mitarbeiter nach einer Rückkehr ins Büro. Viele sind zum Beispiel (noch) nicht bereit, wieder den öffentlichen Personennahverkehr zu nutzen. Doch die Geschichte lehrt uns, dass Erinnerungen schnell verblassen. Nach dem Terroranschlag von 9/11 in New York prophezeiten Kommentatoren das Ende des Wolkenkratzers. Offensichtlich war dies nicht der Fall. Sobald ein Impfstoff gefunden wird, könnten wir einen ersten neuen Ansturm auf die Büros erleben: Viele Arbeitnehmer sind isolationsmüde und suchen Sozialkontakte bei der Arbeit. Wir glauben fest an die Zukunft der Büroimmobilien. Die eigentliche Frage ist vielmehr, wie das moderne Büro aussehen sollte und ob die bestehenden Gebäude in einer Post-Virus-Welt noch angemessen sind.

Agiles Arbeiten bedeutet, Alternativen zu haben

Der Übergang zu flexibler Arbeit ist seit einigen Jahren im Gange. Inzwischen ist es allgemein anerkannt, dass die Mitarbeiter nicht mehr von neun bis fünf Uhr, an fünf Tagen in der Woche im Büro sein müssen. Es ist sinnvoll, dass sich agiles Arbeiten immer mehr in unserem Leben verankert. Aber Flexibilität bedeutet auch, die Möglichkeit zu haben, in einem Büro zu arbeiten. Oft hängt diese Wahl von den Umständen ab. Es ist außerdem wichtig, zwischen verschiedenen Kulturen und Branchen zu unterscheiden. Während Länder wie die Niederlande oder Schweden fortschrittlich sind, hat Japan sein Stereotyp vom „Angestellten“ noch nicht abgeschüttelt. Auch hat sich das flexible Arbeiten in bestimmten Branchen naturgemäß stärker entwickelt. Und es gibt Unterschiede zwischen den Bereichen oder dem Stadium der Karriere einer Person. Jüngere Mitarbeiter unter 35 Jahren wollen viel seltener von zu Hause aus arbeiten als die über 50-Jährigen. All dies deutet auf einen unterschiedlichen Bedarf an Flexibilität und Raum hin.

Das Bürogebäude wird bleiben, wobei der Schwerpunkt auf Qualität statt Quantität liegt. Die typische moderne Büroumgebung spiegelt heute etwas Ansprechenderes wider als Reihen identischer Kabinen. Das Büro ist ein Teil der Kultur einer Organisation. Im Kampf um Talente ist dies von entscheidender Bedeutung. Berufsanfänger haben oft bereits klare Vorstellungen rund um soziale Interaktion, Wohlbefinden und Arbeitsethik. Es ist wohl diese demografische Entwicklung, die von den Unternehmen am meisten berücksichtigt werden muss. Veraltete Schreibtischflächen wurden durch Break-out-Kaffeeplätze, Innovationszentren und Wohlfühleinrichtungen ersetzt. Während also der Platz pro Mitarbeiter zurückgegangen ist, sind die Einrichtungskosten und Servicekosten tendenziell gestiegen.

Gewinner und Verlierer

Verlierer sind die Flächen, die unter den modernen Bürostandards liegen: Back-Office-Standorte in außerstädtischen Gewerbegebieten oder in kleineren Städten. Callcenter oder Branchen, in denen die Technologie seit langem vorhanden ist, werden den Übergang in die heimische Wohnung ermöglichen. So wird der Bürosektor wie der Einzelhandel wahrscheinlich ein zweistufiger Markt werden. Büroimmobilien zählen dabei weniger auf kurzfristige Gewinne, sondern werden langfristig geplant. Ein weiterer Aspekt: Die Struktur von Büroimmobilien eignet sich gut für den Umbau in Wohngebäude.

Gewinner sind die zentralen Lagen. Die Verlagerung der Nutzer in zentral gelegene Front-Offices hat viele Gründen: bessere Anbindung, Agglomerationsvorteile, Talentbindung oder ein geringerer CO2-Fußabdruck. Wichtig ist dabei, dass wir sehr sorgfältig über die Gestaltung von Büroraum nachdenken und gleichzeitig längerfristige ESG-Ziele berücksichtigen. Der Schwerpunkt des Designs muss sich um Flexibilität, Annehmlichkeiten, das Wohlbefinden der Mitarbeiter und den menschlichen Aspekt der Arbeit drehen. Die hohe Qualität der Flächen wird eine höhere Ertragssicherheit mit sich bringen. Vermieter älterer Gebäude oder von Gebäuden außerhalb der attraktiven Lagen müssen sich möglicherweise an geringere Cashflows gewöhnen.

Wie Investoren sich anpassen

Unternehmen werden versuchen, verlorene Erträge durch Umstrukturierung und Kosteneinsparungen wieder hereinzuholen. Der traditionelle Bürogrundriss wird dabei wahrscheinlich im Mittelpunkt stehen. Wie sich Investoren an das Tempo der künftigen Veränderungen anpassen, wird wahrscheinlich in zehn Jahren über ihren Erfolg entscheiden, da Büroimmobilien eine sich langsam verändernde Assetklasse sind. Langfristig wird es der Nutzer sein, der die globalen Büroflächen prägt.“






Leserumfrage
Wir schätzen Ihre Expertenmeinung!
Hier ist unsere Leserumfrage:
schnell & unkompliziert
Jetzt starten!