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28.08.2020 Mehr Tempo durch Typengenehmigungen im seriellen Wohnungsbau?

Dipl.-Ing. Fabi­an Vieh­rig, Lei­ter Bau­en und Tech­nik beim GdW Bun­des­ver­band deutscher Woh­­nungs- und Immobilienunternehmen e. V.
Typengenehmigungen könnten die Realisierung von neuem Wohnraum deutlich vorantreiben. Denn durch einen standardisierten und baurechtlich genehmigten Gebäudetyp würde laut GdW das schnelle serielle Bauen gestärkt – ein großer Vorteil auch wegen der langwierigeren Genehmigungsverfahren. Außerdem könne der Skalierungseffekt durch eine mehrjährig geltende „Baugenehmigung“ für einen Objekttyp dazu beitragen, besonders kosteneffizient zu bauen. Alles plausibel. Trotzdem sind Typengenehmigungen bislang keineswegs Standard im seriellen Bauen.

Interview mit Dipl.-Ing. Fabian Viehrig, Leiter Bauen und Technik beim GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V.

Herr Viehrig, warum spielen Typengenehmigungen für den seriellen Wohnungsbau eine so wichtige Rolle?

Viehrig (GdW): Weil sie das Baugeschehen maximal beschleunigen. Die Genehmigungsphase, die nicht selten viel Zeit beansprucht, wird hier stark abgekürzt. Bei einem aktuellen Projekt lag das Tempo der Planungs- und Genehmigungsphase für ein seriell erstelltes Gebäude bei ca. neun Monaten, mit der Typengenehmigung ließe sich dieser Vorgang auf ca. sechs Monate reduzieren. Die Gesamtbauzeit für einen anspruchsvollen Wohnungsbau in modularer oder serieller Bauweise ließe sich also um drei Monate verkürzen – angesichts der großen Herausforderungen im Wohnungsbau wäre das eine große Chance.

Wie steht es zurzeit um den GdW-Rahmenvertrag für seriellen und modularen Wohnungsbau, der dem Bauherrn eine schnelle, sichere und qualitätvolle Realisierung erleichtern soll?

Viehrig (GdW): Noch vor Corona-Zeit schien das Thema richtig steil bergauf zu gehen. Es gab bereits viele genehmigte Projekte bzw. solche, die einen Zuschlag erhalten hatten, auch in Berlin. Die Anbieter waren bereits beauftragt. Dann kam die Unsicherheit durch die Corona-Krise und einige Projekte in der Frühphase wurden noch einmal „auf Eis“ gelegt. Einige der Projekte sind dennoch in Arbeit. Etwa 1.000 Wohneinheiten werden zurzeit deutschlandweit mit GdW-Rahmenvereinbarung realisiert. In Nordhausen sind beispielsweise zwei Gebäude mit Goldbeck angelaufen, ein weiteres in Hildesheim. Aber insgesamt ist die Entwicklung aufgrund der ungewöhnlichen Umstände vorerst etwas gebremst.

Wie kommen wir denn zu mehr Wohnungsbau? Fehlen die rechtlichen Voraussetzungen in den Musterbauverordnungen der Länder?

Viehrig (GdW): Nein, das ist nicht mehr das Problem. Fast alle Bundesländer haben inzwischen Typengenehmigungen für Mehrfamilienhäuser in ihrer Musterbauordnung eingeführt. Aber bislang hat noch kein Anbieter eine Typenbaugenehmigung beantragt.

Weshalb werden die Typengenehmigungen gar nicht erst beantragt?

Viehrig (GdW): Die Anbieter trauen sich bisher aus verschiedenen Gründen nicht recht an die Typengenehmigung heran. Es fehlt an praktischen Beispielen. Manche haben eine Typenstatik entwickelt, scheuen aber vor den Kosten eines Genehmigungsverfahrens zurück. Ein solches setzt sich ja nur zum Teil aus Genehmigungsgebühren zusammen, entscheidend sind die möglicherweise vielfachen Planungskosten. Vor allem handelt es sich um ein Verfahren, das für den Mehrfamilienhausbau bisher nicht genutzt wurde. Insofern fehlt die Übung. Das macht es zurzeit schwierig. Dauerhaft wird sich die Typengenehmigung möglichweise lohnen, zumal erst nach ca. fünf Jahren ein neuer Nachweis eingeholt werden muss.

Das heißt, die Typengenehmigungen haben für den seriellen Wohnungsbau ein großes Potenzial – es fehlt nur noch daran, dass einer den Anfang macht?

Viehrig (GdW): Ja, wenn der Rahmenvertrag wieder stärker greift – und das wird er, da der Bedarf im Wohnungsbau dauerhaft vorhanden ist – dann gehe ich davon aus, dass jemand den Schritt wagen wird. Über kurz oder lang werden Anbieter und Bauherren von den Typengenehmigungen profitieren.

Zuerst erschienen auf primfo.de für Bau, Immobilien & Finanzierung (Irmelin Ehrig). Die Autorin leitet die Blog-Redaktion.







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