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15.09.2020 Neue Studie: Der Immobilienmarkt auf dem Corona-Prüfstand

Der deutsche Immobilienmarkt hat die Belastungsprobe der seit rund einem halben Jahr grassierenden Corona-Pandemie bisher gut überstanden. Zwar wurden die Segmente Einzelhandel und Hotel besonders vom Lockdown getroffen. Insgesamt konnten die Mieten und Kaufpreise ihr hohes Niveau jedoch weitgehend halten. Die positivste Entwicklung zeigt sich am Wohnimmobilienmarkt. Hier blieb die Nachfrage im gesamten bisherigen Jahresverlauf stabil. Die Mieten und Kaufpreise legten leicht zu. Einen Rückgang verzeichnet das Transaktionsvolumen gewerblicher Investments im zweiten Quartal. Allerdings hält sich dieser vor dem Hintergrund niedriger Zinsen und einem anhaltenden Renditevorteil gegenüber Anleihen in Grenzen. Anlagen in Immobilien bleiben demnach die erste Wahl vieler Investoren. Gute Aussichten haben unter den Gewerbeimmobilien insbesondere Logistikobjekte.

Dies sind zentrale Ergebnisse der aktuellen DZ HYP Studie „Der Immobilienmarkt auf dem Corona-Prüfstand“. Untersucht wurden die privaten und gewerblichen Wohnungsmärkte sowie die Segmente Büro, Einzelhandel, Logistik und Hotel. Der Bericht geht zunächst auf das herausfordernde wirtschaftliche Umfeld sowie die demografische Entwicklung ein. Im Anschluss werden die Miet- und Kaufpreise, Investments, Renditen und Neubauaktivitäten der analysierten Assetklassen beleuchtet.

Dr. Georg Reutter, Vorsitzender des Vorstands der DZ HYP, erläutert: „Erwartungsgemäß hat sich das Investmentgeschehen bei Wohn- und Gewerbeimmobilien in diesem Jahr verlangsamt. Allerdings bleiben die Rahmenbedingungen mit niedrigen Zinsen und Anleiherenditen unverändert. Wir sehen zwar Herausforderungen in den Segmenten Einzelhandel und Hotel. Zeitgleich erweisen sich andere Assetklassen wie Wohnen oder Logistik als robust. Auf Basis der bisherigen Entwicklungen schauen wir gedämpft optimistisch auf die kommenden Monate. Zeitgemäße Immobilien in guten Lagen werden bei Investoren auch zukünftig eine wichtige Rolle spielen.“

Die Ergebnisse der Studie im Detail:

Nachfrageüberhang am Wohnungsmarkt lässt nach

Der Wohnimmobilienmarkt befand sich in der vergangenen Dekade im Aufwind. Grund hierfür waren ein knappes Angebot, ein durch Migration ausgeprägtes Bevölkerungswachstum sowie der Trend zur Urbanisierung. Hinzu kam ein anhaltender Wirtschafts- und Beschäftigungsaufschwung. Diese Entwicklung hat die Corona-Pandemie trotz des aus ihr resultierenden Konjunktureinbruchs nicht gebremst. Die Kreditvergabe für Eigenheime zeigte sich in den Lockdown-Monaten April und Mai 2020 stabil auf Vorjahresniveau. Auch die Miet- und Kaufpreise konnten trotz der wirtschaftlichen Unsicherheit zahlreicher Verbraucher weiter zulegen. Die dabei zu beobachtende nachlassende Dynamik zeichnete sich schon in den vorausgehenden Monaten ab. Die Angebotsseite ist zuletzt durch einen spürbar angezogenen Geschosswohnungsbau gewachsen. Vor zehn Jahren wurden in Deutschland rund 50.000 Wohnungen fertiggestellt. Dieser Wert hat sich mittlerweile verdreifacht, 2019 waren es etwa 150.000. Da das Zuzugstempo in die Großstädte nachgelassen hat, baut sich der Nachfrageüberhang als zentraler Preistreiber sukzessive ab. Ein Überangebot am Wohnungsmarkt ist vor dem Hintergrund niedriger Leerstandsquoten nicht zu erwarten. In Städten mit bislang hohen Zuzugszahlen, darunter Frankfurt und München sowie Darmstadt, Freiburg und Münster, steht weniger als 1 Prozent der verfügbaren Wohnungen leer.

Veränderungen bei der Büroflächennachfrage auch unabhängig vom Heimbüro

Die Büromärkte in Deutschland verzeichneten bis zur Corona-Pandemie eine dynamische Entwicklung. Im Fokus stand der fortschreitende Mangel an verfügbaren Flächen. 2019 waren mit Leerstandsquoten von vielerorts unter 2 Prozent kaum noch Büros verfügbar. In Verbindung mit einer stetig wachsenden Nachfrage führte das fehlende Angebot zu steigenden Spitzenmieten von zuletzt rund 40 Euro pro Quadratmeter in Berlin, Frankfurt oder München. Diese Entwicklung dürfte sich in den nächsten Jahren nicht fortsetzen. Mittelfristig belastet die eingebrochene Konjunktur den Markt. Viele Unternehmen haben einen spürbaren Stellenabbau angekündigt. Deshalb sind zunehmende Leerstandsquoten von 1 bis 2 Prozentpunkten denkbar. Aufgrund des niedrigen Ausgangsniveaus bleiben die freistehenden Flächen jedoch überschaubar, sodass ausgeprägte Mietrückgänge unwahrscheinlich sind.

Die Auswirkungen des derzeit weltweit praktizierten mobilen Arbeitens sind momentan nicht valide zu prognostizieren. Zweifelsfrei hat sich das Heimbüro in der Ausnahmesituation bewährt und wird als Bestandteil einer neuer Arbeitskultur bestehen bleiben. Die Struktur der benötigten Flächen befand sich jedoch bereits vor der Corona-Pandemie im Wandel. Projektorientierte, kreative Arbeit in Teams wird für viele Branchen zunehmend wichtiger. Sachbearbeitung in Zellbüros verliert hingegen an Bedeutung. Die Anbieter zum Großteil über 30 Jahre alten Flächen in Deutschland müssen sich spätestens jetzt mit der Frage auseinandersetzen, wie sie den sich verändernden Anforderungen der Büronutzer in Zukunft nachkommen können.

Strukturwandel im Einzelhandel beschleunigt sich

Der innerstädtische Einzelhandel war vom Lockdown in Verbindung mit den wirtschaftlichen Belastungen der Konsumenten mit am schwersten betroffen. Dabei trifft die Corona-Pandemie den Markt in einer Phase, in der er ohnehin einen tiefen Strukturwandel durchläuft. Der Online-Handel befindet sich seit einigen Jahren im Aufwind. Sein Anteil am gesamten Einzelhandelsumsatz stieg seit 2009 in einer nahezu linearen Entwicklung von 4 auf 10 Prozent an. Die digitale Konkurrenz wurde von Retailern der Mode- und Elektronikbranche lange unterschätzt. Die Unternehmen setzten auf ein engmaschiges Filialnetz. In der Folge nahm auch die Verkaufsfläche weiter zu. Neue Einkaufszentren entstanden und die Spitzenmieten im Einzelhandel kletterten auf rund 300 Euro pro Quadratmeter an den sieben deutschen Top-Standorten im Jahr 2017. Bereits im Jahr 2018 setzte ein leichter Rückgang der Mietpreise ein. Ein Jahr später verzeichneten auch die Top-Standorte rückläufige Mieten. Die jetzige Entwicklung zeichnete sich demnach bereits unter günstigeren wirtschaftlichen Bedingungen ab und dürfte sich nun beschleunigen. Spürbar positiver sind die Aussichten für Nahversorgungsimmobilien. Supermärkte und Drogerien
werden voraussichtlich wachsende Umsätze im laufenden Jahr verzeichnen. Ihre Bedeutung für den gesamten Einzelhandel wird weiter zunehmen und sie werden in künftigen Nutzungskonzepten eine wachsende Rolle spielen.

Gute Perspektiven für Logistikimmobilien

Der Lockdown hat die Güterproduktion in weiten Teilen der global vernetzten Wirtschaft beeinträchtigt. Darunter leidet auch das vom Konjunkturzyklus abhängige Logistikgeschäft. Der Containerumschlag ist nach seinem Höchststand zur Jahresmitte 2019 zuletzt auf das Niveau von 2017 zurückgefallen. Die Nachfrage nach klassischen Logistikflächen wird in der Folge kurzfristig zurückgehen. Mit der Erholung der Wirtschaft und des produzierenden Gewerbes dürfte sie sich jedoch schnell wieder erholen. Teile des Logistikmarkts profitieren zudem vom zunehmenden Online-Handel. In den vergangenen zehn Jahren wuchs das Paketaufkommen in Deutschland um durchschnittlich 5 Prozent jährlich auf zuletzt 3,7 Milliarden Pakete im Jahr 2019. Um eine rasche Zustellung zu gewährleisten, müssen Logistikzentren dicht an ihre Empfänger heranrücken. Die Nachfrage nach citynahen Logistikflächen nimmt zu und trifft auf ein knappes Angebot. Dementsprechend dürften sich Mietpreise in diesem Segment mittelfristig spürbar dynamischer als in anderen Assetklassen entwickeln.

Ende des Aufschwungs für Hotelimmobilien

In den zurückliegenden 20 Jahren stieg die Anzahl der Hotelbetten in Deutschland spürbar an. Die sieben größten deutschen Städte verzeichneten ein Plus von 110 Prozent. Grund hierfür war in erster Linie der prosperierende Tourismus. Die Besucherzahl im gesamten Bundesgebiet hat sich seit der Jahrtausendwende von rund 100 Millionen Gäste auf über 190 Millionen fast verdoppelt. Die Corona-Pandemie versetzte die Branche in einen abrupten Fall. Die eingebrochenen Umsätze lassen sich nicht durch Nachholeffekte kompensieren.

Auch nach der Wiedereröffnung der Beherbergungsbetriebe wird die Auslastungsquote noch lange unter dem Niveau von rund 74 Prozent im Jahr 2019 bleiben. Mit einer Erholung auf das Vorkrisenniveau ist frühestens Ende 2022 zu rechnen. Der hohe Wettbewerb im Markt dürfte zudem die Zimmerpreise beeinflussen. Dadurch werden in Zukunft noch höhere Gästezahlen nötig sein werden, um eine vergleichbare Ertragslage zu erzielen. Diese dürften auch vor dem Hintergrund der nachlassenden Geschäftsreisen in absehbarer Zeit nur schwerlich zu erreichen sein.







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