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09.12.2020 Märkte unter Corona: Investment und Vermietung gleich betroffen

Die Pandemie zeigt sich als das, was der Begriff besagt, als ein globales Phänomen, das Menschen und Märkte in gleichen Maßen betrifft und vor Grenzen und Branchen nicht Halt macht. „Auch die Immobilienmärkte sind von Covid-19 in erheblichem Ausmaß in Mitleidenschaft gezogen worden. Und das weltweit“, so Sabine Eckhardt, CEO JLL Central Europe. Eckhardt weiter: „Global ist das direkte gewerbliche Investitionsvolumen in den ersten drei Quartalen 2020 gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres um ein Drittel zurückgegangen. Und, machen wir uns nichts vor, auch die zukünftige Entwicklung hängt vom weiteren Verlauf der Pandemie ab. Die Märkte stehen unter Corona-Kuratel.“

Investmentumsätze stark zurückgegangen

Nach einem starken ersten Quartal in Amerika und EMEA im Vergleich zum Vorjahresquartal sind im Verlauf der Corona-Pandemie in allen Regionen die Investmentumsätze stark zurückgegangen. In Asien-Pazifik, wo alles anfing, sind die Transaktionsaktivitäten bereits im ersten Quartal 2020 um mehr als ein Viertel eingebrochen. „Nationale Lockdowns, Reisebeschränkungen und damit einhergehend ein gravierender weltweiter Wirtschaftsabschwung haben die Investmentaktivitäten in den Monaten April bis Juni sehr stark belastet. Das globale Investmentvolumen ist in diesen Monaten um mehr als die Hälfte, minus 51 Prozent, abgestürzt“, so Hela Hinrichs, Senior Director, JLL EMEA Research & Strategy. Hinrichs weiter: „Stark betroffen waren vor allem Amerika mit einem Rückgang von 65 Prozent gegenüber dem zweiten Quartal 2019, gefolgt von Asien-Pazifik mit minus 39 Prozent und EMEA mit minus 34 Prozent. Zwar haben sich die Investmentaktivitäten im dritten Quartal wieder verstärkt, konnten die Rückgänge im Dreivierteljahr von minus 44 Prozent in Amerika, minus 28 Prozent in Asien-Pazifik und minus 17 Prozent in EMEA gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres aber nicht aufholen.“

Deutschland gehören darüber hinaus zu den Ländern, die über ein starkes Kapitalpotential einheimischer Investoren verfügen, die sich in Coronazeiten auf ihren Heimatmarkt fokussierten und dort das Investmentgeschehen am Laufen halten konnten“, kommentiert Hela Hinrichs.

Hinrichs weiter: „London wiederum ist eine Destination vieler internationalen Investoren. So konnte die britische Hauptstadt nach einem Einbruch des Marktes im April und Mai auch in Zeiten von umfassenden Reisebeschränkungen mit einem Investitionsvolumen von rund 8,4 Mrd. USD in 2020 bislang den globalen Spitzenplatz bei ausländischen Investoren behalten.“

Sabine Eckhardt betont: „Europas Investmentmärkte haben sich trotz Corona und noch nie dagewesener Rückgänge des BIP im zweiten Quartal mit einem gesamten direkten Investitionsvolumen von fast 157 Mrd. Euro recht gut behauptet.“ Eckhardt weiter: „Zwar mussten die drei größten Märkte Deutschland (- 15 %), Großbritannien (- 29 %) und Frankreich (- 20 %) in den ersten drei Quartalen Rückgänge gegenüber dem Vorjahreszeitraum hinnehmen, andere Länder konnten dafür aber ein überraschend starkes Investitionsgeschehen verbuchen. So mussten die südeuropäischen Länder Spanien, Italien, Portugal und Griechenland nur ein Minus von 5 Prozent ausweisen. Auch in BeNeLux war nur ein Rückgang von minus 9 Prozent zu verbuchen und auch die nordischen Länder Norwegen, Schweden, Finnland und Dänemark sind mit einem Minus von 15 Prozent noch recht glimpflich davongekommen.“

Transaktionen nach Assetklassen

Büroimmobilien bleiben die beliebteste Assetklasse bei Investoren. Insgesamt wurden in den ersten neun Monaten 2020 157 Mrd. USD global in Büros investiert, 37 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Wohnimmobilien folgen mit insgesamt 116 Mrd. USD und Industrie/Logistik mit 90 Mrd. USD. Aufgrund der schwachen Aktivitäten vor allem in den USA, dem weltweit größten Markt, waren auch in diesen Sektoren global Rückgänge von minus 27 Prozent (Wohnen) bzw. minus 21 Prozent (Industrie/Logistik) zu bilanzieren. „Immobilieninvestoren bevorzugen zurzeit defensive, einkommenssichere Assetklassen wie Wohnen und Logistik, aber auch Sektoren wie Health Care, um demographische Veränderungen zu adaptieren oder sogar zu antizipieren“, erläutert Hela Hinrichs.

Hinrichs weiter: „In den vergangenen 10 Jahren hat sich das Investoreninteresse eindeutig in Richtung Wohnen und Industrie/Logistik verschoben. Lag der Wohnanteil 2010 bei den gesamten direkten gewerblichen Immobilieninvestitionen noch bei nur 13 Prozent, entfallen nach kontinuierlichen Steigerungen in den letzten Jahren inzwischen 24 Prozent auf diesen Sektor. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Industrie/Logistik, das seinen Anteil von 10 Prozent in 2010 auf 19 Prozent in 2020 steigern konnte. Dementsprechend ist der Büroinvestitionsanteil von 40 Prozent auf 33 Prozent in der letzten Dekade gefallen. Strukturelle Veränderungen beschäftigen den Einzelhandelssektor bereits seit geraumer Zeit und hat potentielle Investoren zurückhaltender agieren lassen. Der Anteil von Einzelhandelsinvestitionen ist von 24 Prozent in 2010 auf jetzt 12 Prozent des globalen Investitionsvolumens gesunken.“

Hela Hinrichs betont: „Erstklassige Büroimmobilien bleiben für Investoren attraktiv. In der Folge sind in vielen europäischen Märkten die Nettoanfangsrenditen weiter leicht zurückgegangen auf 3,26 Prozent. Auch in Asien-Pazifik sind trotz der wirtschaftlichen Abschwächung in attraktiven Bürostandorten die Renditen leicht gesunken oder zumindest stabil geblieben. Nur die US-amerikanischen Metropolen mussten aufgrund der Marktunsicherheiten eine leichte Rendite-Dekompression hinnehmen.“

Bürovermietungsmärkte dramatisch in Mitleidenschaft gezogen

Auch die Bürovermietungsmärkte wurden durch nationale Lockdowns und unsichere wirtschaftliche Zukunftsaussichten in vielen Branchen in 2020 dramatisch in Mitleidenschaft gezogen. „Remote working“ wurde die neue globale Norm für Büroarbeitskräfte seit Mitte März/April. Viele Firmen legten ihre Büroerweiterungs- oder -Umzugspläne auf Eis und Flächenbesichtigungen wurden in vielen Ländern aufgrund der Lockdowns unmöglich. „Im zweiten Quartal 2020 mit einem globalen Vermietungsvolumen von nur noch 4,7 Mio. m², entsprechend einem Rückgang von minus 58 Prozent gegenüber dem zweiten Quartal 2019, könnte der Tiefpunkt auf den Vermietungsmärkten erreicht worden sein. Die Märkte in Asien-Pazifik erholten sich im dritten Quartal deutlich und weisen für die ersten drei Quartale nur noch einen Rückgang gegenüber dem Vorjahreszeitraum von minus 25 Prozent aus, während die USA mit minus 50 Prozent und Europa mit minus 43 Prozent deutlich schwächer dastehen“, erläutert Hela Hinrichs.

Hinrichs weiter: „Für das Gesamtjahr 2020 gehen wir von einem Rückgang des globalen Bürovermietungsvolumens von 40 Prozent aus. Die stärksten Rückgänge werden wohl in den USA mit minus 48 Prozent zu verzeichnen sein, in Europa werden minus 34 Prozent erwartet, während Asien-Pazifik wirtschaftliche Erholungstendenzen zeigt und mit einem Minus von weniger als einem Drittel davonkommen könnte.“

Das Büroneubaugeschehen sei zwar von der Pandemie nicht unbeeindruckt geblieben und einige Baufertigstellungen hätten sich verzögert und einzelne Projekte seien sogar ganz aufgegeben worden, letztendlich würden aber bis Jahresende rund 18 Mio. m² neue Büroflächen weltweit fertiggestellt werden. „Dies ist der höchste Wert seit der Jahrtausendwende und liegt ca. 18 Prozent über dem Vorjahresniveau“, so Hela Hinrichs. Und weiter: „Der größte Anteil davon fällt auf Asien-Pazifik mit insgesamt 6,8 Mio. m², gefolgt von EMEA mit 6,1 Mio. m² und den USA mit 5,6 Mio. m². Die Pipeline bleibt voll, vor allem in EMEA könnte das Neubauvolumen vor dem Hintergrund knapper gut ausgestatteter Büroflächen in den kommenden beiden Jahren noch weiter steigen.“

Steigende Fertigstellungen spekulativer Flächen, die noch keinen Mieter gefunden haben, steigende Untervermietungen von nicht mehr benötigten Büroflächen und die insgesamt sehr schwache Nachfrage haben die globale Leerstandsquote im Jahresvergleich um 140 Basispunkte auf 12,1 Prozent ansteigen lassen. Traditionell die höchste Leerstandsquote verzeichnen die USA mit jetzt 16 Prozent (+180 bps), aber vor allem in Asien-Pazifik ist die Leerstandquote um 240 Basispunkte auf 12,7 Prozent deutlich gestiegen. Auch in Europa nahmen die Leerstände auf jetzt 6,3 Prozent zu (+60 bps). „Aber in vielen Städten, vor allem in Deutschland, bleiben die sofort verfügbaren Büroflächen auf oder nahe historischer Tiefstände, sodass das Angebot moderner und gut ausgestatteter Flächen in vielen gesuchten Lagen sehr knapp bleibt“, erklärt Hela Hinrichs.

Mieten sinken

Sinkende Nachfrage und steigendes Angebot hat die Mietpreise im dritten Quartal im Jahresvergleich global um 1,7 Prozent sinken lassen. Beträchtliche Rückgänge gab es vor allem in der Region Asien-Pazifik seit Anfang des Jahres, allen voran in Hongkong mit einem Minus von 21 Prozent und Sydney mit minus 13 Prozent. Auch in den US-Metropolen geraten die Büromietpreise seit dem Sommer unter Druck. In der Region Amerika kann sich nur Toronto mit einem deutlichen Mietpreiswachstum von 6,7 Prozent seit Jahresbeginn aufgrund seines geringen Angebotes verfügbarer moderner Büroflächen behaupten. Auch Europa musste zum ersten Mal seit dem vierten Quartal 2009 einen Quartalsrückgang von minus 0,3 Prozent ausweisen, im Jahresvergleich bilanziert die Region aber immer noch ein Plus von 1,8 Prozent. Dazu haben vor allem die großen Märkte Paris (+ 7,1 %, Q3 2020 / Q3 2019), Hamburg (+ 3,4 %, Q3 2020 / Q3 2019) und Berlin (+ 2,8 %, Q3 2020 / Q3 2019) beigetragen. Hela Hinrichs abschließend: „Insgesamt ist zu beobachten, dass auf Seiten der Eigentümer der Vermietungsstand ihrer Gebäude und die Einkommenserträge Priorität haben vor Mieten, die eventuell höher ausfallen könnten. Den Mietern werden großzügigere Incentives gewährt.“







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