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05.02.2021 Technisches Rathaus Tübingen: a+r Architekten schaffen neue Mitte

Der Erweiterungsbau des Technischen Rathauses Tübingen stammt von a+r Architekten. Foto: Marcus Ebener
Das von a+r Architekten entworfene Technische Rathaus in Tübingen ist eine Hommage an die Nachkriegsarchitektur mit ihren einfachen Konstruktionsprinzipien und reduziertem Materialeinsatz. Zugleich transformierten die Architekten das Gebäude in die Gegenwart – und machten daraus ein offenes, bürgernahes Gebäude in ressourcenschonender Bauweise. Das Herz des Ensembles aus Alt- und Neubau bildet ein lichtdurchflutetes Atrium, in dem die ursprüngliche Fassade des Gebäudes aus dem Jahr 1954 erlebbar ist. Mit ihrem kompakten Entwurf ist darüber hinaus gelungen, an der Gebäuderückseite eine wertvolle Freifläche entstehen zu lassen: eine öffentlich zugängliche Grünanlage entlang des Flusses Ammer, die zu einer höheren Aufenthaltsqualität im urbanen Raum beiträgt.

Das Technische Rathaus Tübingen ist eines der wenigen Gebäude aus den 1950er Jahren im Stadtbild der schwäbischen Universitätsstadt. Seit seinem Bau 1954 wurde es nicht mehr renoviert und erfüllte kaum noch die Anforderungen an einen modernen Verwaltungsbau, als im Jahr 2014 seine Generalsanierung und Erweiterung beschlossen wurden. Mit ihrem Entwurf führten a+r Architekten Altbau und Erweiterung zu einem neuen Ganzen zusammen, bei dem der Geist der Aufbaujahre zwar weiterhin spürbar bleibt, die Transformation in die heutige Zeit aber dennoch sichtbar gemacht wird. So platzierten sie den Neubau in Richtung Süden zur Brunnenstraße, wo er sich – dem Schwung der Straße folgend – einladend der Innenstadt zuwendet. Im Norden – auf der Gebäuderückseite – entstand Platz für einen kleinen öffentlichen Park.

Zwischen Alt und Neu: Das Atrium

Neben den Abteilungen des Technischen Rathauses hat nun auch das Baurechtsamt im Gebäudekomplex Platz. Auf dem Niveau der Brunnenstraße entsteht ein attraktiver Eingang, das großzügige Foyer mit integriertem Front-Office führt in das neu geschaffene Atrium zwischen Erweiterungs- und Altbau als Mitte und Herz des Ensembles. In dieser über das Dach mit Licht gefluteten Halle kann der Besucher die Fassade des alten Rathauses noch nahezu originalgetreu erleben. „Wie die Architektur der Nachkriegs-Moderne zeichnet sich auch der Neubau durch einen klaren Konstruktionsaufbau und einen reduzierten Einsatz der Materialien aus “, formuliert der Projektleiter Hellmut Schiefer den Planungsansatz. Architektonische Qualität wird durch die Rundungen und präzise handwerkliche Details erreicht. So umschließt eine wertige Ziegelfassade das gesamte Gebäude, und im Inneren sind nur wenige, natürliche Materialien wie Holz und Naturstein präsent.

Ein bürgernahes, offenes Gebäude

Insgesamt 220 neue Arbeitsplätze konnten durch die An- und Umbaumaßnahme geschaffen werden, wobei die Kommunikation der Mitarbeiter untereinander sowie der Austausch mit den Besuchern im Mittelpunkt stehen soll. Blickbeziehungen innerhalb des Gebäudes ­– teilweise von Büro zu Büro – schaffen dafür die ideale Voraussetzung. Von außen sorgen große, einladende Fenster für eine Architektur der Transparenz, die gut zu einem bürgernahen, offenen Rathaus passt. Es gibt Kombi- und Großraumbüros, die ihre Erschließungsflure mit in die Fläche einbeziehen, Teeküchen auf jedem Stockwerk und eine Cafeteria ­in einer dem Altbau aufgesetzten Etage in leichter Holzbauweise. Sie ist über eine Dachterrasse mit dem großen Sitzungssaal verbunden. Durch eine separate Erschließung eignet sich dieser Bereich auch für öffentliche Veranstaltungen.

Ökologisch verantwortlich

Wichtig war den Planungsverantwortlichen der „grünen“ Stadt Tübingen auch der Aspekt Nachhaltigkeit, ein Kernthema von a+r Architekten. Das ressourcenbewusste Planen zeigt sich im Erhalt des Altbaus und damit verbunden einer deutlichen Einsparung sogenannter grauer Energie von Anfang an. Auch die Konzeption des Gebäudeverbunds mit einem sehr günstigen Oberfläche-zu-Volumen-Verhältnis (A/V-Verhältnis) trägt zu einer deutlichen Energieeinsparung bei. Die hoch wärmegedämmte Lochfassade mit einem Fensteranteil von etwa 50 Prozent kommt sowohl dem winterlichen als auch dem sommerlichen Wärmeschutz entgegen.

Damit erreicht das Gebäude – zwar nicht zertifiziert, aber den Werten nach – Passivhausstandard. Erneuerbare Energie wird über Geothermie und Solaranlagen gewonnen. Die Erweiterung bedeutet eine nachhaltige und wertstabile Zukunftsinvestition der Stadt in ihre Verwaltung und in die Betreuung ihrer Bürger. In der Architektur findet diese Haltung ihren adäquaten Ausdruck in der Verwendung von Recyclingbeton, den geringen Wartungsaufwand durch die langlebige Ziegelfassade sowie die hohe Flexibilität der Grundrisse.

Entrée in die Innenstadt und urbaner Grünraum

Mit ihrem Entwurf haben die Architekten bewusst eine andere Lösung entwickelt, als im Wettbewerb vorgegeben war. Anders als die Vorgabe, die den Erweiterungsbau mit Haupteingang auf der Rückseite des Bestandsgebäudes im Norden vorsah, platzierten a+r Architekten die Erweiterung auf der Südseite zwischen Bestand und Brunnenstraße. „Uns war es wichtig, dass der Erweiterungsbau dem Bogen der Straße folgt und einen klar definierten Stadtraum bildet. Es entstand ein einladender Haupteingang und eine Gesamtsichtbarkeit zur Innenstadt. Auf der Nordseite haben wir aufgrund unseres kompakten, flächensparenden Baukörper bewusst Raum geschaffen für eine wertvolle Grünfläche entlang der Ammer“, lautet das Resümee des Projektleiters.





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